~Kapitel 15~

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Mit einem weiten Sprung, dicht über den Boden gleitend gelang es Luna, dem Angriff der Chimäre auszuweichen. Doch viel Zeit blieb ihr nicht. Kurz nachdem sie sich aufgerichtet und neu orientiert hatte, spürte sie den Atem des Dämons in ihrem Nacken und duckte sich schnell. Auf der Erde herumrollend entging sie nur knapp den Pranken, die ewig auf sie einschlugen.

Mittlerweile umgab die Zwei eine riesige Staubwolke, die ihnen selbst die Sicht auf den jeweils anderen versperrte. Mit einem lauten Brüllen, gefolgt von einer Art Schockwelle, verschwand der Staub und Luna blickte ängstlich in die milchig gelben Augen vor ihr. Ihr Schlangenschweif peitschte wild umher und sie bleckte ihre spitzen Zähne, um das Mädchen noch mehr einzuschüchtern. Luna schluckte schwer, hatte viel Dreck eingeatmet und das, was sich nicht in ihren Lungen absetzte, klebe zusammen mit ihrem Schweiß auf ihrer Haut. Wieder grummelte die Chimäre, zog ihre Kreise immer kleiner um Luna. Wenigstens lag Natalis in ausreichender Entfernung ohnmächtig hinter einigen Steinen, dachte sie erleichtert.

Ein schriller Luftzug ließ sie aufhorchen und die Chimäre, die eben noch vor ihr war, schien nun verschwunden. Panisch wandte sich Luna in alle Himmelsrichtungen und wurde dann hinterrücks von den Klauen erfasst. Mit dem Gesicht voraus landete sie im Sand, konnte die Hände nicht schnell genug schützend davorhalten. Eine Pfote ruhte nun auf ihrem Rücken und sie nahm wahr, wie sich die Chimäre genüsslich das noch immer blutrot schillernde Maul leckte. In Verzweiflung versunken versuchte Luna in der Erde Halt zu finden, doch jedes Mal drückte der Dämon sie fester auf den Boden und schnürte ihr immer weiter die Luft zum Atmen ab. Keuchend schnappte sie nach den vielleicht letzten Atemzügen, die ihr gewährt blieben. Wütend wollte sie Julianus Namen in den Himmel schreien, aber dazu fehlten ihr die Kraft und der Sauerstoff. Sie schaffte es lediglich, einige Furchen in den sandigen Untergrund zu kratzen und wie ein sterbender Hund zu Jaulen. Da fiel es ihr plötzlich auf. Ihre Sicht verschwamm, da der Sauerstoffmangel durch den Druck zunahm und ihr Gehirn allmählich abschaltete, doch es gelang ihr, das Zeichen Terra in den Boden zu malen. Wie in Zeitlupe öffnete sich die Erde unter ihnen. Fauchend machte die Chimäre einen Satz nach rechts, um nicht gemeinsam mit Luna in den sich öffnenden Spalt zu fallen.

Luna fiel nicht sehr tief, denn ihre Schwäche wirkte sich ebenfalls auf die Kraft ihrer Zeichen aus. Jedoch war der Spalt gerade so eng und tief, dass die Chimäre sie nicht erwischen konnte. Für einen Moment gönnte Luna sich die Ruhe, doch der Schatten des Dämons streifte einige Male über den Boden. Außerdem befanden sich Natalis und alle anderen weiterhin in Gefahr. Mit neuem Mut krabbelte sie aus dem Loch, lugte zuerst nur heraus und machte die Position der Chimäre aus. Wie erwartet, war sie auf dem Weg zum ohnmächtigen Natalis, um ihre Wut an ihm zu stillen. Luna griff sich einen abgelösten Brocken Erde und schmiss diesen an das Hinterteil des Dämons, der sich daraufhin blitzschnell drehte. Einem Sturm ähnlich kam er auf sie zu und während Luna den Kopf einzog, quetschte die Chimäre ihre Pranke in den Spalt. Allerdings passte diese, so sehr es die Chimäre auch probierte, nicht hinein. Knurrend sah Luna, wie sie über den Spalt lief. Immer wieder. Sie kratzte die Erde auf, würde vermutlich ein bis zwei Stunden benötigen, bis sie Luna ausgegraben hatte.

„Okay", richtete sie das Wort an sich selbst. „Ganz wie wir es geplant hatten. Fudo, dann noch einmal Terra und der Panzer sollte schwach genug sein."

Auf einmal verlor der Dämon das Interesse an Luna und verschwand in geduckter Haltung aus ihrem Sichtfeld. Das Herz der jungen Frau schlug unregelmäßig, aber dafür umso härter gegen ihre Brust. Ihre Hand fuhr an ihrem Bein entlang, dorthin, wo sie einen Dolch befestigt hatte. Für den Notfall, hatte ihr Natalis gesagt. Viel brenzliger als jetzt konnte es kaum noch werden. An den zerkratzen Kanten des Spaltes zog sie sich hinauf und wurde gleichzeitig von einer unglaublichen Hitzewelle erfasst. Sie blinzelte in die warme Luft hinein, die an manchen Stellen waberte. Luna befand sich im Rücken des Dämons, der etwas anderes im Blick hatte. Ein kurzer Angstanfall überkam sie, doch dann registrierte Luna, dass Natalis noch immer in sicherer Entfernung war. Ohne weitere Gedanken zu verschwenden, hievte sich Luna aus ihrem Loch und zeichnete das Zeichen für Fudo auf den Dolch in ihrer Hand. Das an einer Seite offene Dreieck begann sofort zu Glühen und bannte sich in das Metall ein. Lange würde sie den Dolch nicht mehr festhalten können, also rannte sie auf den Dämon zu und warf die Klinge das letzte Stück. Punktgenau bohrte sich die Spitze in die Flanke der Chimäre, welche zuerst keine Reaktion oder Schmerzen zeigte. Dann stiegen die Flammen wie kleine Feuerwerke aus ihrer Wunde heraus und erhitzten die Luft weiter. Kreischend sprang sie auf und ab, schnappte nach dem Dolch, erreichte diesen aber nicht. Das heraussprühende Feuer erwischte sie dafür und verkohlte ihr Fleisch. Der erste Schritt war getan. Luna brachte etwas Distanz zwischen sie und das Monster, das nun die Kontrolle über ihre Sinne verlor. Die feurige Klinge drang immer tiefer in ihren Körper und versetzte diesen in unheimliche Schmerzen. Die einzige Möglichkeit, die Luna hatte, war es, unter die Chimäre zu rutschen und das Zeichen für Terra zu wirken. Von ihrem momentanen Standpunkt aus, würden auch all ihre letzten Kraftreserven zusammen nicht genügend Schaden anrichten. Deshalb musste sie wohl oder übel ganz nah heran.

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