Als es am Freitag zur erlösenden Pause gongt, springe ich erleichtert auf. Em, die in Englisch neben mir sitzt braucht etwas länger, da sie dem letzen Herz noch einen Schlenker verpasst. Dann seufzt sie.
"Kannst du es fassen? Wir treffen uns."
"Zuerst konnte ich es nicht glauben, aber nachdem du es ungefähr hundert Mal wiederholt hast, denke ich, dass es wahr sein könnte." Em knufft mich in die Seite.
"Sei nicht so blöd." Sie schließt ihr Heft, in dem sich ausschließlich rosane Herzchen befinden und keine einzige Englischvokabel. Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal Herzchen in ein Heft gemalt habe. Vermutlich nie, weil ich nie wirklich verliebt war. In der achten Klasse hatte ich eine 'Beziehung' mit einem aus der neunten. Er hieß Tylor und war eigentlich echt nett. Ein Footballer zwar, aber echt nett. Und so war auch unsere Beziehung. Nett, mehr nicht. Nach drei Monaten habe ich Schluss gemacht. Ausgerechnet an dem Datum, an dem wir zusammen gekommen sind. Tylor wollte mich zum Essen ausführen und ich knallte ihm vor den Latz, dass ich nicht mehr will. Das mit dem kleinen Jubiläum habe ich erst später mit mitgekriegt und natürlich habe ich mich furchtbar geschämt, dass ich das vergessen habe. Tylor hat danach nie wieder ein Wort mit mir gewechselt und das war meine einzige Beziehung bis jetzt. Wenn man es denn Beziehung nennen will. Wenn mich jemand fragt, sage ich immer, ich hatte noch nie einen Freund.
Auf dem Schulhof schwärmt Em weiter und Caroline stubst mich von der Seite an.
"Hast du Mr. Perfekt schon kennen gelernt?" fragt sie und ich nicke zögerlich.
"Echt? Wie ist er denn so?"
"Ganz okay", sage ich vorsichtig. Plötzlich grinst sie.
"Du findest ihn auch gut."
"Pssht!" Sie grinst noch ein bisschen breiter.
"Also stimmt es?" Ich werde rot und will protestieren, schweige dann aber. Denn sehr zu meinem Verdruss muss ich feststellen, dass Caroline Recht hat. Ich finde Ryder tatsächlich gut.
"Er sieht gut aus, mehr nicht. Ich kenne ihn nicht wirklich", sage ich schließlich, wobei ich den Gedanken an die beiden Fast-Küsse ignoriere. Em hört unsere Unterhaltung zum Glück nicht, da sie mit Josie redet, die einzige, die ihre Hysterie teilt.
"Ich würde es ja toll finden, dass du endlich Notiz von einem Jungen genommen hast, aber ausgerechnet Em's Schwarm? Das kann nicht gut gehen."
"Ich weiß", seufze ich. "Aber ich bin ja auch nicht in ihn verliebt!" Caroline schweigt, als wäre sie sich nicht so sicher.
"Was? Du guckst so komisch", sage ich anklagend.
"Sorry, Cat. Ich überlege nur. Eigentlich dürfest du ihn nicht Mal gutaussehend finden."
"Ja, ich hab's verstanden! Er ist Em's Schwarm und sie treffen sich auch dieses Wochenende. Ich will nichts von ihm", sage ich mit soviel Nachdruck wie möglich. Da gongt es. Caroline wirft mir einen letzten nachdenklichen Blick zu und sagt:
"Gut. Em teilt nicht gerne. Aber das weißt du ja." Ja, das weiß ich. Frustiert gehe ich ihr hinterher, da fällt mir ein, dass ich dieses Wochenende ebenfalls ein Date habe und im Moment weiß ich nicht, ob ich mich freuen oder fluchen soll. Theoretisch müsste ich mich freuen, Jeremy scheint ein netter Typ zu sein, aber warum tue ich es nicht? Um mir nicht weiter darüber den Kopf zerbrechen zu müssen, hole ich mein Geschichtsbuch aus der Tasche und lese mir noch einmal den Stoff von vergangener Stunde durch.
*****
Am Abend sitzen Dad und ich vor dem Fernseher und essen Pommes mit Currywurst. Nicht gerade das gesündeste, aber lecker.
"Ich treffe mich dieses Wochenende mit jemandem", sage ich in der Werbepause. Dad macht den Fernseher leiser und schiebt sich seinen letzten Pommes in den Mund.
"So, mit wem denn?"
"Er heißt Jeremy. Ich habe ihn auf der Party kennen gelernt."
"Ich weiß nicht ob ich das möchte. Hast du dich überhaupt schon nach einem neuen Job umgesehen?" Bei dem Thema verziehe ich das Gesicht. Am Donnerstag war meine Suche erfolglos und seitdem habe ich nicht wieder gesucht.
"Umgesehen ja, aber noch nichts gefunden."
"Ist ja deine Sache und dein Studium."
"Dad, hör auf." Ich weiß zwar, dass Dad mir unmöglich allein mein Studium bezahlen kann, aber ich hoffe auf ein Stipendium. Wenn ich das nicht bekomme, muss ich alles auf mein verdientes Geld und Dad's spärlich Erspartes setzen. Ich versuche mir darüber so wenig Gedanken wie möglich zu machen, obwohl ich weiß, dass es mich irgendwann einholen wird. Spätestens wenn ich mein Abschlusszeugnis in der Hand halte, was ungefähr in einem dreiviertel Jahr sein wird.
"Wann seid ihr verabredet?" reißt Dad mich aus meinen Gedanken.
"Er holt mich morgen um acht ab."
"Gut, dann kann ich mir den Knaben gleich mal ansehen." Ich erwidere lieber nichts darauf und stehe auf.
"Bis morgen, Dad."
"Ja, bis dann." Oben sehe ich, dass ich mehrere SMS bekommen habe. Eine von Mum:Cat, wie geht es dir? Du hast mich nie angerufen. Ich bin mittlerweile zurück aus Paris und habe einen kurzen Zwischenstopp in Deutschland. Sonntag bin ich wieder zu Hause. Sag deinem Vater, er soll endlich die Handtücher waschen und sie nicht ignorieren. Sei fleißig. Es umarmt dich,
MumIch werde ihr später antworten. Die nächste ist von Em:
Sehen wir uns am Sonntag?
Ja, schreibe ich und öffne die letzte. Überraschenderweise von Jeremy.
Freue mich schon auf morgen. Schlaf gut. J.
Ich lächele und beschließe, dass ich mich auf unser Date freue.
DU LIEST GERADE
A kind of Love
RomanceWenn die beste Freundin sich verknallt sollte man sich für sie freuen, oberstes Gesetz im Beste-Freundinnen-Handbuch! Cat würde sich gerne für Emily freuen, wäre da nicht der Typ in den sie sich verknallt hat: Ryder Blake. Macho, Herzensbrecher und...