~Kapitel 23~

3.1K 273 6
                                    

Luna wachte unerwartet in einem viel zu weichen Bett auf. Das erste Mal seit langem, wie ihr auffiel. Sie streckte sich, merkte die Schmerzen der letzten Tage, welche sie sich mehr oder weniger selbst zu verschulden hatte. Schlagartig schossen ihr die Bilder von Noah, der ein Dämon war und Natalis, der sie im Stich gelassen hatte, durch den Kopf. Sie sprang eilig auf, doch der Schwindel riss sie zurück auf die Matratze, wobei sie eine alte Tischlampe umriss. Der Krach ließ eine bekannte Silhouette im Türrahmen erscheinen.

„Luna, ich bin ja so froh, dass du wieder bei Bewusstsein bist", entgegnete ihr Laurentia. „Wir haben uns solche Sorgen gemacht. Vor allem, weil Alec ..."

„Wo ist er?", stammelte Luna noch immer benommen.

„Alec? Er lebt noch ... also soweit Vater es mir berichtet hat."

„Nein, ihn meine ich nicht", nachdem sie das gesagt hatte, tat es Luna schon wieder leid. Aber sie hatte etwas anderes im Sinn. „Was ist mit dem Fenriswolf?"

Laurentias besorgter Blick huschte über Lunas Körper und vermied deren Gesicht. Dann schüttelte sie einfach den Kopf und trat ins Zimmer ein, um jemand anderem Platz zu machen.

„Es war das Beste für ihn", antwortete Julianus, der seinen Arm in einer Schlinge trug. „Einen Dämon davonkommen zu lassen, hätte unser aller Ende bedeutet. Wir sind froh, dass wir dich retten konnten."

„Nein ...", brachte Luna unter Tränen hervor und sank im Bett ein.

Weinend schlug sie die Hände vor ihr Gesicht, kauerte sich zu einer Kugel zusammen und wippte auf und ab. Sie spürte, wie sich die Matratze senkte und Laurentia einen Arm um sie legen wollte, doch sie wies ihre Freundin ab. Stattdessen schlang sie die Decke um sich und legte sich ins Bett. Luna konnte nicht glauben, dass er tot war. Noah war tot und obwohl sie ihn nie wirklich gekannt hatte, schmerzte dieser Verlust sehr. Warum fühlte sie sich so miserabel? Sollte sie sich nicht eher um Natalis Verschwinden sorgen? Ihr Kopf dröhnte und sie kuschelte sich in die Kissen, versuchte zu schlafen.

Am nächsten Tag vernahm sie leise Schritte und jemand setzte sich auf die Bettkante. Dann zerrte eine Hand an der Decke, die Lunas Gesicht komplett versteckte. Ihre Augen waren verquollen und die Haut darunter von feinen, roten Linien durchzogen. Laurentia stöhnte auf und knüllte die Bettdecke am Fußende zusammen, dass Luna nun ganz ohne Schutz vor ihr lag.

„Du siehst ja grässlich aus", neckte Laurentia ihre Freundin, die lediglich den Blick abwand. „Luna, komm schon. Was willst du hören? Schade, dass das Monster, welches in unserem Dorf gewütet hat, von den Jägern getötet wurde? Das werde ich ganz sicher nicht sagen. Er hat nämlich viele verletzt, teils sogar schwer. Außerdem ist Natalis seither verschwunden. Wem geht es zurzeit wohl schlechter?"

Jetzt wimmerte Laurentia vor sich hin. Luna kannte sie gut und wusste, dass sie es vor allen anderen zurückgehalten hatte. Sie musste immer stark sein, dass forderte ihr Vater von ihr. Luna setzt sich auf und entfaltete die Decke, zog diese über den Kopf ihrer Freundin. Dankbar lehnte diese sich gegen Luna und sofort weinten sie beide. So ging es den restlichen Tag bis spät in den Abend hinein. Ein paar Mal sah Luna, wie Julianus ins Zimmer lugte, sich aber nicht hinein traute.

Als Laurentia das Haus verlassen hatte, lief Luna ins Badezimmer und stand für eineinhalb Stunden unter der warmen Brause der Dusche. Doch auch das prasselnde Wasser konnte ihre Tränen nicht zurückdrängen. Jedes Mal fühlte es sich so surreal an. Jedes Mal sprang ein kleines Stück ihres Herzens ab und hinterließ etwas Kaltes. Dadurch wurde es leichter. Das Vergessen schien es einfacher für sie zu machen. Die Tränen nahmen nach und nach einen Teil des Schmerzes mit. Sie verankerten ihn in sich und kullerten mit ihm zusammen ihr Gesicht herab und in den Abfluss der Dusche. Dort würde ihn niemand finden und Luna würde auch nicht nach ihm suchen.

DaemoniumWo Geschichten leben. Entdecke jetzt