Epilog

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„Noah!", rief Luna seine Namen erneut. Der Kampf zögerte sich schon zu lange heraus. „Hör auf mit ihm zu spielen!"

Doch der riesige weiße Wolf hörte nicht auf seine Bändigerin und riss sein Gegenüber einen Berghang hinab. Sie rollten eine Ewigkeit in die Tiefe, wurden nur durch einige Baumwurzeln, die sich durch eine Felsnischen geschlungen hatten, gestoppt. Ein lautes Knurren hallte an den steinernen Wänden wider, während Luna versuchte, sich einen Überblick vom Waldrand aus zu verschaffen.

Dieser Auftrag kam plötzlich und sie hatten ihn nicht ausschlagen können. Sie brauchten das Geld, denn ihre Reise und die Suche nach ihrem verschollenen Vater führten sie hinaus an die Küste. Dort kannten die Menschen bisher noch keine dämonischen Wesen. Seit die Beiden Carcerem für immer verlassen hatten, mussten sie sich mit kleinen Austreibungen von niederen Dämonen begnügen. Es war also zugleich ein Segen und ein Fluch, dass die Bestien der Schatten sich weiter in die menschlichen Dörfer wagten und diese bedrohten. Die Menschheit zu beschützen, das bedeutete für einen Dämonenjäger alles, aber Luna schien eine Ausnahme zu bilden.

Gerüchte über die Stadt der Dämonenjäger tauchten immer wieder auf. Die Menschen redeten, aber das taten sie immer und wie viel Wahrheit in ihren Worten steckte, konnte auch Luna nur erahnen. Irgendwann - obgleich dieser Zeitraum ungenau und weitläufig war - würde sie von ihren Freunden, Bekannten und auch den Bürgern Carcerems etwas erfahren. Ob sie überlebt oder gefallen waren und vielleicht auch Hinweise zu Natalis.

„Aureus!", der kleine Fuchsdämon kam aus dem Gebüsch und kletterte an Lunas Seite hinauf auf ihre Schulter. Wie ein Schal legte er sich um ihren Hals. „Umbra", wies sie ihn an und sogleich erschien ein hellblauer Schutzkreis um die junge Frau.

Als sie den weißen Wolf erreichte, klaffte eine große Wunde in seiner Flanke. Sie musterte ihn kurz und stellte sich dann zwischen ihn und den anderen Dämon. Ein säuerlicher Geruch und der Gestank von Schwefel stiegen ihr in die Nase. Hier ein Feuer zu entzünden, würde in einer Explosion enden. Deshalb nutze Noah seine Flammen nicht.

Während gelbliche Rauchschwaden auf sie einschossen, wehrte der Schutzschild des Fuchsdämons diese giftigen Angriffe ab und Luna konzentrierte sich darauf, Lumen, die Kraft des Lichtes, in ihren Handflächen zu sammeln. Der Lichtblitz traf sein Ziel und der Dämon knickte an den Vorderläufen ein. Noah preschte an der jungen Frau vorbei und beendete den Kampf mit einem Biss in den Nacken der Bestie.

Vorsichtig näherte sie sich dem Wolf, der blutend wenige Meter vor ihr über der erlegten Beute kauerte. Sie krallte sich in sein Fell und überprüfte automatisch die Male, welche die Bändigung und damit ihre Verbindung ausmachten. Auf einmal verwandelte er sich in seine menschliche Gestalt zurück.

„Dieses verdammte Vieh", stöhnte er und hielt eine Hand auf die Verletzung. Blut quoll zwischen seinen Fingern hervor. „Tut mir leid, dass ich so unvorsichtig war. Es ist nur ... wir müssen und beeilen, wenn wir-."

Luna schlang ihre Arme um ihn. Sie zitterte und ihre Kraftreserven schienen verbraucht. Überrascht verstummte er und erwiderte die Umarmung. Aureus setzte sich abseits auf einen hervorstehenden Fels und winselte leise.

„Deshalb musst du dich nicht in eine solche Gefahr bringen", warf sie ihm vor. „Mit so einer Wunde kommen wir auch nicht schneller voran."

Noah schaute sie betrübt an und gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Stirn. Mit roten Wangen presste sie ihr Gesicht an seine Brust.

„Als Dämon heilen meine Wunden rasch", nuschelte er in ihr Haar.

Noch viele Kilometer würden vor ihnen liegen. Von den wandernden Händlern erfuhren sie von Problemen oder den Angriffen auf Menschen, denen sie für eine Unterkunft und einen kleinen Lohn nachkommen konnten. Allerdings kamen sie dem Aufenthaltsort ihres Vaters vermutlich nur langsam näher. Sie schnappten hier und da Gerüchte über ihn auf, oder aber einem anderen einsamen Mann, der sich mit den Monstern anlegte. Und jedes Mal, wenn sein Name fiel, verhielt Noah sie eigenartig. Auf ihre Fragen reagierte er immer abweisend, also beließ sie es vorerst dabei. Sie war schon froh, dass sie den Jägern und Dante entkommen konnten und in dieser nomadischen Lebensform einigermaßen über die Runden kamen.

Wie lange würden sie wohl noch herumirren? Luna wünschte sich, ihren Vater wiederzusehen und die Wahrheit über den Tod ihrer Mutter zu erfahren. Was würde er zu der verbotenen Bändigung und Noah sagen? Ein flaues Gefühl breitete sich in ihrem Magen aus, aber ebenso spürte sie die Vorfreude und die Hoffnung auf eine Wiedervereinigung. Noah nahm ihre Hand in seine und zog sie vorwärts in eine Zukunft, die sie sich vielleicht etwas zu rosig ausmalte. Aber manchmal musste man eben träumen, um über die schlechten Geschehnisse hinwegzusehen und vorausschauen zu können.

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*Ende im Gelände :D Bin doch ein wenig glücklich darüber, dass ich diese Story noch einmal komplett überarbeitet und beendet habe. Danke, dass ihr bis hierher dabei wart und ich wünsche euch weiterhin ganz ganz viel Spaß am Lesen!*

DaemoniumWo Geschichten leben. Entdecke jetzt