Kapitel 34

6.5K 211 28
                                    



"Gülcan", flüsterte Yaren. "Tisch Nummer drei, los", forderte sie mich auf.

Erst jetzt schaute ich verwirrt zu ihr. "Unser Chef beobachtet dich und du weißt er wird dich feuern, wenn es so weiter geht", erklärte sie flüsternd und ich nahm mir zwei Karten in die Hand.

Ich nickte dankend und ging zu Tisch Nummer drei.

"Hallo", grüßte ich die zwei junge Männer lächelnd und gab ihnen jeweils eine Speisekarte.

"Wollen sie schon mal was zum Trinken bestellen?", fragte ich höfflich.

"Zwei mal Cola bitte", antwortete der blauäugige Mann und ich nickte, ich notierte es mir und ging wieder hinter die Theke.

"Zwei Cola's Yaren", rief ich ihr zu, da sie heute für die Getränke zuständig war.

Sie füllte zwei Gläser und gab sie mir, die ich den Männern brachte.

Sie sagten mir, was sie zum Essen wollen und ich notierte es mir ebenso. Erneut ging ich zurück, diesmal bis zur Küche und rief: "Mehmet Amca, zwei mal Gericht Nummer Acht", während ich mein Zettel auf den Tisch legte.

"Tamam", erwiederte er lächelnd, beim Lächeln entstanden Falten in sein Gesicht. Er war pumelig und hatte schon graue Haare. Seine Braunen Augen, die wunderschön waren, konnte man nicht übersehen. Yaren war seine Tochter und diese zierliche wunderschöne Person hatte genau solche schöne braune Augen.

Ich verstand mich sehr gut mit ihnen und glaube, dass Mehmet Amca mich als Tochter sieht, denn er behandelt mich wie eine Tochter. Eben so hat Yaren ein drei jährigen zuckersüßen Bruder Murat und eine zwei Jahre ältere Schwester - Vierundzwanzig-, die Esra hieß.

"Gülcan", rief mich Mehmet Amca. "Bestellung", sagte er knapp. Ich ging hin und nahm die zwei gefüllten Teller in die Hand und lief zum Tisch der jungen Männern.

"Bitteschön", lächelte ich gezwungen. "Braucht ihr noch was?", fragte ich benommen.

Sie schüttelten ihren Kopf.

---

"Feierabend, endlich", seufzte meine Mitarbeiterin, Yaren.

"Ich auch", sagte ich froh darüber, dass ich kein Nachtschicht habe. Dieser Laden hat 24 Stunden offen. Abends ist es eine Bar und tagsüber ist es ein Restaurant, was sehr viel Arbeit ist.

"Kommst du zu uns?", fragte sie mich freundlich. Ich schüttelte mein Kopf: "Nein, Danke. Ich gehe Nachhause".

Sie nickte lächelnd. Wir gingen zusammen in die Gaderobe und holten unsere Klamotten aus unser Schließfach. Ich ging schnell in eine der fünf Kabinen und zog mir meine Arbeitsklamotten aus, anschließend zog ich mir meine normale Klamotten an, was aus ein schwarzen Hoodie und eine schwarze Hose bestand.

Ich ging wieder an mein Schließfach und tat meine Arbeitsklamotten ins Fach, nahm mir meine dicke Winterjacke und schloss mein Schließfach.

"Oh Nein, die süße Gülcan arbeitet heute nicht mit mir?", sagte Sadik provorzierend. Ich verdrehte meine Augen, warum muss ich ihn begegnen?

Wütend schaute ich hoch. "Lass mich verdammt", fauchte ich ihn an.

Bevor ich was erwidern konnte, wurde ich von Yaren am Arm gezogen. "Sadik es ist langsam gut", sagte Yaren genervt.

Er grinste nur blöd.

Wie kannst du mit sowas befreundet sein?", fragte ich immernoch ungläubig, als wir auf dem Parkplatz waren.

"Er ist eigentlich nicht so", sagte sie lachend.

"Das Glück ist immer auf meiner Seite", murmelte ich sarkastisch.

"Was?", fragte sie. "Nichts", erwiderte ich.

"Bis morgen", winkte ich ihr, als ich die Tür von mein Auto öffnete. "Bis morgen", sagte sie und wir stiegen in unseren Autos.

Nach zwanzig Minuten kam ich vor das orangene Hochhaus an. Ich schloss unten die Tür auf und betrat müde das Treppenhaus. Langsam und schlapp lief ich die Treppen hoch, hier brauchte ich meine glückliche Maske nicht aufsetzen.

Im fünften Stock angekommen lief ich zu meiner Wohnungstür und schloss diese ebenso auf.

Müde vom Leben betrat ich meine immernoch leere Wohnung. Ich wohne seit circa drei Wochen hier, dennoch habe ich keine Möbel gekauft, denn außer ein Schlafsofa lag nichts im Zimmer.

Müde entkleidete ich mich im Bad und stand nurnoch in Unterwäsche vor den großen Spiegel, den mir Yaren geschenkt hatte. Mein abgemagerter Körper, was grauenvoll aussah, meine Haare, die gepflegt waren und mein Gesicht, was mit Concealer menschlich aussah konnte ich nicht mehr ertragen.

Ich konnte mich nicht mehr ertragen.

Klar, ich hasse Concealer, doch ich habe mich in den fast zwei Monaten daran gewöhnt.

Ich musterte mein Gesicht im Spiegel und sah wie meine Augen ihren Glanz verloren haben und somit nicht mehr die gewisse Schönheit in sich hatten. Meine mittlerweile schwarzen Haare waren geglättet und fielen mir über die Schulter.

Ich nahm mir ein Abschminktuch und entfernte das ganze Concealer von meinen Gesicht. Anschließend entfernte ich - so gut wie es ging - mein Eyeliner und Wimperntuche aus meinen Gesicht.

Man sah die dunkelen Schatten unter meine Augen. Ich zog mir noch meine Unterwäsche aus und duschte. Ich drehte das Wasser auf kalt, was ich damals nie konnte.

Als ich angezogen und mit geföhnten Haaren aus dem Bad ging, lief ich direkt ins Zimmer und legte mich auf mein grauen Schlafsofa, nachdem ich ihn aufgeklappt habe.

Ich dachte daran, was meine Schwester gerade tat, ob sie wieder in Deutschland ist, was Can gerade tat, was Ömer tat, wie es meiner Tochter ging, was Roya tat, was mein Vater tat und ob es ihnen gut ging ohne mich.

Ich malte mir aus, wie sie bedingungslos glücklich waren, dass ohne mich alles besser ist und nach langer Zeit fiel ich in ein festen Schlaf.

Natürlich habe ich auch daran gedacht, dass Can und Roya jetzt official zusammen sind oder nicht. Ob er sie begehrt und liebt, ob sie Can's wahre Liebe ist.

Kurz schloss ich meine Augen und stellte mir Can mit meiner besten Freundin vor, wie sie sich verliebt anschauten und ihre Hände hielten.

Es verletzte mich, denn verdammt, ich liebe ihn.

Gülcan & Can - Wird das lange halten?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt