Kapitel 31

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Ich betrat das Haus, wo ich aufwuchs. Wo mich meine Eltern groß gezogen haben.

Wütend schnaubte ich auf. Dieser Mann hat mein Leben zerstört, mein Leben.

"Ramazan", schrie ich den Vornamen meines Vaters laut und respektlos. Er hat es nicht verdient 'Vater' genannt zu werden.

Als ich keine Antwort bekam, schmiss ich wütend den Schlüssel und das Handy meine Mutter auf den Sofa. Anschließend lief in jedes Zimmer, um zu schauen wo er steckte. Ich schlug die Türen unvorsichtig auf, doch in keinen dieser Räume befand sich den Mann, den ich verabscheute.

Diese ganze Wut - die seitdem ich zwangverheiratet wurde in mir hatte - staute sich in mir. Diese Wut vor fast zwei und halb Jahren, die merke ich erst jetzt. Wütend atmete ich ein und aus, bis ich mich beruhigte. Tief einatmen - und ausatmen.

Ich lief hoch in mein altes Zimmer und durch wühlte alle Schränke, ich hatte das Verlangen dannach etwas zu finden, was sinnvoll erscheint.

Ich fand nichts in mein Zimmer, außer Bilder und Hefte. Viele Arbeitsblätter eines davon stammte vom Werte und Normen Unterricht aus der zehnten Klasse. Ich nahm das alte Blatt Papier in die Hand. Ich erinnerte mich genau an alles.

Leise las ich die Aufgabe vor 'Schreibe einen Trostbrief an Anna'. Im Text über dieser Aufgabenstellung ging es um Anna, die ihre Oma verlor.

Rückblende

"Schreibt bitte bisschen ausführlich, geht tiefer in euren Herzen rein. Wie würdet ihr Anna trösten, fang an zu schreiben", ertönte die nervige Stimme meiner Lehrerin.

Das alles interessierte mich doch garnicht, lachend schaute ich zu den anderen, die hinten saßen. Ich sitze ganz vorne mit meiner besten Freundin Lavin.

"Sie erwartet soviel alter", sagte ich sauer und lachte anschließend. "Schreibe einfach irgendetwas hin".

Mit glasigen Auge schaute sie lächelnd zu mir und sofort spürte ich die Reue.

Sie hat sowas bestimmt schon durch gemacht.

Ich fing letztendlich an zu schreiben. Als alle fertig waren fragte die Lehrerin, wer seins vorlesen will. Einige lasen ihre Texte vor.

"Einer von der Mädchenreihe?", fragte meine Lehrerin. Niemand meldete sich also meldete ich mich.

"Liebe Anna, ich weiß es tut weh das du deine Oma verloren hast. Du trauerst und bist traurig, aber das ist okey. Ich glaube an das Leben nachdem Tod und deswegen sage ich jetzt: Es geschieht alles nur aus einen Grund. Du denkst sie lebt nicht mehr, doch es stimmt nicht. Sie lebt gerade oben - im Paradis - und hat es besser als wir, vertrau mir. Sie lebt ohne diese Schmerzen und Trauer, sie lebt glücklich. Ich hoffe du wirst dir meine Worte immer merken können, und dir geht es in diesen Phasen, wo du trauerst, besser. Du vermisst sie oder? Sie vermisst dich auch, und sie wartet im Paradis auf dich und die anderen. Eines kann ich dir noch sagen Anna: Lebe, lebe jetzt, deine Oma hat hier gelebt und lebt im Paradis immernoch und sorgenlos. Verliere keine Zeit, das Leben auf der Erde ist kurz. Und denke daran, das immer alles was passiert aus einem Grund passiert", beendete ich meine kleine Rede.

Ich guckte zu Lavin, da ich an sie denken musste. Sie schaute zu ihr Arbeitsblatt und hielt ihre Handfläche vor ihren Mund. Ein Blick auf ihr Blatt zeigte, dass sich Tränen darauf befanden.

Gülcan & Can - Wird das lange halten?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt