Am Samstagabend fahre ich mir ein letztes Mal mit kritischem Blick durch die Haare. Schließlich gehe ich nach unten und verlasse das Haus. Dad ist nicht da, was die Sache etwas erleichtert. Seine vorwurfsvollen Blicke muss ich jetzt nicht unbedingt sehen. Mit dem Bus fahre ich in die Stadt, Em wartet an der Haltestelle. Sie umarmt mich.
"Ich freu mich, dass du kommen konntest. Das Kleid steht dir!"
"Danke", sage ich. "Wer gibt eigentlich die Party?" Em wirft ihr rotes Haar mit einer gekonnten Bewegung zurück. Sie trägt ein dunkelblaues Kleid, welches am Ausschnitt mit Perlen besetzt ist. An jedem anderen würde es furchtbar aussehen, ihr steht es.
"Ein Typ namens Jeffrey, oder so. Ich kenne ihn nicht persönlich, aber Drew sagt er ist in Ordnung." Den Rest des Weges schweigen wir. Ich kann spüren wie aufgekratzt sie ist, frage aber nicht nach. Endlich stehen wir vor einem großen Haus, in dessen Garten schon einige betrunken Limba tanzen. Den langen Ast haben sie irgendwie von dem kleinen Apfelbäumchen abgerissen. Ein Mädchen kommt auf uns zu getorkelt und lädt uns ein mitzumachen. Em scheucht sie weg wie eine lästige Fliege und betritt das Haus. Um klarzustellen: Ich bin nicht oft auf Partys. Und wenn, dann stehe ich meist mit meiner Cola in einer Ecke und beobachte die anderen Leute, wie sie sich beim tanzen zum Affen machen. Meine Freundin zieht mich ins innere. Die Musik ist laut, aber noch zu ertragen und überraschender Weise sind gar nicht so viele Leute da. Scheint eine Privatparty zu sein. Ich rempele jemanden an, kann demjenigen aber nur eine kurze Entschuldigung zu werfen, da Em mich schon weiter zieht. War das gerade Ryder? Oder sehe ich schon Gespenster? Endlich biegt Em links ab und bleibt stehen.
"So, hier haben wir etwas Ruhe." Wir stehen in einer Art Wintergarten. Nur ein Typ liegt besoffen auf dem Sofa in der Ecke, ansonsten sind wir allein.
"Und was machen wir hier? Ich dachte, du willst tanzen." Em reckt den Hals.
"Ja, nein, doch. Willst du was trinken?" Sie hat mir offensichtlich nicht zugehört, bevor ich jedoch etwas sagen kann, ist sie schon los gestürmt. Ich schüttele verwirrt den Kopf. Was ist denn nur mit ihr los? Da klingelt mein Handy. Schnell hole ich es aus der Handtasche und werfe einen Blick drauf. Dad.
"Dad?"
"Verdammt, Cathrina, wo bist du?" wettert er los.
"Auf der Party. Hab ich dir doch gestern gesagt und ich habe dir vorhin eine SMS geschrieben." Er schweigt.
"Oh ach so, richtig." Er räuspert sich. "Ich habe meine Nachrichten noch nicht kontrolliert. Tut mir leid." Ich atme tief ein.
"Kein Problem."
"Wann bist du wieder da?"
"Um elf."
"Halb."
"Ja, okay. Halb. Bis dann." Er hat aufgelegt. Ich stecke das Handy weg und hole noch einmal tief Luft. Er muss ziemlich im Stress sein, wenn er das vergessen hat. Am liebsten würde ich jetzt nach Hause gehen. Nicht unbedingt wegen Dad, sondern einfach weil ich mich unwohl fühle.
"Stress?" Ich wirbele herum. Ryder steht in der Tür und beobachtet mich. In der Hand hält er zwei Pappbecher. Jetzt weiß ich wieso Em unbedingt hier her wollte. Sie wusste, dass er kommen würde. Das erklärt aber noch immer nicht, wieso ich mit musste.
"Nein, alles gut." Ich zwinge mich um eine neutrale Miene, obwohl ich am liebsten geschrien hätte: 'Belauschst du mich oder was?" Er hält mir einen Becher hin. Ich sehe misstrauisch hinein. Ihm ist zu zu trauen, dass er mich abfüllt oder irgendwelche anderen Gedanken hegt.
"Guck nicht so. Ist Cola." Ich nehme das Getränk ohne zu kosten. Er lächelt schief.
"Du vertraust mir also nicht."
"Würdest du einen nach Joint stinkenden Lederjacken-tragenden Typen vertrauen?"
"Kommt drauf an. Wenn sie so gut aussehen wie ich, dann ja. Wenn es so ein armes Würstchen ist wie der da...nein." Er deutet zum Sofa mit dem Typen.
"Der Arme. Bestimmt wollte er einfach nur was trinken und ist an die falschen Leute geraten." Ryder versteht meine Anspielung und lächelt wieder dieses halbe Lächeln. Mein Herz schlägt schneller. Wieso? Es ist Ryder! Ryder! Er macht einen Schritt auf mich zu. Ich gehe einen zurück. Er holt Geld aus seiner Tasche.
"Was ist das?"
"Ich schulde dir Geld. Wegen Donnerstag."
"Ich habe dir gesagt du sollst es lassen."
"Nimm es."
"Hör..."
"Hör du auf und nimm es." Ich reiße ihm das Geld wütend aus den Händen und stopfe es in meine Handtasche.
"Zufrieden?"
"Braves Kätzchen." Ich funkele ihn an und frage, um das Thema zu wechseln:
"Wer war denn jetzt Juan?" Ryder lehnt sich gegen einen kleinen Tisch und ist mir jetzt verdammt nah. Etwas zu nah. Ich kann die goldenen Sprenkel in seinen Augen sehen.
"Er ist der Sohn unserer Nachbarin und ich nehme ihn manchmal mit in die Stadt. Er liebt es einkaufen zu gehen." Wieder dieses Lächeln und ich weiß nicht, ob er das ernst meint oder nicht.
"Spricht er kein Englisch?"
"Schlecht. Ich versuche mit ihm Englisch zu reden, aber er spricht natürlich lieber seine Sprache."
"Was spricht er denn?"
"Swahili."
"Und du hast gestern mit ihm Swahili gesprochen? Woher kannst du das?" frage ich ungläubig.
"Er hat es mir beigebracht."
"Wie denn wenn er kein Englisch spricht?"
"Man kann sich auch so unterhalten."
"Und lebt er schon immer hier?" Während unseres Gespräches habe ich mich unbewusst näher zu ihm gelehnt und nun sind unsere Gesichter kaum mehr als fünf Zentimeter von einander entfernt.
"Ganz schön neugierig", haucht er gegen meine Lippen. Ich kriege keine Luft mehr, starre nur wie hypnotisiert in seine Augen. Seine Hand legt sich ab meine Wange und streicht mir vorsichtig eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Meine Augen schließen sich und ich schmiege mich näher an ihn. Erst, als seine Lippen meine Mundwinkel berühren wird mir bewusst, was wir hier machen. Ich bin soeben dabei Ryder zu küssen. Das arrogante Arschloch, der viel zu selbstbewusste Macho, der Schwarm meiner besten Freundin.
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A kind of Love
RomanceWenn die beste Freundin sich verknallt sollte man sich für sie freuen, oberstes Gesetz im Beste-Freundinnen-Handbuch! Cat würde sich gerne für Emily freuen, wäre da nicht der Typ in den sie sich verknallt hat: Ryder Blake. Macho, Herzensbrecher und...