~Kapitel 34~

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Der Wind auf Lunas Haut weckte sie aus der Starre, in welche Noah sie gedrängt hatte. Rasch scheuchte sie den Nebel, der ihre Sinne umgab, hinfort und stieß ihr Knie in Noahs Bauch. Dieser stoppte abrupt, stolperte durch den Schreck und schaffte es gerade noch, Luna vor dem Aufprall zu schützen. Obgleich sie ihm danken sollte, strampelte sie wie wild in seinen Armen und schrie ihn an. Noah schlang die Arme fester um sie, sodass sie sich beruhigen musste und schließlich ohne jegliche Gegenwehr auf ihm lag.

„Ich merke, dass du nicht mit mir kommen willst", begann er. „Aber es-."

„Es liegt nicht an dir!", unterbrach sie ihn wieder störrisch und aufgebrachter. „Von mir aus können wir von hier verschwinden, irgendwohin wo uns niemand kennt oder was auch immer. Aber davor muss ich meine Leute warnen."

Sie spürte, wie er merklich ausatmete und raffte sich auf, seine Arme immer noch auf den Schultern. Lange blickte sie in seine goldenen Augen, bis er sie ganz freigab. Rasch stieg sie von ihm und schaute sich um, orientierte sich und seufzte dann. Sie waren bereits sehr weit von Carcerem entfernt und es würde einige Tage dauern in die Stadt zu kommen.

„Danke", flüsterte sie.

Noah lag weiterhin flach auf dem Rücken und betrachtete Luna, die von einer ungeahnten Energie gepackt, kaum still stehen konnte. Ihre Füße schwebten leicht über den Bode, machten kein Geräusch, wenn sie den Boden berührten. Jetzt bemerkte er erst, dass sie als Jäger und nicht zur Beute erzogen worden war. Normalerweise wirkte sie schüchtern und liebevoll, doch in entsprechenden Situationen wusste sie, wie sie ihre Stärken ausspielen und einsetzen musste. Nicht umsonst hatte sie ihn befreit und gebändigt. Er konnte noch immer nicht nachvollziehen, wie es ihr überhaupt möglich war, Hass und Missgunst in dieser Welt zu überstehen.

„Wirst du zurückgehen?", fragte er und schaute sie nicht an.

„Du meinst, ob ich in meine Heimatstadt gehe? Ja, ich will nicht, dass sie unerwartet angegriffen werden. Zumindest die Bewohner sollen in Sicherheit sein, denn die Jäger werden kämpfen."

„Das klingt gerecht", schwungvoll sprang er auf. „Wie willst du in der begrenzten Zeit, die dir zur Verfügung steht, eine solch weite Strecke zurücklegen?"

Ihm war klar, dass er sie damit aus der Reserve locken konnte und Luna biss sich auf die Unterlippe. Sie wünschte sich, ihn nicht um Hilfe bitten zu müssen, selbst wenn er diese anbot. Noah trug nicht zu unterschätzende Verletzungen aus dem Kampf mit seinem Bruder mit sich und eigentlich wollte er nur weg von hier. Ihre eigenen Sorgen und Ängste hielten ihn nur auf.

„Sprich es aus", verlangte er neckisch, da ihm offenbar ihre Zurückhaltung auffiel. „Nur ein Wort und ich muss gehorchen, schließlich hast du mich gebändigt."

Wütend stampfte sie auf, war ihr diese Macht über ihn doch vollkommen egal. Damit hatte sie lediglich seinen Verstand und sein Leben retten wollen, ihn zu kontrollieren käme der jungen Frau nie in den Sinn.

„Ich dachte unsere Vereinbarung lautete anders."

Neugierig legte er den Kopf schief und begutachtete sie von oben bis unten. Ihr war es unangenehm. Wieso spielte er nun mit ihr, er wusste genau, was sie wollte. Diesen Quatsch könnten sie sich problemlos sparen. Entweder er half ihr aus eigenem Antrieb, oder er ließ es bleiben.

„Ich habe keine Vereinbarung mit dir getroffen", widersprach er ihr und trat an sie heran. „Was möchtest du?"

Luna presste die Lippen aufeinander, dass sie nur noch als schmale Linien zu erkennen waren. Ihm Befehle zu erteilen missfiel ihr immer mehr, gerade weil er sie dazu drängte. Was beabsichtigte er damit? Sie kam nun auf ihn zu und stellte sich auf die Zehnspitzen.

DaemoniumWo Geschichten leben. Entdecke jetzt