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Die Stille in Jungkooks Anwesen war fast ohrenbetäubend. Jede Bewegung von mir schien die Luft zum Klingen zu bringen, als ob der Raum selbst mich beobachten würde. Mein Herz pochte in meinem Brustkorb, während ich versuchte, mich nicht von der überwältigenden Präsenz des Alphas erdrücken zu lassen. Doch es war schwierig, wenn er so nahe war – so unnachgiebig und doch irgendwie... sanft.

Ich saß immer noch auf dem weichen Ledersofa, meine Hände in meinem Schoß verkrampft, während Jungkook vor mir stand. Er hatte seine Arme vor der Brust verschränkt, seine Augen fest auf mich gerichtet. Die Spannung zwischen uns war greifbar, fast wie eine unsichtbare Schnur, die sich immer fester zog.

„Du solltest etwas essen." Seine Stimme durchbrach die Stille, tief und beruhigend, aber voller Autorität. „Du siehst aus, als wärst du jeden Moment bereit zusammenzubrechen."

Essen? Das war das Letzte, woran ich denken konnte. Mein Magen war ein einziger Knoten, und allein der Gedanke daran, etwas herunterzuwürgen, brachte mich fast zum Würgen. Aber ich nickte nur stumm, zu erschöpft, um zu widersprechen. Jungkook schien es zu bemerken, denn er ließ ein leises Seufzen hören, bevor er sich umdrehte und den Raum verließ.

Die plötzliche Einsamkeit fühlte sich gleichzeitig erleichternd und bedrohlich an. Ich konnte endlich wieder atmen, ohne das Gefühl zu haben, dass die Wände mich erdrücken, aber gleichzeitig wusste ich, dass dies nur eine kurze Pause war. Jungkook würde zurückkommen. Und mit ihm die unausweichliche Realität, die er verkörperte.

Meine Gedanken rasten, während ich aufstand und im Raum umherging, unfähig, still zu sitzen. Meine Augen glitten über die schweren Vorhänge, die dicken Teppiche und die edlen Möbel. Es war alles so perfekt, so geordnet – ganz anders als das Chaos, das in mir tobte. Alles an diesem Ort schrie nach Kontrolle, nach Macht, und ich konnte mir nicht vorstellen, wie ich hier jemals meinen Platz finden sollte.

Warum ich? Die Frage hallte immer wieder in meinem Kopf wider. Es ergab keinen Sinn. Ich war niemand, nur ein schwacher Omega mit einem Fluch, den man als Gabe bezeichnete. Warum hatte das Schicksal entschieden, dass ich zu jemandem wie Jungkook gehören sollte? Jemandem, der so viel mehr war als ich?

Gerade als ich begann, mich in diesen Gedanken zu verlieren, hörte ich Schritte. Jungkook war zurückgekehrt, diesmal mit einem Tablett in den Händen. Ohne ein Wort zu verlieren, stellte er es auf dem niedrigen Tisch ab und deutete mit einem Nicken darauf.

„Iss", sagte er knapp, als wäre das eine Selbstverständlichkeit.

Ich setzte mich wieder hin und starrte auf das Essen. Es war einfach – Brot, Käse und eine Suppe, die warm und duftend vor mir dampfte. Mein Magen knurrte leise, doch ich konnte den Kloß in meinem Hals nicht ignorieren. Es war, als hätte mein Körper noch nicht realisiert, dass die Flucht vorbei war, dass ich jetzt in Sicherheit war. Oder zumindest... in einer anderen Art von Gefangenschaft.

Vorsichtig nahm ich ein Stück Brot und biss ab, versuchte, das Zittern in meinen Händen zu verbergen. Jungkook ließ sich in einem Sessel nieder, sein Blick ruhiger als zuvor, aber noch immer intensiv. Es war, als würde er mich auf eine Art und Weise studieren, die mich gleichzeitig nervös und... seltsam geborgen fühlen ließ.

„Ich werde dich nicht zwingen, Taehyung." Seine Worte durchbrachen das Schweigen erneut, dieses Mal weicher als zuvor. „Aber ich werde auch nicht zulassen, dass du dich selbst zerstörst."

Ich sah auf, überrascht von der plötzlichen Zärtlichkeit in seiner Stimme. In seinen Augen lag etwas, das ich nicht ganz deuten konnte – eine Mischung aus Bestimmtheit und... Sorge? Es verwirrte mich. Alles an diesem Mann verwirrte mich.

„Ich verstehe das nicht," flüsterte ich schließlich, bevor ich mich zurückhalten konnte. „Warum tust du das? Warum bin ich dir wichtig?"

Jungkook lehnte sich in seinem Sessel zurück, als würde er über meine Worte nachdenken. Einen Moment lang schien es, als hätte er keine Antwort, doch dann sprach er langsam, jedes Wort bedacht.

„Weil du mein Mate bist." Es war das dritte Mal, dass er diese Worte sagte, aber diesmal trafen sie mich anders. Sie klangen nicht mehr wie ein Befehl, sondern wie eine Tatsache – etwas Unvermeidliches, das er selbst nicht kontrollieren konnte. „Ich kann es nicht ändern. Und du auch nicht."

Die Einfachheit, mit der er das sagte, machte mir Angst. Nicht, weil er mich als sein Eigentum betrachtete, sondern weil er es so akzeptierte, als wäre es das Natürlichste der Welt. Für ihn war dies kein Kampf. Es war ein Fakt, ein unausweichliches Schicksal.

„Aber was, wenn ich nicht will?" fragte ich leise, und meine Stimme zitterte. „Was, wenn ich kein Teil davon sein will?"

Er sah mich an, seine Augen für einen Moment dunkler, aber nicht aus Zorn. Es war eher so, als würde er die Tiefe meiner Angst verstehen, auch wenn er sie nicht teilte.

„Es wird Zeit brauchen," sagte er schließlich, seine Stimme so weich, dass ich sie kaum hörte. „Ich erwarte nicht, dass du sofort akzeptierst, was zwischen uns ist. Aber ich werde nicht zulassen, dass du dich von mir entfernst. Ich kann es nicht."

Ein Teil von mir wollte weinen. Weinen vor Erschöpfung, vor Verwirrung, vor der Schwere dieser Realität. Doch ich hielt die Tränen zurück, zu stolz – oder vielleicht zu stur –, um vor ihm zu zerbrechen.

„Ich weiß nicht, wie das geht," gestand ich ihm schließlich, meine Stimme kaum mehr als ein Flüstern. „Ich weiß nicht, wie ich dein Mate sein soll."

Jungkook stand auf, kam zu mir und kniete sich vor mich hin. Seine Augen fingen meine ein, und sein Blick war so intensiv, dass ich fast zusammenzuckte. Doch seine Hand berührte meine Wange sanft, und plötzlich fühlte sich alles ein wenig weniger furchterregend an.

„Du musst nichts tun," sagte er leise. „Ich werde dir Zeit geben. Aber du wirst es irgendwann spüren. So wie ich es spüre."

Seine Worte, so einfach und doch voller Bedeutung, ließen etwas in mir beben. Es war nicht Angst, sondern etwas Tieferes, etwas, das ich nicht benennen konnte. Ein leises Beben, das sich in meinem Inneren ausbreitete und mich erkennen ließ, dass dies mehr war, als nur eine Verbindung. Es war Schicksal – ein Schicksal, dem ich nicht entkommen konnte.

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