Kapitel 28

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"Was genau ist los mit dir? Ihr küsst euch, du hyperventilierst beinahe und dann stellt sich heraus, dass er eine Freundin hat u-u-u-u-u-und du?! Du tust so als wäre alles ok, und ich WEIß doch dass nicht alles ok ist.Wieso willst du dir dass nicht eingestehen?!" Vielleicht weil die Wahrheit zu sehr weh tut? "Wieso soll ich mir was eingetehen? Es ist nicht wahr." Laura überdrehte die Augen und wandte sich von mir ab. Gut, was mach' ich jetzt?

Ich stand etwas hilflos in der Klasse und spürte dass mich jemand anstarrte. Ich blickte mich um und mein Blick fiel auf Tristan, der an seinem Platz neben meinem saß und immer wieder kurz zu mir sah. Ich musste schlucken, wenn er mich jetzt so ansah, wie würde ich den Tag durchstehen???

Die Antwort war simpel: Grab dich ein. Grab dich ein mit Schulsachen die du tun musst, mit Dingen die du lernen musst und setze dein Erwartungen so hoch, dass du sie nur erreichen kannst wenn du einzig und allein dich auf die Schule konzentrierst. Naja, auf die Schule und auf deine zwei Nebenjobs und auf deine Familie, aber ja nicht auf dein eigenes, realistisch gesehen nicht vorhandenes Liebesleben. Anders geht es nicht. Und genau das tat ich.

Am Nachmittag fuhr ich dann mit dem Moped ins Restaurant und arbeitete mir den Arsch ab. So verging die Woche. Glücklicher Weise waren die Morgans wieder aus dem Urlaub aufgetaucht und so hatte ich wie immer 6 Tage die Woche Arbeit. Ich hielt Tristans Blicke in der Schule nicht aus, weshalb ich immer erst fünf Minuten nach dem Läuten die Klasse betrat (und somit ein paar Minuten, bevor der Lehrer anmarschierte) und mit dem Läuten nach der sechsten Stunde abhaute. Es war zwar stressig, sich immer genau in der richtigen Minute auf den Weg zumachen, doch das war es wert.

Die Woche verging. Und auch die nächste. An einem meiner freien Tage ging ich ins Krankenhaus und ließ mich von Dr. Caves zumüllen, dass ich in eine Selbsthilfegruppe gehen sollte, dass ich der Chemotherapie eine Chance geben sollte, bla bla bla. 1. Ich habe weder Zeit um eine Selbsthilfegruppe zu besuchen noch die Nerven um mir 100 traurige Geschichten anhören zu müssen um mich dann schlecht zu fühlen, weil ich mich schlecht fühlte. 2. Eine Chemotherapie könnte mir höchstens sieben Tage geben. Sieben Tage voller Haarausfall, Übelkeit und Erschöpfungszustände. Da genoss ich lieber die  restlichen 2 Monate anstatt sie so zu verbringen, dass ich mich schon auf den Tod freute.3. Its es nicht gerade unauffällig wenn einem die Haareausfallen und ich möchte nicht, dass meine Familie oder meine Freunde sich unnütz Sorgen machen. Immerhin können sie es sowieso nicht ändern.

Am Donnerstag dieser Woche rauschte ich mal wieder mit dem Klingeln der Schulglocke aus der Klasse. Es war ein schöner Herbsttag und ich freute mich schon darauf heute zu Fuß zur Arbeit zu gehen. Als ich gerade die Straße überquert hatte atmete ich tief ein. Auf einmal griff jemand nach meinem Handgelenk und wirbelte mich herum. "Jenny", er hauchte es nur, ganz so als wäre es unmöglich. Dann fiel sein Blick auf seine Hand die sich um meine geschlossen hatte und starrte sie fassungslos an. Ich wollte nicht mit ihm reden, ich wollte, dass er ging. Er sollte gehen und jemanden suchen der gut genug für ihn war. Er sollte doch einfach nur glücklich werden. Im ersten Moment brachte ich es nicht übers Herz ihn weg zu schicken, doch dann spuckte ich "Hau ab, Tristan! Ich will dich nicht sehen!" Ich entriss ihm meine Hand, fuhr herum und lief weiter. "Nein." Seine feste Antwort überrumpelte mich. Ich verfiel in eine Art Schockstarre und blieb stehen. Tristan holte die letzten paar Schritte die uns trennten auf mich zu und griff mit seinen Händen in mein Haar.

Als ich begriff was geschah, war es bereits zu spät.




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