Immer noch durchdrangen diese mysteriösen Blicke, deren Ursprung Luna nicht ausmachen konnten, ihren Körper. Nur behauptete sie selbst, dass sie keine Angst verspürte. Es fühlte sich unangenehm an, beobachtet zu werden, doch sie blieb recht entspannt und setzte ihren Weg unvermindert fort. Die alte, beinahe in sich zusammenfallende Hütte erschien vor ihren Augen und sogleich verschwanden auch die Blicke. Einmal wandte sie sich noch dem dichten Wald zu, der nun so ruhig und friedlich da lag, dann betrat sie die kleine Veranda. Die Tür stand einen Spalt weit offen und sofort braute sich ein ungutes Gefühl in ihrem Magen zusammen. Alec mochte merkwürdig sein, doch er schloss sich zu gerne weg, als dass er seine Haustür offen lassen würde. Oder hatte er es einfach nur vergessen? Senil kam er Luna nie vor, also musste es etwas anderes sein.
Sie schob sich leise durch die Öffnung und unter ihren Füßen knarzte der Boden. Die Stühle, welche sonst um den Tisch in der Küche standen, waren umgeworfen und im Zimmer verteilt. Aus den Regalen hingen die Bretter lose heraus und die Bücher fehlten, flogen wild auf den Dielen herum. Einige waren sogar zerrissen und die einzelnen Blätter bedeckten den fleckigen Boden wie eine Schneelandschaft. Es war zu still. Luna tastete sich vorsichtig voran, bis sie Alecs Schlafzimmer erreichte. Auch hier sah es zerwühlt aus, als hätte ein Sturm gewütet. Sie schluckte schwer. Wer oder was hatte das alles zu verantworten? Und wo war Alec? Auch von Areus fehlte jede Spur. Nicht einmal auf ihre Rufe kam eine Reaktion.
Luna schaute sich weiter im Raum um, dessen Wände erst vor wenigen Stunden so verunstaltet wurden. Bei Licht erkannte sie seltsame Zeichen, die in die Holzvertäfelungen geritzt worden waren. Einige zierten die Wände schon länger, andere erschienen frisch, da das freigelegte Holz sehr hell wirkte. Sie biss sich auf die Unterlippe. Theoretisch war sie verpflichtet, so etwas dem Rat anzuvertrauen, doch was dann?
Verunsichert schritt sie aus der Hütte und stellte sich in den Garten. Eine seichte Brise erfasste sie und wirbelte einige ihrer Strähnen durch ihr Gesicht. Innerlich fluchte sie, denn dieser alte Mann war sicher irgendwo im Wald, doch warum? Wieso hatte er sein Zimmer mit Zeichen versehen, die denen einer Bändigung ähnelten und trotzdem hatte sie diese Art noch nie zuvor gesehen. Was verheimlichte er ihr? Vielleicht wüsste dieser Noah etwas, aber ihn zu finden wäre ebenso schwer. Luna ließ sich im Gras nieder und ging bestimmt drei Mal ihre Optionen durch, allerdings änderte sich an ihrer Lage nur wenig. Sie würde dem Rat Bescheid geben, egal was das für Alec oder sie selbst für Folgen hätte. Einmal musste sie die vernünftige Wahl treffen.
Gerade als sie sich wieder aufrichtete, hörte sie die Warnsirenen der Dämonengefängnisse aufheulen. Alles in ihrem Körper verkrampfte sich und ihr Herz donnerte in ihrer Brust, dass sie befürchtete, es suche den Weg aus ihrem Körper. Wieder ertönte der Warnton, so schnell, dass es sich um einen wirklich gefährlichen Dämon handeln musste. Sie fasste sich an den Kopf und unterdrückte die aufkommende Angst. Während die Sirenen nicht verstummten, bewegte Luna sich instinktiv in Richtung der Stadt. Die Evakuierung hatte natürlich bereits begonnen und die Menschen waren auf solche Notfälle vorbereitet, dennoch gab es einige, die noch schutzlos umherirrten. Vor allem Kinder, die draußen spielten oder die Alten, die spazieren gingen. Luna schleuste diejenigen, die sie auf der Straße aufgriff zu nahegelegenen Häusern, damit sie über die unterirdischen Fluchtwege in die Bunker gelangen konnten. Auf offener Fläche wären sie ein leichtes Ziel.
Sie hielt ein fünfjähriges Mädchen an der Hand, als ein markerschütternder Schrei durch die Gassen nahe des Marktplatzes hallte. Das Mädchen klammerte sie angsterfüllt und mir weit aufgerissenen Augen an Lunas Bein. Stille kehrte ein, legte sich über die tot erscheinende Stadt. Alle Häuser waren verriegelt, Luna musste sich etwas einfallen lassen und das Mädchen außer Gefahr bringen. Unbedingt. Sie hob die Kleine vom Boden und auf ihren Rücken. So waren sie wesentlich schneller und Luna konnte sich auf die Umgebung konzentrieren, ohne zu befürchten, dass sie das Mädchen verlor.
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Daemonium
Paranormal„Dunkelheit, Blut an meinen Händen. Das waren die ersten Dinge, die ich wahrnahm. Ein stechender Schmerz breitete sich in meinem Nacken aus. Meine Augen wollten sich nicht an die Finsternis gewöhnen. Blind tastete ich mich voran, nichts ahnend, was...