Kapitel 25 - Teil 1

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Pov Caelan

„Ich sage dir, sie spielt nur mit uns", höre ich Zeran sagen, während er einen weiteren Löffel des schleimigen Haferbreis in seinen Mund schaufelt. Der Geruch des Essens – oder vielmehr der Mangel an irgendwelchen Gewürzen – hängt in der Luft. Die Morgensonne dringt nur schwach durch die schmalen Fenster, die von einer feinen Schicht Staub bedeckt sind. Aus der Küche ertönt in regelmäßigen Abständen das Geräusch von klapperndem Geschirr, und leise Gespräche vermischen sich zu einem dumpfen Hintergrundrauschen.

Ich sitze Zeran gegenüber, versuche nicht zu sehr aufzufallen, während ich den Nebel um ihn beobachte. Die Luft um ihn herum flimmert in einem intensiven Rot, durchzogen von scharfen, zackigen Bewegungen. Sein Zorn und seine Frustration sind greifbar, ein ständiges, brodelndes Auf und Ab, das mich unruhig macht. Er glaubt, dass Lilian absichtlich ihre Gabe zurückhält und das macht ihn rasend.

„Ich wette, sie wartet nur auf den richtigen Moment, um zu flüchten. Ich bin mir sicher, sie versucht uns nur zu täuschen." Ärgert sich Zeran weiter darüber, obwohl er weiß, dass es keinen Unterschied macht. Er ist so versessen darauf, darüber zu sprechen, dass es beinahe so klingt, als müsse er sich selbst von dem, was er sagt, überzeugen.

„Keine Sorge, heute nehme ich sie so hart ran, dass sie ihre Gabe zeigen muss", wirft Ridge ein und seine Augen leuchten bei dem Gedanken auf. In Ridges Bewegungen eine Schärfe; wie eine züngelnde Flamme, die darauf warten, etwas zu verzehren. „Ich wette, ich kann sie zum Schreien bringen, wenn ich es richtig mache." Er grinst über die Zweideutigkeit seiner Worte. Ich kann förmlich sehen, dass er sich in diesem Moment Lilian vorstellt.

Meine Finger krampfen sich um den Löffel, aber ich sage nichts. Die Worte verhallen in mir, und stattdessen beobachte ich den Nebel um Ridge, wie er freudig und aufgeregt in lebhaften, orangen Wellen flackert. Ridge genießt es, zu kämpfen, aber bei Lilian scheint es etwas anderes zu sein. Er freut sich darauf, sie zu quälen, das kann ich sehen. Ich kann es in dem Funkeln in seinen Augen lesen.

Ich starre in meinen eigenen Haferbrei, mein Appetit ist längst verflogen, und ich frage mich, wie lange ich hier sitzen muss, bis ich verschwinden kann. Der Raum fühlt sich eng an, stickig, als hätte sich all die Spannung und die negative Energie um mich herum sich in den Wänden festgesetzt. Die anderen reden weiter, und ich versuche, das Geräusch ihrer Stimmen auszublenden, doch der Gedanke daran, was Lilian die letzten Tage über geschehen ist, lässt mich nicht los.

„Was glaubst du Ash?", fragt Zeran, der von dem Thema einfach nicht ablassen kann. „Denkst du, sie setzt ihre Gabe bewusst nicht ein?" Ash, der sich gerade angeekelt einen Löffel in den Mund schiebt, schüttelt seinen Kopf. „Na ja, die Heiler meinten doch, sie wäre fast gestorben. Ich denke nicht, dass sie in so einem Moment ihre Gabe zurückhalten könnte", erwidert er und ich sehe das Desinteresse in seinen grauen Augen. „Aber wenn sich ihre Gabe nicht bald zeigt, dann ist sie ohnehin wertlos für uns", fügt er hinzu und zuckt mit den Schultern.

Ich presse meine Lippen zusammen, um ihm nicht zu widersprechen und schaue wieder auf die unangerührte Schüssel unter mir.

„Was ist los, Caelan?" Ridge grinst mich an. „Du siehst aus, als müsstest du dich übergeben." Er kichert und ich spüre, wie sich die Blicke aller auf mich richten. Ich zwinge ein Lächeln hervor, auch wenn es sich falsch anfühlt. „Wer soll mir das bei so etwas verübeln?", sage ich, und deute auf den Haferbrei. Ridge lacht, doch mit seinen Augen mustert er mich eingehend. „Wenn du morgen dein Herzblatt nicht verprügeln willst, übernehme ich gerne deinen Platz", bietet er mir an und grinst dabei höhnisch. Ich verdrehe demonstrativ die Augen und stehe auf. „Reiße deinen Mund nicht zu weit auf, vielleicht verprügelt sie dich ja", erwidere ich nur und wende mich ohne eine Verabschiedung von ihnen ab.

Das letzte Juwel - die Chroniken von KryniaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt