„Luna", wiederholte er ihren Namen einige Male.
„Ja, ich bin hier."
Sie ließ von ihm ab und betrachtete die Fesseln, die seine Haut an Hand- und Fußgelenken einschnitten. Allerdings würden diese nicht das größte Problem, das es zu lösen galt, darstellen. Die Bannsprüche minderten Noahs Kräfte, was nicht unbedingt einen Nachteil bedeutete, bedachte man seinen Amoklauf durch die Stadt, aber sie hielten ihn auch hier fest. In diesem unsagbar schrecklichen Gefängnis. Die Fesseln hingegen stellten nur eine unterstützende Demütigung dar, um ihn endgültig zu unterwerfen und ruhig zu stellen.
„Wir müssen dich von hier wegschaffen", entgegnete Luna und klang verzweifelter als gewollt.
„Ich dachte, ich hätte dich getötet", erwiderte Noah. „Bei dem Kampf, als ich dich angegriffen habe. Wie konntest du das überleben?"
„Das ist jetzt unwichtig!"
„Ist es nicht. Ich bin gefährlich, Luna. Ich bin ein verdammter Dämon. Es ist nur logisch, dass man mich wegsperrt. Je weiter von dir entfernt, desto besser. Warum hast du nach mir gesucht?"
Seine goldenen Augen klärten sich und sein Blick schien auf einmal so eindringlich, dass Luna sich instinktiv von ihm zurückzog. Er antwortete mit einem verständnisvollen Lachen, das eher einem Keuchen ähnelte.
„Ich weiß es nicht genau", gab sie zu und ihr Stand festigte sich bei jedem Wort. „Aber ich weiß, dass es das Richtige ist. Das alles."
„Siehst du nicht, was ich bin?"
„Ein Dämon, ja und? Ich bin vielleicht ein Mensch, doch das macht mich nicht gerade besser bei den ganzen Sachen, die ich mittlerweile angestellt habe. Hör mir zu, mir ist es egal, wer oder was du bist, verstanden? Du bist und bleibst-."
„Ein Monster", unterbrach er sie. „Und ich werde wieder die Kontrolle verlieren. Nichts und niemand wird mich das nächste Mal aufhalten können.
Plötzlich krampfte er unnormal und ballte seine Hände zu Fäusten. Die roten Male auf seinem Körper verblassten, verschwanden gänzlich und ließen nur verbrannte Haut zurück. Augenblicklich glühten die Bannsprüche an der Wand und beeinflussten Noahs ausbrechende Kräfte, versuchten diese zu schwächen. Doch er wand sich in seinen Fesseln, schwang wie ein Fisch am Haken in den Ketten an der Decke hin und her. Die Gestalt eines Wolfes kam zum Vorschein und Lunas Gesicht versteinerte.
„Er ist tot ... Alec ist tot!", rief er mehr zu sich selbst als zu Luna. „Lauf! Lauf weg Luna!"
Aber sie dachte gar nicht daran, ihn im Stich zu lassen. Dieses Mal würde sie ihn aufhalten, er sollte nicht zu dem Monster werden, das alle in ihm sahen. Als das er sich selbst sah.
„Noah, beruhige dich, bitte."
„Alecs Male sind verschwunden! Jetzt wird mich nichts mehr zurückhalten können."
Er zerrte so stark an den Handschellen, dass seine Gelenkte zu bluten begannen und kleine Rinnsale seine Arme entlang liefen. Die Bannsprüche lösten sich, einer nach dem anderen in kleinen Rauchschwaden auf. Dann brach eine der Halterungen aus der Decke und Noahs rechte Hand war frei. Luna stürmte auf ihn zu und schlag ihre zitternden Arme um seinen Oberkörper. Seine Haut brannte, die kochte förmlich. Ihre Hände versuchten verzweifelt an ihm Halt zu finden. Tränen stiegen ihr in die Augen und liefen kurz darauf an ihren Wangen hinab.
„Noah, ich flehe dich an ... du musst nicht zu dem werden, wovor du dich selbst fürchtest. Wiederstehe diesem Drang, für mich!"
Ruckartig spannten sich seine Muskeln an. Seine rechte Hand packte Luna im Nacken. Der Druck, den er ausübte, war zermürbend und sie konnte seinen Puls wahrnehmen. Zuerst glaubte sie, er würde ihr nun das Genick brechen, aber dann löste er seinen Griff. Luna sackte in sich zusammen und starrte in sein Gesicht. Sein sanfter Blick erschauderte sie und sein freier Arm legte sich in diesem Moment um ihre Taille, wodurch er sie näher an sich ziehen konnte. Sachte küsste er ihr Haar und sein Atem streifte ihr Ohr.
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Daemonium
Paranormal„Dunkelheit, Blut an meinen Händen. Das waren die ersten Dinge, die ich wahrnahm. Ein stechender Schmerz breitete sich in meinem Nacken aus. Meine Augen wollten sich nicht an die Finsternis gewöhnen. Blind tastete ich mich voran, nichts ahnend, was...