Kapitel 25 - Teil 2

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Ridge macht einige lange, schwungvolle Schritte, sodass er direkt vor mir steht. „Hey Lilly", flötet er, „lange nicht gesehen." Er senkt seinen Blick zu mir herunter. Honiggelbe Augen bohren sich in mich und jagen ein Zittern durch meinen Körper. Als hätte er den Schauder bemerkt, wandert sein Blick an mir herab. Mit einem Funkeln in seinen Augen mustert er mich und die Kleidung, in die sie mich stecken und ich glaube, dass ich sie an keinem Tag so sehr verflucht habe, wie ich es heute tue. Könnte ich mich doch einfach in eine meiner Bettdecken hüllen und damit herumlaufen, dann wäre all dies schon um ein Vielfaches einfacher für mich.

„Ich hatte erwartet, dass du ohne den ganzen Dreck besser aussiehst", er grinst und legt seinen Kopf schief, „aber na ja, du bist auch nicht wegen deines Aussehens hier." Ridges Augen funkeln böse. Selbst Rea, die nie eine Reaktion auf irgendetwas gibt, zuckt bei seinen Worten zusammen. Hat er das gerade tatsächlich gesagt?

Für einen Augenblick ist es völlig still. Ich schaffe es weder zu atmen noch mich zu rühren, da mich seine Worte so überrumpelt haben. „Was ist bei dir nur schiefgelaufen?", zische ich mit so viel Zorn und hoffe, ihn dadurch irgendwie einzuschüchtern. Doch entgegen meiner Hoffnung wird sein Grinsen nur breiter. „Naja vieles, aber wahrscheinlich nicht so viel wie bei dir, denn ich kann meine Gabe wenigstens benutzen", erwidert er und klingt dabei so belustigt, dass ich mir auf die Lippe beißen muss, um nicht etwas Unbesonnenes zu erwidern. Was fällt diesem verdammten Arschloch überhaupt ein, in mein Zimmer zu kommen und mich mit jedem Wort, das aus seinem Mund kommt, zu beleidigen?

Da ich mir seine Sticheleien nicht weiterhin anhören möchte, stehe ich ruckartig auf. Ohne Ridge anzusehen, schiebe ich mich an seinem großen, schmalen Körper vorbei und steuere meinen Tisch an, auf dem das Tablett mit meinem Frühstück steht. Angestrengt, keinen Blick mehr zu dem unausstehlichen Mynua zu werfen, beginne ich damit zu essen. Dabei achte ich nicht einmal darauf, was ich mir in den Mund schiebe – ich habe nicht einmal wirklich Hunger.

Es dauert nur wenige Augenblicke, bis ich eine Bewegung neben mir wahrnehme. Ich erstarre in meiner Position und als ich aufschaue, steht Ridge bereits gegenüber von mir. Erwartungsvoll hebe ich eine Augenbraue, doch er sagt nichts. Er mustert mich nur kurz, senkt dann seinen Blick zu meinem Tablett und noch bevor ich seine Hand zurückschlagen kann, schnellt sie nach vorne und greift nach dem roten Apfel darauf.

„Das ist meiner", schreie ich empört und klinge dabei wie ein kleines, störrisches Kind. Doch das ist mir egal, Ridge verhält sich ebenfalls nicht besser als ein Dreijähriger, da kann man auch nicht erwarten, dass ich mit ihm wie mit einem Erwachsenen spreche.

Meine Reaktion scheint genau die zu sein, die Ridge sich erhofft hat, denn seine Augen funkeln zufrieden, als ich meine Hand nach dem Apfel ausstrecke. „Gib ihn mir zurück, den wollte ich noch essen." Lüge. Aber Ridge muss das nicht wissen.

Ohne auf meinen Einwand einzugehen, lässt er den Apfel in seiner Hand kreisen. „Pech gehabt, jetzt ist er meiner." Die Provokation in seiner Stimme ist nicht zu überhören. Dann wirft er den Apfel geradewegs in die Luft, fängt ihn mit seiner anderen Hand wieder auf und beißt hinein, ohne dabei seinen Blick von mir zu nehmen. „Der ist echt gut", er kaut übertrieben laut auf dem Bissen herum, „ich kann verstehen, warum du den haben wolltest."

Die Wut, die in mir hochkocht, scheint mich von innen heraus zu verbrennen. Verdammt. Wenn das nicht sofort aufhört, dann stürze ich mich hier und jetzt auf ihn. Dieses dumme Training können wir auch hier veranstalten.

Ich stehe auf. Dabei bin ich so schnell, dass ich den Stuhl, auf dem ich gesessen habe, nach hinten kippt und mit einem lauten Knall auf den Boden aufschlägt. Ich hebe ihn nicht auf, sehe mich nicht einmal um, sondern gehe stur zur Tür. „Musst du mich nicht zum Training bringen?", frage ich fauchend und drehe mich zu Ridge um. Immer noch kaut er auf dem Apfel herum. Er sieht mich mit einem vor Freude strahlenden Lächeln an, was wie Öl für das Feuer meiner Wut ist. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, reiße ich die Tür auf und stapfe nach draußen.

Das letzte Juwel - die Chroniken von KryniaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt