~Kapitel 5~

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Am nächsten Morgen wurde Luna unsanft geweckt. Alec war in ihr Zimmer gestürmt und zerrte wie im Wahn an ihrem Bettlaken, schleuderte dieses schließlich mit ihr darauf von der Matratze und sie fiel lauthals zu Boden. Von der Anstrengung lief sein Gesicht rot an, oder war es etwas anderes? Luna rieb sich den schmerzenden Hintern und schaute verdutzt zu ihrem neuen Vormund hinauf, der ihr nun einen Umschlag zuwarf.

„Es gibt Arbeit für uns", grummelte er zwischen zusammengepressten Lippen.

„Wie meist du das ... es gibt Arbeit für uns?", hakte sie nach.

„Na so wie ich es gesagt habe. Für dich und mich."

„Aber ich bin doch noch in der Ausbildung und du findest mich zusätzlich nicht gerade geschaffen für einen Jäger", Luna überlegte einen Moment. „Warte kurz. Ich dachte, du dürftest keine Aufträge mehr annehmen."

„Wer hat dir denn den Schwachsinn erzählt."

„Mein Vater. Weil sie dich auch irgendwie verbannt haben."

„Ja, aber für die unangenehmen Aufträge bin ich ihnen gerade noch gut genug. Und vergiss nicht, dass du jetzt auch irgendwie verbannt wurdest."

Die Ironie in seiner Stimme konnte Luna gar nicht überhören, selbst wenn sie taub gewesen wäre, hätte sie es mitbekommen. Na schön, sie hatte ihn anscheinend gekränkt, aber für einen erwachsenen Mann verhielt er sich doch ziemlich kindisch.

„Und was bedeutet das nun?", fragte sie ruhiger. „Wer hat diesen Auftrag überhaupt zu dir gebracht und das Ganze veranlasst?"

„Julianus natürlich, wer auch sonst. Keine Ahnung, was dieser Mann im Schilde führt, doch um ehrlich zu sein, sieht das für mich wie ein Himmelfahrtskommando aus. Dass er mich gerne los wäre, weiß ich seit Jahren, aber bei dir hätte er sich die Mühe sparen können."

Alec hatte recht, dieser Auftrag ergab keinen Sinn. Wenn Julianus Luna verschwinden lassen wollte, hätte er vor zwei Tagen die perfekte Gelegenheit dazu gehabt. Also warum sollte er sie erst um jeden Preis in Carcerem behalten, nur um sie danach auf eine gefährliche und wahrscheinlich für sie tödliche Mission zu schicken?

„Nichtsdestotrotz müssen wir den Job wohl oder übel annehmen", Alec richtete sich auf und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. „Was soll schon groß passieren? Das Leben hat für jeden ein Ende. Warum nicht heute?"

Luna war feinfühlig genug, dass sie durch Alecs scherzende Fassade hindurch blicken konnte. Er hatte beinahe genauso viel Angst, wie sie, was ihr nicht wirklich half. Allerdings erkannte sie auch etwas in ihm, das sich auf diese Gefahr freute. Innerlich fluchte sie und wäre nur zu gerne sofort zu Julianus gestürzt, um ihm nach dem Sinn hinter dieser Aktion zu fragen, aber er würde sie sicherlich wegschicken.

„Wir haben noch ein bisschen Zeit, bevor unser Auftraggeber in Not kommt. Zu dem Dorf, wo sich unsere Beute herumtreibt, ist es nicht weit, da können wir den uns verbleibenden Tag noch nutzen."

Alec sammelte den Umschlag auf und drehte ihn nervös in seinen Händen herum, als würde sich dadurch dessen Inhalt ändern. Er knirschte schon seit einer Weile mit den Zähnen und nun vermutete Luna, dass er dies immer tat, wenn er nachdachte.

„Kannst du dich nicht zumindest in solchen Momenten klar und deutlich ausdrücken?", bemängelte Luna, die seinen Unterton bemerkt hatte und erntete ein müdes Seufzen von Alec.

„Natürlich kann ich das, meine Dame", er versuchte sich zu verbeugen, doch sein Rücken wollte nicht so wie er. „Du bist doch mit den Kindern dieses Sklaventreibers befreundet, oder?"

„Du meinst Natalis und Laurentia?"

„Ja, genau. Geh zu ihnen und erkundige dich, ob sie etwas wissen. Der Junge wird immerhin Julianus Nachfolger werden, da wird sein Vater ja wohl mal ein paar Details mit ihm teilen."

DaemoniumWo Geschichten leben. Entdecke jetzt