Kapitel 28

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Nachdem Atsumu seine ausführliche Erzählung von dem Abend beendete war auch die Tasse Kaffee geleert. Es war Zeit, sich auf den Weg zu machen. Aya und Iwaizumi verschoben auch ihre Boulderverabredung auf nächsten Sonntag. Sie packte danach noch ihre Sachen zusammen. Da ihre Klamotten über Nacht nicht komplett trocknen wollten, bat ihr Iwaizumi an, seine Sachen an zu behalten und gab ihr eine Tüte für ihr nasses Zeug.
Nur bei den Schuhe musste sie in den sauren Apfel beißen. Kalt und unangenehm legte sich der Stoff der Sneaker um ihre Füße. Jeder Schritt klang so, als würde sie auf nassen Schwämmen laufen.

»Argh...fühlt sich das eklig an«, stöhnte Aya, als sie schon paar Meter von Iwaizumis Wohnhaus zurückgelegt hatten. Sie waren auf dem Weg Richtung Bahn.

»Selbst Schuld«, entgegnete ihr Atsumu trocken und vergrub die Hände in seinen Hosentaschen.

»Jaja...ich weiß«, seufzte Aya und ließ ihren Blick über die Straßen schweifen. Die Sonne hatte ihren höchsten Punkt erreicht und strahlte warm auf sie herab. Der starke gestrige Regen war nur noch stellenweise zu erahnen. Der Weg verlief großteils schweigend. Immer wieder warf Atsumu Aya einen kurzen Seitenblick zu und wirkte so, als würde er zu Worten ansetzen wollen und sich dann wieder dagegen entscheiden.

»Sagst du irgendwann, was du willst oder muss ich raten?«, fragte Aya und schenkte Atsumu ein neugieriges Lächeln. Für einen kurzen Moment hörte man nur ihre Schritte auf dem Gehweg und Ayas nasse Schuhsohlen.

»Was ist das mit dir und Iwaizumi?« Endlich verließen ihn die Worte. Nicht nur Ayas Freundeskreis ist die Vertrautheit der beiden schon aufgefallen. Auch Iwaizumis Freunde sahen es. Soweit hatte es Atsumu von Hanamaki und Matsukawa am gestrigen Abend mitbekommen.

»Was soll da sein? Er war gestern für mich da...als guter Freund.«

»Mhm...schon klar und das auf meinem Kopf ist meine Naturhaarfarbe«, spottete Atsumu und verdrehte die Augen.

»Ein Teil davon ist deine Naturhaarfarbe«, konterte Aya grinsend und erntete dafür einen leichten Schubs von der Seite.

»Ok...ok«, gab Aya nach. »Keine Ahnung, was da ist. Irgendwas ist...anders. Aber vielleicht interpretier ich da auch zu viel rein...und auch ist es zu früh dafür.«
Aya winkte das Thema ab. Sie konnte sich auch nicht vorstellen, dass Iwaizumi etwas für sie übrig hatte. Bis jetzt hat sie ihm eigentlich immer nur Umstände bereitet. Also einfach war Aya definitiv nicht. Eher ein Sammelsurium aus Problemen. Sie verstanden sich zwar mehr als gut, aber wer wäre schon bereit, diese ganze Last, die Aya mitbringt, mitzutragen?

»Zu früh?«, stellte Atsumu die Frage.

»Ja...oder...oder nicht?«, antwortete Aya unsicher.

»Wenn du so fragst, dann ja...zu früh, aber ich glaub nicht, dass du zu viel rein interpretierst«, erwiderte Atsumu, legte einen Arm um Aya und zog sie an sich ran. »Aber tu mir den Gefallen und denk nicht zu viel nach.«

»Ich versuchs.« Aya drückte sich ein bisschen fester in seinen Arm. »Wie schaut es an deiner Front aus? Schon Antragspläne?«

»Du meinst zwischen eurem Teenager-Drama von dir, Rin und Samu?«, witzelte Atsumu und bekam dafür einen sanften, wenn auch direkten Stoß mit dem Ellenbogen in die Rippen.

»Ich hab schon paar Ideen. Samu hab ich auch schon eingespannt.«

»Ja, ich weiß...er hatte schon einen Nervenzusammenbruch deswegen«, beichtete ihm Aya. »Aber er freut sich auch schon sehr für dich...und wenn er erfährt das ich dir das erzählt habe...muss ich wahrscheinlich bei dir einziehen.«

»Ich glaub, nach gestern lässt er dich nicht mehr so schnell gehen.« Atsumu fing Ayas ungläubigen Blick. Diese Aussage ergab für sie wenig Sinn. Immerhin hätte das Geheimnis fast die Beziehung zwischen Osamu und Suna gekippt und das nur, weil sie zurückgekommen ist.

»Hör auf sowas zu denken«, sagte Atsumu plötzlich.

»Was meinst du?«, fragte Aya überrascht.

»Dass das alles nicht passiert wäre, wenn du nicht zurückgekommen wärst...so oder so ähnlich...hab ich recht?« Wohlwissend wackelte Atsumu mit seinen Augenbrauen.

»Ich hasse es manchmal, dass du mich immer noch so gut lesen kannst...«, seufzte Aya und schenkte Atsumu aber wieder ein Lächeln. Innerlich freut sie es, dass 6 Jahre Abstand nichts an ihrer Freundschaft verändert hatten.

»Das werde ich einfach nie verlernen«, antwortete Atsumu stolz.

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So nervös hatte Aya noch nie die Wohnungstür aufgesperrt. Langsam drehte sie den Schlüssel und hörte den Schlossbolzen zurück klacken. Jetzt gab es keinen Weg mehr zurück. Wortwörtlich. Atsumu stand so dicht hinter hier. Jegliche Flucht wäre unmöglich.
Bevor sie die Tür öffnete, drehte sie sich zu Atsumu um. Es begegneten ihr braune, treue Augen, die ihr ein Gefühl von Sicherheit vermittelten.
Wir schaffen das.

Einmal noch tief durchatmen. Doch einen längeren Moment bekam sie nicht. Atsumu schob sie von hinten durch die Eingangstür.

»Wir sind da!«, rief er in die Wohnung. Aya Kopf schellte zu ihm herum.
Wie kann er das einfach so rumbrüllen!

»Küche!«, kam ein Ruf von Osamu entgegen.

Jetzt gab es wirklich keinen Weg zurück mehr. Ein Seufzer durchfuhr Aya, als sie ihre Schuhe von ihren Füßen strich. Erst da fielen ihr die nassen Socken wieder auf. Die ließ sie deswegen ebenfalls bei ihren Schuhen, sowie auch die Tüte mit den Klamotten.
Wie auf rohen Eiern tapste sie in die Küche, mit einem zu glücklich aussehenden Atsumu im Rücken. Diese Unbeschwertheit hätte Aya auch gern.

»Guten Morgen«, brachte sie leise hervor. Kaum hörbar. Ihr Blick gesenkt.

Osamu, der bis eben noch gegenüber von Suna an der Kücheninsel auf dem Barhocker saß, stand mit einem Satz auf und schloss Aya in seine Arme.
»Ich bin so froh, dass dir nichts passiert ist.«

Überrascht riss Aya die Augen auf und legte zögernd ebenfalls die Arme um Osamu. Langsam stieg ihr sein Duft in die Nase. Ein Geruch von Zuhause. Mit einem Mal waren die Tränen wieder da. Nach einigen Sekunden ließ Osamu wieder von ihr ab und betrachtete sie von oben bis unten.
»Was sind das für Sachen?«

»Iwas...Meine sind noch nicht trocken«, antwortete Aya verlegen und warf einen Blick auf Suna. Er war bis jetzt still und bewegte sich nicht. Auch war sein Blick mehr auf die Arbeitsfläche der Küchentheke fixiert als auf die Personen, die mit ihm im Raum waren.
Osamu folgte ihrem Blick, ebenso auch Atsumu.

»Hey Rin, na...seit gestern wieder beruhigt?«, provozierte Atsumu grinsend. Am liebsten hätte Osamu seinem Bruder für diese Aussage einen Kopf kürzer gemacht. Da war sie wieder. Die emotionale Reife eines Toastbrotes von Atsumu Miya.

Doch dank der Aussage schien sich Suna nun zu bewegen. Er hob seinen Blick, stand wortlos auf und ging mit einem emotionslosen Ausdruck auf Aya zu. Ein kalter Schauer durchzog Ayas Körper.

»Aya, lass uns draußen reden«, forderte er sie auf und schritt an ihr vorbei, raus aus der Küche. Anschließend hörten die drei die Balkontür. Etwas perplex machte sich Aya sofort auf den Weg hinterher.
Er wird mich ja nicht gleich vom Balkon schubsen...oder?


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Schritt für Schritt (Iwaizumi x OC)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt