Erschrocken wich Luna zurück und zog ihre Knie an die Brust. Jemand legte eine Decke über sie, doch sie wimmerte weiter vor sich hin, erstickte beinahe an ihren eigenen Tränen. Sollte es denn wirklich so enden?
Nebenbei bekam sie aus den Gesprächen der Taktiker innerhalb des Lagers mit, dass diese ihre Angriffspläne aufgeregt verwarfen. Scheinbar erhielten sie Anweisungen des Oberhauptes, das selbst auf der Jagd war und auch des Rates, welcher sich wie immer als passiver Mitspieler verstand. Luna fühlte sich ähnlich über und nutzlos. Das Einzige, was sie bisher erfolgreich unternahm doch nur, dass sie ihren Körper überforderte und sich der Gefahr vor die Füße warf.
„Steh endlich auf", forderte Natalis.
Er lächelte sie kaum merklich an. Dann zerrte er sie vom Boden und flüsterte ihr zu, dass sein Vater ihre Hilfe bräuchte. Warum, wüsste auch er nicht, aber niemand sollte etwas davon mitbekommen. Soweit er erfahren hatte, sei sein Vater Noah dicht auf den Fersen und würde diesen bald stellen können. Trotzdem wollte er die Bändigung ausprobieren und Lunas Kräfte nutzen. Also brachte Natalis sie aus dem Lager und zur Mauer des Dorfes, welcher sie nach Norden folgen musste. Dort würde Julianus sie erwarten. Ein mulmiges Gefühl begleitete Luna dennoch den Weg über. Sie hatte nicht erwartet, dass Natalis und sein Vater so schnell einlenken würden. Vielleicht glaubten sie ja doch an ihre Fähigkeiten und wollten nicht länger all ihre Probleme mit roher Gewalt lösen. Irgendwie überzeugten sie ihre Überlegungen nicht sonderlich.
„Ich mache das sehr ungern", begann Natalis auf einmal. „Sei mir bitte nicht böse ..."
Er versetzte ihr einen Schlag in den Bauch. Funken sprangen wild umher und ihr Körper zuckte durch die elektrischen Impulse, die diesen durchfuhren. Sie fiel krampfend in sich zusammen. Ihre Augen klebten förmlich an Natalis. Er legte seine Hand über diese und so umhüllte sie die Finsternis.
Plötzlich erschütterte ein tiefes Knurren die Mauer zu ihrer Linken. Schlagartig nahm Natalis seine Hand von Lunas Augen. Sie blinzelte einige Male, bis sie etwas erkennen konnte. Ihr Herz setzte eine gefühlte Stunde aus. Ein riesiger Wolf thronte auf dem Absatz der Mauer, direkt über ihnen. Sein Fell war in ein trauriges Grau getränkt und die Male einer Bändigung pulsierten in einem mächtigen Rotton. Noah, schoss es Luna durch den Kopf. Das musste er sein, in der Gestalt des Fenrir.
Natalis stolperte ein ganzes Stück von der Mauer und dem dämonischen Wolf weg, starrte diesen mit weit aufgerissenen Augen an. Wieder ein dröhnendes Knurren, das die Erde erbeben ließ. Luna wagte nicht mal, zu atmen oder ein anderes Geräusch von sich zu geben. Nichts an diesem Wesen ähnelte Noah. Er besaß keine Eleganz, wirkte jedoch auch nicht unbeholfen. Nur sehr angsteinflößend und voller Kraft, die er nicht unter Kontrolle zu haben schien. Seine dunkle Präsenz war beeindruckend und ebenso verstörend, dass auch Natalis nicht klar denken konnte.
Die Augen des Fenriswolfes richteten sich auf Luna, die noch immer von Natalis Schlag benommen auf dem Boden lag. Sie konnte nicht fliehen, geschweige denn ihre Beine bewegen. Der Wolf fletschte die schneeweißen Reißzähne. Seine Krallen rissen tiefe Furchen in die Mauer, während er sich zum Sprung abstieß. Natalis machte erst jetzt Anstalten, ihr zur Hilfe zu kommen, jedoch landete der Dämon genau zwischen ihnen. Er wandte sich dem jungen Mann zu, der für ihn eine weitaus größere Bedrohung darstellte. Mit aufgerissenem Maul ging er auf diesen zu. Luna spannte ihre Muskeln an, doch diese waren taub und reagierten kein bisschen. Natalis hob schützend die Hände vor seinen Kopf, drehte sich um und rannte in den naheliegenden Wald. Ließ Luna schutzlos zurück. Allein mit dem Dämon.
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Daemonium
Paranormal„Dunkelheit, Blut an meinen Händen. Das waren die ersten Dinge, die ich wahrnahm. Ein stechender Schmerz breitete sich in meinem Nacken aus. Meine Augen wollten sich nicht an die Finsternis gewöhnen. Blind tastete ich mich voran, nichts ahnend, was...