Kapitel 9-Limetteneis

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Am Mittwoch bin ich nur ein Schatten meiner selbst, Em zu nichts zu gebrauchen, weil sie sich in dieser rosaroten Wolke befindet und Dad stiert mich die ganze Zeit mit diesem: Du-hast-versagt-Blick an.
Am Donnerstag geht es mir zwar besser, aber ich habe keine Ahnung was ich am Nachmittag machen soll. Bestimmt nicht vor dem Supermarkt sitzen und ein Schild hochhalten auf dem steht: Gebt mir meinen Job wieder, er ist das einzige was ich habe! Nein, das ist ausgeschlossen. Nachdem ich Dad eine SMS geschrieben habe, beschließe ich seit Ewigkeiten mal wieder ein Eis essen zu gehen. Ich stehe gerade an der Theke und nehme mein Eis entgegen, als direkt jemand neben mir sagt:
"Limetteneis? Sehr originell. Aber habe ich was anderes erwartet?" Ich zucke zusammen. Ryder. Eigentlich hatte ich ja vor, ihm wegen der Party-Sache aus dem Weg zu gehen. Aber jetzt, wo er neben mir steht, bringe ich es nicht über mich einfach wegzugehen.
"Du stalkst mich wirklich, gib's zu."
"Du bildest dir ziemlich viel auf dich ein, Kitty-Cat." Er bestellt ein Softeis und folgt mir dann weiter hartnäckig.
"Schmeckt das?" will er wissen.
"Ja. Das einzige Eis was ich esse." Ryder starrt mich von der Seite an.
"Du isst kein anderes Eis? Ich habe noch nie irgendwo anders Limetteneis gesehen, also ist das hier..."
"Die einzige Eisdiele zu der ich gehe", beende ich seinen Saz und mustere ihn unauffällig von der Seite. Er trägt normale Jeans, ein dunkelblaues T-Shirt mit V-Ausschnitt und seine dunklen Haare liegen etwas zerzaust in seiner Stirn. Ehrlich gesagt weiß ich nicht was ich von ihm halten soll. Mal legt er es geradezu darauf an sich mit mir zu streiten, dann ist er total nett und unterhält sich ganz normal mit mir.
"Was ist?" unterbricht er meine Gedanken.
"Was soll sein?"
"Du starrst mich an."
"Tu ich nicht."
"Tust du wohl." Ich schnaube und schiebe mir die Reste meiner Waffel in den Mund.
"Warte, ist heute Donnerstag?" Ich nicke, weil ich durch die Waffel nicht antworten kann. Ryder bleibt stehen und sieht so aus, als würde er eine höchst komplizierte mathematische Formel ausrechnen.
"Müsstest du dann theoretisch nicht um diese Zeit im Supermarkt arbeiten?" Bei dieser Frage bleiben mir die Reste der Waffel im Hals stecken. Einerseits freut es mich auf absurde Weise, dass er sich das gemerkt hat, andererseits weiß ich nicht, was ich antworten soll. Nach einem heftigen Hustenanfall, der vorallem meine Verlegenheit überspielen soll, gehe ich weiter und sage über die Schulter, als wäre es nichts wichtiges:
"Theoretisch ja. Aber leider bin ich gefeuert worden." Ryder hat mich schnell eingeholt und mich am Ellenbogen zurück gezogen. Seine dunklen Augen bohren sich in meine.
"Was?" Ich zucke mit den Schultern und ignoriere das Kribbeln, dass seine Berührung in mir auslöst
"Wann?"
"Am Dienstag."
"Wieso?"
"Hör auf zu fragen. Das geht dich nichts an."
"Wegen Juan? Weil du ihn beschützt hast? Deswegen haben sie dich rausgeschmissen?"
"Unter anderem. Aber vor allem können sie mein hitziges Temperament dort leider nicht gebrauchen", sage ich bitter. Ryder sieht mich an ohne etwas zu sagen. Ich weiß nicht was ich erwartet habe, vielleicht, dass er sich entschuldigt.
"Du denkst es ist Juans Schuld, oder?" Ich schweige kurz.
"Nein. Wie gesagt, es ist die Schuld meines Temperamentes...aber wieder wäre ohne dich das ganze nicht passiert." Er lässt mich los und sieht mich kühl an.
"Ach so? Also ist es meine Schuld."
"Ja, nein, ach keine Ahnung. Fakt ist, ich habe keinen Job mehr, egal an wem es liegt."
"Ich könnte dir was neues besorgen. Ich hab da so meine Kontakte." Soll das eine unausgesprochene Entschuldigung sein?
"Nein danke, aber das krieg ich schon allein hin."
"Natürlich. Die emanzipierte Cat will sich nicht helfen lassen."
"Hör auf. Wer weiß wo ich mit deiner Hilfe lande. Vielleicht putze ich die Klos bei einem deiner Kontakte oder darf jede halbe Stunde den Kaffee bringen."
"So denkst du also von mir?"
"Ich weiß nicht was ich von dir denke", sage ich erschöpft und fahre mir mit den Händen übers Gesicht. Als ich zu ihm hoch sehe, beobachtet er mich immer noch. Ohne etwas zu sagen, macht er einen Schritt auf mich zu, automatisch strecke ich meine Hand aus, um ihn zurück zu schubsen, obwohl ich am liebsten das Gegenteil tun würde. Meinen halbherzigen Versuch ignoriert Ryder und er beugt sich langsam runter. Da summt mein Handy. Erleichtert fische ich es aus der Tasche und wende mich etwas ab. Ich habe nur eine SMS bekommen. Von Jeremy. Wenn das mal nicht Zufall ist.

Hey Cat. Ich weiß nicht ob du meine nummer noch eingespeicherst hast. Ich bin jeremy von der pary. Hättest du lust dich mal mit mir zu treffen? Am wochenende oder so? Melde dich. J.

Ich werfe einen Blick zu Ryder, der mich unentwegt anstarrt. Dann tippe ich:

Ja klar. Samstag? Es läuft ein neuer Film, ich würde gerne rein gehen oder hast du andere Pläne?  C.

Fast sofort kommt die Antwort.

Nein film ist super. Bis samstag ich hole dich um acht ab. Simst du mir deine Adresse? J.

Das mache ich. Er schickt einen Smiley zurück. Okay, dann habe ich jetzt also ein Date mit Jeremy. Ryder steht immer noch da und als hätter er jede SMS mit gelesen, hat sich sein Gesicht etwas verzogen. Aber als ich in ansehe, blickt er nur kühl zurück und sagt:
"Wir sehen uns." Und schon geht er in die entgegengesetzte Richtung davon.
"Ja, tschüss", murmele ich. Was ist mit mir los? Em sollte hier stehen, mit ihm reden, Eis essen und ihn küssen. Fast zumindest. Nicht ich. Ich bin nicht die Richtige. Und Ryder meint es eh nicht ernst, hat Jeremy ja gesagt. Zur Abwechslung beschließe ich mich nach einem neuen Job umzusehen und marschiere ebenfalls los. Ryder hinter mir lassend. In jeder Hinsicht.


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