Kapitel 37

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Wir wurden zu einem Einzelkrankenzimmer geführt und "einquartiert" Tristan zwang mich gleich dazu, mich hinzu legen "Du hast dich vorhin übergeben, leg' dich hin. Widerstand ist zwecklos!" Ich knurrte zur Antwort nur "Als ob mir das nicht so schon peinlich genug war, du musst es mir nicht auch noch unter die Nase reiben..." Tristan seufzte und sah mich gespielt angeekelt an "Das war ja so was von überhaupt total widerlich!!!", doch diese Gesicht hielt er nicht lange durch und begann zu lachen. Ich beobachtete ihn dabei. Er war wunderschön. Womit hatte ich ihn verdient? War ich früher einmal eine Heilige? Hatte ich Blinde geheilt?

Tristan verging das LAchen wieder, als er meinen Blick erwiederte. "Du musst deine Mutter anrufen, Jenny." Das war wahr, ich drückte mich schon seit eineinhalb Monaten darum es ihr zu sagen. "Morgen mache ich das noch." "Nein, Jenny. Nicht morgen. Sie ist deine Mutter sie hat ein Recht darauf so viel Zeit wie möglich mit dir zu verbringen, bevor du-...bevor du operiert wirst." Ich musste schlucken, er hatte recht. Zwar hatte er es nicht ausgesprochen, aber meine Mutter hatte ein Recht darauf die restliche Zeit meines verbliebenen Lebens mit mir zu verbringen. Wenn ich Mutter wäre, würde ich... In diesem Moment traf es mich wie ein Schlag, dass ich niemals eine Mutter sein würde. Ich würde  niemals heiraten. Niemals auf einer Elite-Uni studieren. Ich würde niemals Journalistin werden, oder Schauspielerin oder sonst etwas. Ich würde niemals mit Tristan auf Urlaub fahren. Ich würde niemals irgendetwas komplett dämliches tun. Ich hatte keine Zukunft. Alles was mir blieb waren die nächsten 17 Stunden...

Ich verschob den Gedanken auf später, ohne zu Wissen, dass es kein später geben würde und wandte mich wieder Tristan zu, der mich bereits besorgt musterte und antwortete mit heißerer Stimme "Wo ist mein Handy?"

Als meine Mutter eine halbe Stunde später zusammen mit meinem kleinen Bruder zur Krankenhauszimmertür hereinschneite, fiel sie mir sofort um den Hals "Was ist denn los?! Wieso bist du im Krankenhaus, Jenny?" Ich atmete tief durch und sah hilfesuchend zu Tristan, der sofort meine Hand ergriff und darüber strich. Meine Mutter allerding interpretierte diese Geste falsch und begann zu kreischen "Du bist doch nicht schwanger, oder?! Ich schwöre dir Jenny wenn du so dumm warst dich von ihm schwängern zu lassen, dann-" "Sag es nicht, Mama, sonst bereust du es gelich!", lachten Justin und ich. WIr wussten, dass meine Mutter öfter zu schnelle Schlüsse zog und zu schnell DInge sagte, die sie nicht meinte. "Aber keine Sorge, Mama. Ich bin nicht schwanger. So schlimm ist es auch nicht", Tristan warf mir einen warnenden Blick zu, doch ich fuhr unbeirrt fort "Ich hab' mir nur den Knöchel verdreht." Tristan sah mich wütend an, während meine Mutter schnaufte "Und deswegen kommst du eine Nacht ins Krankenhaus?" Tristan stieß mir seinen Ellbogen in die Rippen und nickte mir zu "Naja, gut ich hab' mir den Knöchel nicht verdreht, ich ... bin die Treppe hinunter gefallen" Meine Mutter zog überrascht die Luft ein, doch Tristan warf mir seinen "Sag es ihr, sonst mache ich es!" - Blick zu. "Na gut, Mama. Die Wahrheit ist, dass ich einen Gehirntumor habe, der morgen herausoperiert wird." Meine Mutter riss die Augen weit auf, brachte aber keinen Ton heraus.

Währenddessen zog mein Bruder sich auf mein Bett "Heißt das die machen dir dein Gehirn auf?"  Ich musste lachen "Ja und dann holt der Arzt ein großen Schwabbel heraus und macht da oben wieder zu." Das Wort Schwabbel erweckte meine Mutter wieder zum Leben "Jenny, das ist kein Spaß. Mach darüber keine Witze!" Ich wollte, widersprechen, doch da kam mir der Gedanke Was wenn ich Mutter wäre... wieder und ich schluckte es runter. Meine Mutter und mein Bruder blieben bis neun Uhr. Justin, Tristan und ich spielten UNO auf dem Tisch, der an meinem Bett befestigt war. Meine Mutter saß neben uns und starrte aus dem Fenster. Hin und wieder flüsterte sie das Wort Tumor vor sich hin. Kurz bevor sie dann mit Justin nach Hause ging, verschwand sie noch einmal für 15 Minuten vor der Krankenhauszimmertür. Was sie tat war mir unklar, doch vielleicht brauchte sie auch einfach einen Kaffee.

"Du solltest auch schlafen", ich merkte wie mitgenommen Tristan war, also nickte ich einfach nur zustimmend. Er schaltete das Licht ab und setzte sich dann in den Stuhl neben mein Bett. Ich wollte, dass er sich zu mir legte, doch ich blieb stumm und starrte ins Schwarze.

Ich hatte also keine Zukunft mehr? Ich hatte keine Zukunft mehr, aber ich zerstörte Tristans Zukunft um eine minimale Chance zu haben. Es zerstörte mich innerlich, dass ich nie das Leben führen würde, dass ich führen wollte. Berühm werden, Prinzessin sein, ins All reisen, die Welt sehen, alles machen und zu gleich nichts machen...Der Grund aus dem ich die war die ich war, war dass ich schon immer eine Träumerin gewesen war, doch nun , da die einzige meiner Eigenschaften weg war, von denen ich überzeugt gewesen war, dass sie immer auf mich zu treffen würde, wusste ich nicht mehr wer ich war. Oder wohin ich gehörte. In dem Moment, in dem all meine Träume in mir zerbrachen, zerbrach auch ich. Und obwohl ich hörte wie Tristan mittlerweile schnarchend halb auf meinem Bett lag, hatte ich mich noch nie zuvor so einsam gefühlt. Mein Herz raste, und das Atmen viel mir so schwer, dass ich drohte zu ersticken.

Panik stieg in mir auf, ich wollte Tristan wecken, doch meine Hand, die nach ihm griff, wurde schlaff und ich ertrank in der Dunkelheit.

Lead Me Out Of The DarkWo Geschichten leben. Entdecke jetzt