Kapitel 14-Schuldgfühle und Begegnungen

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Ich fühle mich schuldig gegenüber Em. Sie sitzt auf meinem Bett und sieht mich vorwurfsvoll an.
"Cat, jetzt rede endlich." Es ist Mittwoch und Em hat mich am Abend mit einem Besuch überrascht.
"Ich weiß nicht was ich sagen soll." Meine Freundin stößt genervt Luft aus.
"Was los ist zum Beispiel? Seit zwei Tagen sagst du kein Wort, läufst herum wie eine Leiche und gehst mir aus dem Weg. Ich will dich nur verstehen. Wir machen uns Sorgen."
"Wir?"
"Caroline, Josie und Jeremy."
"Wieso er?" Verwirrt sehe ich sie an.
"Weil er mich angerufen hat, nachdem du nicht reagiert hast. Wie viele ungelesene Nachrichten hast du auf deinem Handy? Wie viele verpasste Anrufe?" Gute Frage, ich habe mein Handy seit gestern nicht mehr an gemacht, hauptsächlich wegen Mum. Oder besser Lucy.
"Keine Ahnung", sage ich deshalb.
"Guck später nach und gib ein Lebenszeichen von dir. Jetzt erzähl erstmal." Ich weiß wirklich nicht, was ich Em erzählen soll. Es ist einiges passiert, von dem sie nichts weiß und diese Dinge lassen meine Schuldgefühle fast überschwemmen.
"Meine Eltern haben sich getrennt", sage ich schließlich. Ems Miene wird sofort weich.
"Oh, Cat. Das tut mir leid." Sie zieht mich in eine Umarmung. Ich lasse es geschehen, fühle aber nichts.
"Wann? Wo ist deine Mum?"
"Gestern. Ich weiß nicht wo sie ist. In Ungarn oder so." Em streicht mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
"Süße. Es tut mir so leid. Ich hätte mich nicht so scheiße verhalten, hätte ich es gewusst."
"Schon gut." Ich halte ihre Hand fest. "Ich werds überleben, aber sei mir nicht böse, wenn ich nicht so drauf bin, okay?"
"Natürlich nicht. Ich kann verstehen wenn du deine Ruhe haben willst. Ich werde jetzt auch gehen." Sie steht auf, dreht sich in der Tür aber nochmal um.
"Aber tu mir einen Gefallen und melde dich bei Jeremy, ja? Er macht sich echt Sorgen."
"Ja, ist gut." Em lächelt, dann ist sie verschwunden. Ich fühle mich noch mieser, weil ihr den wahren Grund für meine Stimmung nicht verraten habe, aber immerhin lässt sie mich jetzt in Ruhe. Ich gehe runter, Dad sitzt im Wohnzimmer und starrt vor sich hin. Ich setze mich vor ihm im Schneidersitz auf den Boden.
"Dad? Ich weiß es von ihr."
"Wie schön."
"Sie kommt nicht wieder." Er nimmt einen Schluck aus einer Wasserflasche, deren Inhalt aber eindeutig nicht nach Wasser aussieht.
"Nein, kommt sie nicht. Kann mir nur Recht sein."
"Hör auf zu lügen. Wenn du sie nicht vermissen würdest, säßest du nicht hier und würdest dich betrinken."
"Komisch, ne? Sie war nie da und trotzdem fehlt was." Ich stehe auf und nehme ihn in den Arm. Er lässt es zu und eine Hand legt er sogar auf meinen Rücken.
"Es tut mir leid, Cathrina", sagt er leise und nimmt seine Hand weg.
"Schon gut." Ich löse mich ebenfalls und gehe ins Bad. Solche Momente zwischen mir und meinem Vater sind selten, aber ich bin froh, dass sie noch existieren. Ich wasche mich und schalte dann mein Handy ein. 56 Nachrichten, 30 verpasste Anrufe. Die Hälfte davon von Jeremy. Die andere von Lucy. Ihre lösche ich, Jeremy rufe ich zurück. Sein Handy ist aus und ich bin sogar etwas erleichtert. Ich spreche aufs Band.
"Hey, hier ist Cat. Ich wollte mich entschuldigen. Sich zwei Tage nicht zu melden ist echt das letzte, tut mir leid. Mir geht es wieder besser und wenn du willst, können wir uns am Wochenende treffen. Bis dann."
*****
Am Mittwoch bin ich nachmittags wieder im Tierheim. Diesmal bin ich nicht allein, die Tochter von Tanja ist ebenfalls dort. Sie heißt Lilly und scheint echt nett zu sein. Wir unterhalten uns und sie hilft mir ein bisschen. Sie ist ein Jahr älter und macht bald ihren Abschluss.
Auf dem Rückweg schiebe ich mein Fahrrad nur. Ohne darauf geachtet zu haben, habe ich einen Umweg genommen und bin nun fast an der Bushaltestelle. Ich weiß nicht ob ich gehofft habe ihn dort zu treffen, aber mein Herz macht bei seinem Anblick einen Satz. Er sieht mich, sagt aber nichts. Ich sage auch nichts, bleibe jedoch stehen. Wir schweigen uns an und seine dunklen Augen suchen in meinem Gesicht nach...irgendwas. Schließlich schiebe ich mein Rad weiter.
"Ist das dein Ernst?" Ich bleibe wieder stehen, drehe mich aber nicht um.
"Was?"
"Du gehst weiter ohne was zu sagen?"
"Was soll ich denn sagen?"
"Zum Beispiel was am Montag los war."
"Nichts, was soll los gewesen sein? Und außerdem geht es dich nichts an!"
"Du hast geweint und ich habe dich getröstet aber es geht mich natürlich nichts an." Er sieht wütend aus.
"Es kann dir egal sein. Du hättest mich am Montag nicht trösten müssen."
"Ach, jetzt bin ich Schuld?!"
"Nein. Doch. Man, du nervst!"
"Und du erst." Ryder funkelt mich an.
"Warum stehst du dann noch hier und gibst dich mit mir ab?" Er atmet geräuschvoll aus.
"Cat, ich will dich nicht ausspionieren oder sonst was. Ich mache mir nur...Sorgen. Vertrau mir doch einmal." Ich bin sprachlos. Wie kann er so...so gefühlvoll sein? Wo ist das arrogante Arschloch hin? Jedenfalls hat er es geschafft mich mit seiner Aussage, durcheinander zu bringen. Ich öffen den Mund und er sieht mich erwartungsvoll an.
"Du würdest es nicht verstehen", sage ich schließlich.
"Ich kann sehr wohl nachvollziehen, wie es ist, wenn die Eltern sich getrennt haben."
"Du weißt es schon? Von Em oder was? Wieso fragst du mich dann?"
"Weil ich es von dir hören will."
"Wieso? Was ergibt das für einen Sinn?!" Er seufzt. "Und überhaupt: Ich dachte Badboys haben keine Gefühle? Was soll also die: Ich-mache-mir-Sorgen-Nummer?"
"Wie kommst du darauf, dass ich ein Badboy bin?"
"Du verhälst dich so."
"Aber gibt es da nicht dieses Klischee? Er ist der Badboy und dann kommt dieses eine Mädchen und verändert ihn?"
"Das hier ist aber keine Geschichte, du bist nicht der Badboy und ich bin irgendein Mädchen."
"Du bist nicht irgendein Mädchen."
"Das war auch symbolisch gemeint und jetzt hör auf mir Honig ums Maul zu schmieren. Wir wissen beide, dass du dich niemals für mich entscheiden würdest."
"Wissen wir das? Ich weiß es nicht." Er legt den Kopf schief und sieht mich aus seinen dunklen Augen an. Kurz verliere ich den Faden, weil seine Augen mich so in den Bann ziehen. Okay, stopp!
"Doch wir wissen es. Du würdest mich abservieren, wie die anderen."
"Du willst also, dass ich Emily abserviere?"
"Nein! Man kann sie nicht abservieren, weil sie perfekt ist, verstehst du? Mit ihr hat man den Hauptgewinn gezogen."
"Nein, ich verstehe nicht." Ich stöhne auf und schließe die Augen.
"Cat, was ist los?"
"Die Frage hast du schonmal gestellt! Du wiederholst dich."
"Ich müsste mich nicht wiederholen, wenn du antworten würdest. Ehrlich antworten würdest. Wieso willst du nicht reden?"


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