Alec riss die Haustür auf, auf die seit einigen Minuten die Fäuste der Jäger eingeschlagen haben. Knurrend baute er sich vor dem Erstbesten auf, welcher überrascht auswich und mit dem Mann hinter sich zusammenstieß.
„Was soll dieser Krawall?", erkundigte Alec sich wütend. „Habt ihr mal auf die Uhr geschaut?"
Aus der Masse trat Julianus, der seine Emotionen sehr gut zu unterdrücken schien. Er schob seine Leute bei Seite und drängte sich an Alec vorbei ins Zimmer. Einen Moment lang ließ er seinen Blick über das Mobiliar schweifen, nur um den ergrauten und humpelnden Mann dann am Kragen in die Höhe zu reißen.
„Was zur-."
„Ich habe keine Geduld, Alec. Worüber du dich auch immer aufregen willst, tu es, wenn wir weg sind, aber jetzt werden wir unseren Aufgaben nachkommen", er wand sich den Dämonenjägern zu. „Kommt rein und sucht ihn. Irgendwo in diesem Gebiet muss er sich verstecken."
Die Männer stürmten so eilig in die kleine Hütte, dass man sich in dieser innerhalb von Sekunden nicht mehr bewegen konnte. Während das Oberhaupt der Dämonenjäger Alec unsanft zu Boden ließ, rückten die Männer jedes Möbelstück von der Wand und richteten in wenigen Minuten ein enormes Chaos im Wohnbereich an. Der Alte wollte sich beschweren, aber Julianus schnitt ihm ein weiteres Mal das Wort ab.
„Durchsucht die Schlafzimmer!", befahl dieser schroff.
Wie ein Sturm brachen die Jäger in die Zimmer. Die abgeschlossene Tür Lunas donnerte auf den Boden und vibrierte nach, doch der Raum lag in Stille und Dunkelheit. Lediglich durch das Fenster schien das Mondlicht herein und tauchte den monotonen Boden in ein weißes Lichterspiel. Ein unschlüssiges Raunen ging durch die Reihen, aber das Mädchen und der Dämon waren verschwunden. Nirgends waren Spuren zu sehen und draußen standen weitere Wachen, die eine Flucht bemerkt hätten.
Aus dem Deckenfenster des Badezimmers kletternd gelangte Luna auf das Dach der kleinen Hütte. Jeden Schritt setzte sie bedacht. Einmal, um keinen Lärm zu verursachen, aber auch, um nicht durch das knorrige Dach zu brechen. Der kleine Fuchs klammerte sich an ihrer Schulter fest, wurde beinahe komplett von ihren langen Haaren verdeckt. Ein lautes Krachen erschreckte die Beiden. Irgendetwas im Haus schien zu Bruch gegangen zu sein, aber das sollte sie nun nicht mehr aufhalten. Von der erhöhten Position konnte sie nicht nur die Jäger ausmachen, sondern auch unbemerkt auf einen riesigen Baum springen, dessen Äste an manchen Stellen über die Hütte ragten. Sie hangelte sich geschickt durch das Blattwerk, wurde von der Dunkelheit und dem endlosen Grün verschluckt. Erst in der Nähe des Flusses spuckte der Wald sie wieder aus.
Luna hatte innerlich gehofft, hier auf ihn zu treffen, doch Noah nun leibhaftig vor sich zu sehen, wirkte so surreal auf sie. Außerdem schien er in schlechter Verfassung, obwohl er sich vor ein paar Stunden noch mit Alec angelegt hatte. Seine Arme hingen schlaff an seinen Schultern und er schaute Luna nicht an. Ihre Anwesenheit nahm er jedoch ganz deutlich wahr. Sie kam ihm langsam näher, der kleine Fuchsdämon wich nicht von ihrer Seite und ließ ein schüchternes Bellen erklingen, das Noah aus seiner Versteinerung löste.
„Du siehst fertig aus", sagte Luna verhaltend. „Was hast du gemacht?"
Noah guckte sie mit einem ausdruckslosen Gesicht an. Es verängstigte das Mädchen ein wenig, denn kein einziger Muskel zuckte und auch sonst ummantelte sie die Stille urplötzlich. Sie dachte, er müsse sich etwas überlegten, das er ihr nicht sagen wollte, was er nach seinem Verschwinden gemacht hatte. Vielleicht war es ja etwas, was sie nicht einmal wissen sollte, weil er doch jemand war, dem sie nicht zu nahe kommen sollte. Jemand, der sich für etwas ausgab, was er nicht war.
„Wenn du nicht darüber reden möchtest, dann musst du es auch nicht", ergänzte sie sich.
Wieder erntete sie eigenartige Blicke, die ihr nichts zu sagen vermochten. Ihr wurde unwohl und automatisch rieb sie sich über ihren freiliegenden Unterarm, um den der Verband zur Stabilisierung gewickelt worden war. Da veränderte sich sein Blick, ein Funke Wärme mischte sich darunter, was Luna aufatmen ließ.
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Daemonium
Paranormal„Dunkelheit, Blut an meinen Händen. Das waren die ersten Dinge, die ich wahrnahm. Ein stechender Schmerz breitete sich in meinem Nacken aus. Meine Augen wollten sich nicht an die Finsternis gewöhnen. Blind tastete ich mich voran, nichts ahnend, was...