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Die Tage verstrichen, doch meine innere Unruhe verschwand nicht. Obwohl ich mich bemühte, mich in meinem neuen Leben zurechtzufinden, fühlte ich mich immer noch wie ein Fremder – nicht nur in diesem Haus, sondern auch in meiner eigenen Haut. Die Anwesenheit von Jungkook war überwältigend. Jedes Mal, wenn er in meine Nähe kam, spürte ich dieses Band zwischen uns, als ob es mich fesselte, mich an ihn zog, und dennoch kämpfte ich dagegen an.

Es war der Nachmittag, als ich mich wieder einmal in der Bibliothek versteckte. Die leise Melodie des Windes, der draußen gegen die Fenster schlug, beruhigte mich etwas. Bücher lagen um mich herum verstreut, aber meine Gedanken waren zu zerstreut, um mich auf das Lesen zu konzentrieren. Alles drehte sich in meinem Kopf – meine Flucht, meine Angst, Jungkook.

Er war so ruhig, so beherrscht. Nie hatte er mich zu irgendetwas gedrängt, aber gerade das machte es noch schwieriger. Die Art, wie er mich beobachtete, wie er mir Raum gab und doch immer präsent war – es verwirrte mich. Ich hatte mit allem gerechnet, nur nicht mit dieser... Geduld.

Mit einem tiefen Seufzen ließ ich das Buch in meinen Händen sinken und legte es zur Seite. Die Stille in dem riesigen Raum war bedrückend. Ich fühlte mich, als wäre ich in einem Käfig, auch wenn es keiner war, den ich sehen konnte. Vielleicht lag das daran, dass ich wusste, was auf dem Spiel stand. Es ging nicht nur um mich, sondern um das seltene Blut, das durch meine Adern floss – das Blut, das mich in Gefahr brachte, das mich wertvoll machte in den Augen von Menschen, die keine Rücksicht auf mein Wohlergehen nehmen würden.

In diesem Moment hörte ich Schritte hinter mir. Ich erstarrte, mein Herz begann schneller zu schlagen. Es war Jungkook – das wusste ich, ohne mich umzudrehen. Seine Präsenz füllte den Raum, selbst wenn er sich nur in meiner Nähe befand. Langsam drehte ich meinen Kopf und sah ihn an. Er lehnte an der Tür, seine Augen auf mich gerichtet, still und durchdringend.

„Du hast dich den ganzen Tag über versteckt," sagte er schließlich leise, als wäre das eine Tatsache, die keiner Widerrede bedurfte.

Ich senkte den Blick und schüttelte den Kopf. „Ich verstecke mich nicht."

Er schnaubte leise, kam näher und setzte sich in den Sessel gegenüber von mir. „Du kannst es mir nicht vormachen, Taehyung. Ich sehe es. Du hast Angst." Seine Stimme war ruhig, aber seine Worte trafen mich mit der Kraft von etwas, das ich längst wusste, aber nie aussprechen wollte.

Mein Magen zog sich zusammen, und ich schlang die Arme um meinen Oberkörper, als wollte ich mich schützen. „Natürlich habe ich Angst. Ich weiß nicht, was mich hier erwartet. Du..." Ich zögerte, dann sprach ich weiter, obwohl meine Stimme leise zitterte. „Du bist so mächtig, Jungkook. Es ist, als wäre ich in eine Welt geraten, in der ich nichts kontrollieren kann."

Er beobachtete mich eine Weile schweigend, dann beugte er sich leicht nach vorne, seine Augen fest auf meine gerichtet. „Ich werde dich nicht verletzen. Das musst du wissen." Es war kein Versprechen, sondern eine Tatsache. Aber das war es, was mir Angst machte – dass er glaubte, er würde nie Gefahr für mich sein, auch wenn er es unabsichtlich sein könnte.

„Es geht nicht nur um das, was du tun könntest," flüsterte ich, kaum hörbar. „Es geht darum, was ich fühle... was ich nicht fühle. Ich weiß nicht, wie ich mit all dem umgehen soll."

„Was fühlst du?" Seine Frage war direkt, fast schon zu ehrlich. Es überraschte mich, wie er es schaffte, so ruhig zu bleiben, während in mir ein Sturm tobte.

Ich schloss die Augen, versuchte, meine Gedanken zu ordnen. Doch die Gefühle in mir waren so wirr, so schwer zu greifen. „Ich weiß es nicht," flüsterte ich schließlich. „Manchmal fühle ich mich dir nahe, als wäre da wirklich dieses Band, von dem du sprichst. Aber gleichzeitig will ich fliehen. Ich habe Angst, mich darauf einzulassen, weil ich... weil ich nicht weiß, was es bedeutet, wenn ich es tue."

Jungkook schwieg lange, ließ meine Worte im Raum hängen, als würde er mir die Zeit geben, die ich brauchte, um wirklich zu verstehen, was ich da sagte. Dann stand er plötzlich auf und ging zum Fenster, seine Hände in den Taschen vergraben. Die untergehende Sonne warf ein warmes Licht in den Raum, das seine Konturen weicher erscheinen ließ, aber die Macht, die von ihm ausging, war ungebrochen.

„Du bist nicht der Einzige, der unsicher ist," sagte er schließlich, und seine Worte trafen mich wie ein Schlag. Ich hatte nie daran gedacht, dass auch er mit etwas kämpfte. Jungkook wirkte immer so unerschütterlich, so sicher in allem, was er tat.

Ich sah ihn an, überrascht. „Du bist unsicher?"

Er drehte sich zu mir um, seine Augen hart, aber nicht kalt. „Ich bin mir sicher, dass du mein Mate bist. Aber ich weiß nicht, wie ich dich davon überzeugen soll, dass du mir vertrauen kannst. Ich weiß, dass du verletzt wurdest, dass du dich selbst schützen willst. Aber ich habe nie jemanden getroffen, bei dem ich so stark gespürt habe, dass er zu mir gehört. Und das... macht mich unsicher."

Seine Worte ließen mein Herz schneller schlagen. Es war seltsam, diese Offenheit von ihm zu hören, diesem mächtigen Mann, der die Kontrolle über so vieles hatte. Aber in diesem Moment war er einfach... ehrlich.

„Ich weiß nicht, ob ich jemals ganz ohne Angst sein werde," gestand ich ihm. „Aber... ich will es versuchen. Ich will verstehen, was es bedeutet, dein Mate zu sein. Es ist nur... schwierig."

Er trat näher, bis er direkt vor mir stand, und beugte sich leicht zu mir hinunter, sodass seine Augen meine auf eine Weise einfingen, die mich gleichzeitig beruhigte und nervös machte. „Du musst nicht alles auf einmal verstehen," sagte er leise, und seine Hand legte sich sanft auf meine Wange. „Wir haben Zeit."

Die Wärme seiner Berührung durchströmte mich, und zum ersten Mal seit meiner Ankunft hier fühlte ich mich nicht so verloren. Vielleicht war es das, was Jungkook mir geben konnte – Zeit. Zeit, um herauszufinden, wer ich in dieser neuen Welt war, und Zeit, um zu erkennen, dass das Band zwischen uns stärker war, als meine Angst es jemals sein könnte.

Und zum ersten Mal ließ ich zu, dass sich ein Funken von Hoffnung in meinem Inneren regte – Hoffnung, dass ich diesen Weg vielleicht nicht allein gehen musste.

🔞Gefährliche Liebe 🔞Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt