Kapitel 36

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L U C I A N A

Denken ist schwer, darum urteilen die meisten.

Die Vögel zwitschern, während Sonnenstrahlen auf mein Gesicht prallen. Ein Schmerz macht sich in meinem Kopf breit, und mein Rücken tut ebenfalls höllisch weh. Ich versuche, meine Augen zu öffnen, doch ein grelles Licht entgegnet mir und verhindert, dass ich sehen kann.

Schnell halte ich die Hand vor mein Gesicht, um Schutz vor der prachtvollen Sonne zu bekommen und um endlich etwas sehen zu können. Nach einiger Zeit gewöhne ich mich an das Tageslicht und kann schließlich meine Umgebung erkennen.

Ich bin im Wald.

Am selben Ort wie gestern.

Am selben Ort, an dem ich gestern gestoppt bin.

Schlafen war ein großes Risiko. Zum Glück ist noch alles gut gegangen. Neben ein paar Kratzern und Schmerzen geht es mir eigentlich gut. Mir fehlt nichts, und ich kann glücklicherweise noch laufen.

Ich stehe auf und dehne mich erst einmal ein wenig. Die Erinnerungen von gestern verdränge ich ganz schnell. Ich möchte nicht an Leichen denken und sicherlich auch nicht an ihn.

Mit Schmerzen stehe ich langsam auf und stütze mich an einem Baum neben mir. Es ist Zeit, weiterzugehen. Viel Zeit bleibt mir nicht, man sucht wahrscheinlich nach mir, und dass diese Rückenschmerzen umsonst sind, will ich absolut nicht.

Abgesehen von meinen jetzigen Rückenschmerzen – Ich möchte einfach nicht, dass all die Opfer, die ich bringe, umsonst sind. Das, was ich alles durchmachen musste.

Ich seufze auf und schaue mich erst einmal intensiver um.

Von welcher Richtung bin ich gekommen?

Verdammt!

Ich habe meine Orientierung verloren.

Wieso muss man mir so viele Steine in den Weg legen? Wieso kann man mich nicht einfach in Ruhe lassen? Wieso immer ich?!

Ich atme tief ein und aus und rege mich ab.

In Ordnung.

Wenn ich einfach in eine Richtung laufe, werde ich bestimmt irgendwo rauskommen...

Aber da besteht die Gefahr, wieder näher ans Lager zu kommen.

Ich versuche, meine Umgebung so gut wie möglich zu analysieren, doch mein Kopf fühlt sich platt an wie Matschepampe.

Kein Wunder nach all den Erlebnissen.

In Filmen ist die Flucht nicht so schwierig.

Ich fange an, ein bisschen in eine Richtung zu laufen. Langsam.

Ich lasse nichts aus dem Auge.

Ich bin so paranoid geworden. Überall muss ich aufpassen und kann nicht eine Minute ruhen. Dass ich schlafen konnte, ist ein Wunder.

Möchte ich wirklich so leben?

Auf der Flucht?

ʀᴇᴍᴇᴍʙᴇʀ ᴍᴇWo Geschichten leben. Entdecke jetzt