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Die Tage vergingen wie im Nebel. Jeder Moment in Jungkooks Anwesen war von einer drückenden Stille durchzogen, als würde die Luft selbst uns beide in einem unsichtbaren Netz festhalten. Mein Körper war hier, aber mein Geist schwebte zwischen Flucht und Akzeptanz. Ich wusste nicht, was ich tun sollte, also tat ich nichts. Und Jungkook? Er blieb ruhig, beobachtete mich aus der Ferne, ließ mir Raum, doch der unsichtbare Druck seiner Anwesenheit war immer da.

Jungkook war viel unterwegs, meistens wegen „Geschäften", wie er es nannte. Manchmal hörte ich, wie er mit anderen sprach, tief und ernst. Ich verstand nicht viel von den Gesprächen, aber jedes Mal, wenn er zurückkam, spürte ich die dunkle Macht, die ihn umgab, noch stärker. Er war nicht nur ein Alpha, er war der Anführer. Ein Mann, dem niemand widersprach, niemand außer mir – auch wenn ich es nicht laut aussprach.

An einem dieser Tage saß ich in der Bibliothek, einem der wenigen Orte, an denen ich mich einigermaßen sicher fühlte. Die schweren Bücherregale, die den Raum umgaben, boten mir eine seltsame Art von Schutz. Ich konnte mich hinter ihren hohen Gestellen verstecken, weg von der Realität, die mich hier draußen erwartete. Aber die Bücher halfen nicht, meine Gedanken zu verdrängen. Stattdessen fühlte es sich an, als würden die Seiten mit jedem gelesenen Wort nur noch schwerer auf meinen Schultern lasten.

Ich blätterte ziellos durch ein altes Buch, ohne wirklich zu lesen, als plötzlich die Tür leise geöffnet wurde. Ein Zittern durchlief mich, und ich wusste sofort, wer es war, ohne auch nur aufzusehen.

„Du vergräbst dich in den Büchern, hm?" Jungkooks tiefe Stimme füllte den Raum, und ich spürte, wie sich meine Nerven sofort anspannten. Seine Gegenwart war immer so überwältigend. Ich konnte nicht erklären, warum, aber sobald er in meiner Nähe war, schien mein Körper auf eine Weise zu reagieren, die ich nicht steuern konnte.

„Es ist... ruhig hier," antwortete ich leise und versuchte, so gelassen wie möglich zu wirken. Doch ich konnte die leichte Nervosität in meiner Stimme nicht verbergen.

Er trat näher, seine Schritte kaum hörbar auf dem dicken Teppich. Ich wagte es nicht, ihn direkt anzusehen, also ließ ich meinen Blick auf den Seiten des Buches ruhen, die mir plötzlich fremd vorkamen. Dann spürte ich, wie er sich neben mich setzte, die Couch leicht unter seinem Gewicht nachgab.

„Ich habe dich seit Tagen kaum gesehen," sagte er, und obwohl seine Stimme ruhig war, lag etwas darin, das ich nicht deuten konnte. War es... Besorgnis?

„Ich weiß," murmelte ich und versuchte, den Kloß in meinem Hals herunterzuschlucken. „Ich wollte dir nicht im Weg stehen."

„Im Weg stehen?" Er schnaubte leise, und ich konnte ein schwaches Lächeln in seiner Stimme hören. „Du könntest mir nie im Weg stehen."

Ich hob schließlich meinen Kopf und sah ihn an. Jungkooks Augen waren dunkel, aber nicht kalt. Da war etwas, das mich jedes Mal verwirrte, wenn ich in seine Augen sah. Sie waren sanfter, als ich es erwartet hatte, als ob er mit einer unendlichen Geduld auf mich wartete. Doch diese Geduld war genau das, was mich nervös machte. Wie konnte er so ruhig bleiben, während ich innerlich zerrissen war?

„Ich... weiß einfach nicht, wie ich mich verhalten soll," gestand ich ihm schließlich, meine Stimme brüchig. „Das alles... es ist so viel. Zu viel."

Er sah mich eine Weile schweigend an, als würde er meine Worte auf eine Waagschale legen. Dann lehnte er sich zurück und seufzte leise. „Es ist viel. Das weiß ich. Aber du musst verstehen, Taehyung, ich erwarte nicht, dass du sofort damit klarkommst."

„Aber du tust es," sagte ich und spürte, wie die Worte ungewollt aus mir herausbrachen. „Du tust so, als wäre alles klar. Als wüsstest du genau, was du willst, und als wäre ich einfach ein Teil davon, ohne dass es eine Rolle spielt, was ich fühle."

Jungkooks Augenbrauen zogen sich leicht zusammen, und für einen Moment glaubte ich, ich hätte zu weit gegangen. Doch er blieb ruhig, seine Hände entspannten sich auf seinen Oberschenkeln. „Es spielt eine Rolle, was du fühlst. Aber das Band zwischen uns... das ist real. Es existiert, egal, ob du es jetzt akzeptieren kannst oder nicht."

Ich senkte meinen Blick und starrte auf meine zitternden Hände. „Ich fühle es," gab ich zu, „aber es macht mir Angst. Ich habe mein ganzes Leben lang gekämpft, um mich zu schützen, und jetzt... jetzt habe ich das Gefühl, dass ich all diese Mauern einreißen muss, aber ich weiß nicht, wie."

Jungkook schwieg lange, als würde er meine Worte verarbeiten. Dann stand er langsam auf und trat ans Fenster, die Hände tief in den Taschen seiner dunklen Hose vergraben. „Du musst dich nicht beeilen. Niemand verlangt das von dir." Seine Stimme war leise, aber bestimmt. „Aber du solltest wissen, dass ich hier bin. Ich werde dich nicht verlassen."

Sein letzter Satz ließ mein Herz schneller schlagen. Es war nicht die Drohung, die ich erwartet hatte. Nein, es klang eher wie ein Versprechen – ein Versprechen, das mehr war als nur Worte. Er wollte mich nicht zwingen, aber er würde auch nicht zulassen, dass ich weglief.

Die Stille füllte den Raum erneut, und ich fühlte die Schwere dieser Realität wieder auf mir lasten. Ich wusste, dass er recht hatte. Das Band zwischen uns war da, stark und unausweichlich. Doch was bedeutete das für mich? Für uns?

„Jungkook," sagte ich schließlich leise und sah zu ihm hinüber, der immer noch am Fenster stand und in die Ferne starrte. „Was passiert, wenn ich es nicht schaffe? Wenn ich nie wirklich... akzeptieren kann, was zwischen uns ist?"

Er drehte sich langsam zu mir um, und in seinen Augen lag ein Ausdruck, den ich nicht erwartet hatte. Etwas wie Schmerz, tief und verborgen. Doch seine Stimme blieb ruhig, fast sanft. „Du wirst es schaffen, Taehyung. Du bist stärker, als du denkst."

Und mit diesen Worten ließ er mich allein, die Tür hinter sich leise schließend, während die Leere des Raumes mich erneut umfing. Doch diesmal fühlte sich die Stille anders an. Nicht mehr erdrückend, sondern wie ein sanftes, fast tröstliches Flüstern. Ein Teil von mir begann zu ahnen, dass sich die Mauern, die ich so lange um mich gebaut hatte, langsam zu bröckeln begannen.

🔞Gefährliche Liebe 🔞Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt