Luna merkte, dass sie sanft hin und her geschaukelt wurde. Es fühlte sich an, als würde sie auf einer Hängematte liegen und der Wind wiegte sie wie eine Mutter ihr Kind. Aber ihre Mutter starb und diese Scheinwelt verbat sie sich selbst. Mechanisch öffneten sich ihre Augen, über ihr der von weißen Wolken behangene, blaue Himmel. Das Schaukeln blieb bestehen und sie suchte in Panik verfallend nach der Ursache.
„Hey, zappel nicht so!", entgegnete Natalis, der sie auf seine Armen den Waldweg entlang trug.
„Was?!", schlaftrunken blickte sie ihn an. „Wie ... Warte, lass mich runter, ich kann allein laufen."
„Nein."
„Wie, nein?", sie strampelte und Natalis Hand rutschte von ihren Schultern. „Wenn ich sage, lass mich runter, dann lässt du mich auch runter!"
Mit roten Wangen und einem brennend heißen Gesicht fiel Luna zu Boden. Im letzten Augenblick gelang es Natalis, ihren Aufprall zu bremsen, indem er sich unter sie warf. Panisch krabbelte sie von ihm und legte ihr Gesicht in ihre kalten Hände. Sie zog die Beine vor die Brust und rollte sich ein.
„Wieso hast du mich getragen?", murmelte sie verlegen.
„Weil du geschlafen hast."
„Und was ist nun mit dem Bericht? Und wo ist Alec überhaupt?"
Da Luna nicht aufblickte und sich auch zuvor nur nach Natalis umgesehen hatte, war ihr der alte Mann, der einige Schritte hinter den beiden lief, nicht aufgefallen. Jedoch holte dieser nun auf und schien schlecht gelaunt, obgleich diese Stimmung bei ihm wohl vorherrschend sein musste. Auch Natalis wirkte angespannt und die schlaflosen Stunden hinterließen bei ihm einen Argwohn, den er nicht mehr unter Kontrolle hatte.
„Also wirklich. Junge, du sagtest, du bringst sie für mich in meine Hütte. Was wird das nun? Ein kleines Stelldichein?"
„Nein!", erwiderte Natalis rasch. Luna bedeckte noch immer ihr Gesicht. „Hör gefälligst auf, solche Anschuldigungen zu tätigen."
„Ja, ja. Anschuldigungen", wiederholte Alec und zwinkerte Natalis zu. „Es ist ja auch nicht offensichtlich, was du-."
Natalis sprang auf und riss den Alten zu Boden. Das Poltern lockte Luna hervor und sie erschrak, als sie die Männer in Dreck herumrollend fand. Natalis besaß eindeutig die Oberhand, doch sie machte sich prompt Sorgen um Alec, dessen Verletzung noch nicht verheilt war und sich erneut öffnen könnte.
„Natalis, geh von ihm runter!", befahl sie in einer melodischen Stimme, die beide zur Besinnung kommen ließ.
Brummend stieg Natalis von dem Mann und klopfte sich den Staub von der Hose. Alec lag auf dem Rücken uns streckte alle Glieder von sich. Luna kniete sich zu ihm und vernahm sein Fluchen, das durch den Staub in seiner Lunge gedämpft wurde.
„Soll ich dir aufhelfen?", bot sie an, obwohl sie wusste, dass sein Stolz ihm nicht erlauben würde, dieses Angebot anzunehmen. „Deine Wunde hat sich nicht wieder geöffnet, oder?"
„Lass ihn einfach, Luna", beschwerte sich Natalis. „Dieser Knacker hat keine Ahnung, wie man sich mit seinem Stand einem andere gegenüber verhält. Sein Benehmen ist inakzeptabel."
„Das kann doch nicht dein Ernst sein", Luna richtete sich auf und trat an Natalis, bis sie kurz vor ihm stand. „Du unterscheidest nun schon nach dem Ständewesen? Ich erkenne dich nach wenigen Tagen kaum wieder. Soll ich dich nun auch siezen?"
„Das ist etwas anderes."
„Warum? Ich wurde genau wie Alec aus der Stadt geschafft, das setzt uns auf die gleiche Schiene, den gleichen Rang."
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Daemonium
Paranormal„Dunkelheit, Blut an meinen Händen. Das waren die ersten Dinge, die ich wahrnahm. Ein stechender Schmerz breitete sich in meinem Nacken aus. Meine Augen wollten sich nicht an die Finsternis gewöhnen. Blind tastete ich mich voran, nichts ahnend, was...