Der erste Bruch

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Das waren Sozusagen meine letzte Erinnerung an Trailerparks "guten Zeiten". Obwohl sich einiges Verändert hatte, mochte ich die Zeit; da waren wir wenigstens noch eine Band. Es hatte sich alles Schleichend Verändert und dieser Tag war der Auslöser für die Zeit, die wir alle vorausgesehen haben, aber es einfach keiner Wahrhaben wollte.

Gegen Abend kam ich dann am Berliner Hauptbahnhof an und so stand ich vor diesem riesen Bahnhofsgebäude und tausende Menschen gingen wie ein einziger Strom an mir vorbei. Ich stand einfach nur da und fragte mich, 'wohin jetzt?'. Dadurch, dass mich diese Nachricht total aus dem Konzept gerissen hatte und ich die ganze Zeit unter stress stand, hatte ich total vergessen Vortex zu fragen bei wem wir uns überhaupt trafen. Ich schlug mir mit der Flachen Hand gegen meine Stirn und nuschelte irgendwas vor mir hin, während ich versuchte meine Handy in den Tiefen meiner Tasche zu finden. 'Wie konnte ich nur so dumm sein', fragte ich mich immer wieder. Die Suche nach meinem Handy kam mir wie eine Ewigkeit vor. Immer wieder wurde ich von Passanten angerempelt oder von Fans erkannt. Als ich mein Handy endlich gefunden hatte, rief ich sofort Igor an und begab mich an einen etwas ruhigeren Ort. Nach einem sehr kurzen Telefonat, wo wir nur über das wichtigste redeten, machte ich mich auch sofort auf den Weg zu seiner Wohnung. Zum Glück lag seine Wohnung nicht allzu weit weg vom Bahnhof und konnte diese so recht schnell zu Fuß erreichen. Mir ging es an dem Tag eindeutig nicht gut. Diese Situation machte mir echt zu schaffe. Es war mir bewusst, dass das Gespräch, für welches ich extra nach Berlin gefahren bin, meine ganze Zukunft und die Zukunft von Trailerpark verändern sollte. Auch mein Kreislauf machte mir ganz schön zu schaffen. An dem Tag hatte ich noch nichts gegessen und an dem Gestrigen Tag eben so wenig, weshalb mir der Stress erst recht nicht zu gute kam.

Ich ging gerade erst die Stufen zu seiner Wohnung hoch, da öffnete mir Sudden schon die Tür. Ohne ein Wort mit ihm zu wechseln ging ich in die Wohnung. Die anderen saßen schon alle im Wohnzimmer. Sudden und ich setzten uns zu Igor und Lukas und wir schauten schweigend in die Runde. Keiner ergriff das Wort, niemand wusste wie er dieses Thema ansprechen sollte. Ich spielte mit meinen Händen und sah zu Lukas rüber, der mir direkt gegenüber saß. Sein Blick war auf den Boden gerichtet. Die Stille, die zwischen uns herrschte war unerträglich und erdrückte einen förmlich. Kurz zögerte ich, aber dann ergriff ich doch das Wort. " Wie geht es nun mit uns... also Trailerpark... weiter?", meine Stimme war leiser als Gedacht und ich räusperte mich kurz. Suddens Blick wurde von den Tiefen seines Alkohol Glases festgehalten. Nur Lukas sah mich nun an, doch auch er sagte nichts. Mein Blick schweifte zu Igor herüber. Schon fast zwingend sah ich ihn an, auch endlich was zu sagen. "So wie es aussieht wirst du von nun an ...erstmal... das Label alleine Führen.", Igor konnte gerade seinen Satz beenden da fiel ich ihm schon dazwischen." Das kann doch nicht euer ernst sein? Ihr wisst ganz genau, dass ich das Label nicht alleine führen kann. Ihr werdet mir da helfen. Aber .. Was ist mit der Band...?". Wieder sah ich zu Lukas und Sudden rüber. Es war das erste mal, dass ich unsere Band so Sprachlos erlebte. Ohne damit zu rechnen sagte Steven etwas dazu:" Die Band bleibt bestehen. Wie Basti es doch selbst gesagt hatte. Mitglieder kommen und gehen. Und... es ist doch nur vorübergehend." Ich gab Steven schon irgendwie recht. Doch es fühlte sich falsch an. Ohne Basti waren wir nicht Trailerpark. Schon öfters mussten wir wegen seinen Drogen abstürzen Konzerte ohne ihn spielen. Als eine Kurzfristige Lösung war dies Akzeptabel, aber gilt dies auch für einen längeren Zeitraum über? Ich war mir noch unsicher darüber ob das alles auch so funktionierte." Die nächsten Konzerte sind erst im Nächsten Jahr, bis dahin haben wir uns sicherlich an die Situation gewöhnt. Und Basti's Aufgaben werden wir einfach untereinander aufteilen um Timi etwas zu entlasten.", sprach Lukas in die Runde. Zu diesem Zeitpunkt gab es keine andere Lösung. Wir mussten einfach weiter machen und konnten nur hoffen, dass Basti so schnell wie möglich zurück kommt.

Um einen Moment wenigsten für mich allein sein zu können, ging ich in die Küche. Ich setzte mich auf einen von Igor Stühlen und baute mir einen Joint. Der Moment war einfach nur mehr als unpassend, dass ich nichts besseres zu tun hatte als zu kifften, aber es ging nicht anders. Der Druck in mir stieg und ich musste mich unbedingt irgendwie entspannen. Nachdem ich meinen ersten Zug genommen hatte, betrat auch Lukas die Küche. Sein Blick verriet mir, dass er es auch nicht für sonderlich angebracht hielt nun zu kiffen. Ich ignorierte seinen Blick jedoch und rauchte weiter. " Warum wundern wir uns eigentlich? Früher oder später wäre es doch eh passiert", sagte ich zu Lukas, der sich mittlerweile an die Küchenzeile angelehnt hatte. Mit einem kurzen nicken stimmte er mir zu." Da hast du recht. Es trifft einen trotzdem ziemlich hart. Wer weiß wann wir Basti wieder sehen werden.", fügte er hinzu und sah zu mir rüber. Während ich meinen Joint ausdrückte, fragte ich bei Lukas nach, was genau geschehen ist. Er erzählte mir, dass Basti es mit dem Kokain übertrieben hatte und nicht mehr wusste was er tat. Soweit war es eigentlich nichts neues. Doch dazu kam noch, dass sein Körper so oder so total geschwächt war, da er ja mittlerweile jede Woche im Krankenhaus lag. Unter dem Einfluss von Koks hatte er dann noch einen Drogen-Cocktail zu sich genommen, den er von einem Kumpel bekommen hatte. Anscheinend waren da ziemlich harte Sachen drin und Basti verlor sein Komplettes bewusst sein. Die Ärzte meinten, wenn Igor ihn nicht sofort ins Krankenhaus gebracht hätte, er verstorben wäre. Basti's häufige Aufenthalte in dem Krankenhaus bewirkten, dass er dort schon ziemlich bekannt war und die Ärzte sich durch diesen krassen Drogen Absturz gezwungen fühlten, ihn in eine spezielle Drogenklinik einzuweisen. Er war in einer so schlechten Verfassung, dass er ohne weitere Ärztliche Betreuung dann im nachhinein gestorben wäre. Es war noch unklar wie lange er sich da aufhalten muss, doch man schätzte es auf ca. 1-2 Jahre. Dies traf uns alle wie ein Schlag. Ich stützte meine Arme auf dem Tisch ab und vergrub mein Gesicht in meinen Händen.

Nun war es offensichtlich. Trailerpark hatte sich komplett verändert. Wir haben die Umwandlung alle bemerkt. Doch keiner von Sprach jemals darüber, wir schwiegen und unterdrückten es.

Still Schweigend saß ich in Küche und blendete alles um mich herum aus. Die Regentropfen die gegen das Fenster prasseln, Die Geräusche der Spülmaschine, Das Licht der Küchenlampe welches direkt auf mich scheint, Lukas der in der Küche stand, Sudden und Igor die sich im Hintergrund unterhielten und das ticken der Uhr. Ich war mit meinen verhassten Gedanken alleine. Morgen wäre ich dann wieder zuhause gewesen und wäre wieder Mals nur von Stille umgeben. Mir war die Lust vergangen an meinem Album zu arbeiten, ich hatte nichts vor, nichts worauf man sich hätte freuen können. Marcel, der in den Wochen davor immer ein Auge auf mich hatte, war nun für 2 Wochen weg. Zwar hätte ich zu meiner Mutter gehen können, aber dafür war ich eindeutig zu alt; und außerdem hätte sie mir nur wieder einen Therapeuten aufgezwängt, wie in meiner Jugend. Doch das brachte es auch nicht. Mit der Zeit hatte ich gelernt mit meinen Problemen umzugehen und alles erstmal seinen Lauf nehmen zu lassen. Doch das mit Basti traf mich ziemlich hart, schließlich kannte ich ihn schon so lange. Deshalb befürchtete ich sozusagen einen 'Rückschlag'. Ich war so in meine Gedanken vertieft, dass erst durch Lukas rütteln an meiner Schulter wieder in die Realität zurück kam. Er strich mir sanft über den rücken und sprach mit seiner außergewöhnlichen Beruhigenden Stimme auf mich ein. " Timi. Mach dir keinen Kopf, ja? Es wird alles schon gut werden, wir kriegen das schon hin." Langsam hob ich meinen Kopf aus meinen Händen uns sah zu ihm hoch. Ein sanftes Aufmunterndes Lächeln zierte sein Gesicht. Doch ich wusste genau, hinter seinem lächeln versteckte er nur seine eigene Verzweiflung.

Bevor wir zu den anderen zurück gingen fragte ich ihn noch, ob ich die Nacht bei ihm bleiben könnte. Ich hatte geplant dann am nächsten Tag wieder zurück nach Bielefeld zu fahren. Es kam mir ziemlich unnötig vor, extra für einen Tag nach Berlin zu fahren. Doch ich war einfach nur froh, dass ich nicht an einem Sonntag zurückfahren musste. An einem Sonntag von Berlin nach Bielefeld zu fahre, war das schlimmste. Ich hasste es. Doch was tat man nicht alles für seine Band.

Noch bis tief in die Nacht unterhielten wir uns bei Igor im Wohnzimmer. Wir versuchten erstmal grobe Pläne aufzustellen, wer welche von Basti's aufgaben übernahm und wie es allgemein weiter gehen sollte. Ohne unsere Fans davon zu erzählen, arbeiteten wir schon länger an neuen Songs. Diese mussten wir dann aber alle umschreiben. Das Original behielten wir jedoch. Einfach nur zur Sicherheit, falls Basti doch noch an den Songs mitgewirkt hätte. Außerdem mussten wir uns überlegen, wie wir diese große Veränderung unseren Fans breibringen wollten. Dies alles war aber eindeutig Schwerer als wir anfangs Annahmen. Umso später es wurde umso mehr Stieg unser Alkoholpegel, bis wir irgendwann keinen klaren Gedanken mehr fassen konnten. Das wichtigste hatten wir im Groben geklärt und so machten sich Lukas und ich mitten in der Nacht auf dem Weg zu seiner Wohnung. Nach gefühlten 100.000 Km und einer Kälte die der Arktis glich, erreichten wir Lukas Wohnung. Während ich mir dann eine Jogginghose von Lukas anzog und mein Bett auf seinem Sofa einrichtete, war Lukas dabei für uns eine Kleinigkeit Essen zu machen. Er zwang mich quasi dazu etwas zu essen und nur widerwillig aß ich dieses auch. Danach legten wir uns erschöpft in unsere ' Betten'. Mit einem Beruhigenden Gefühl, dass jemand in meiner Nähe war der mir helfen konnte, falls irgendwas passieren sollte, schlief ich ein.

Das Ende von TrailerparkWo Geschichten leben. Entdecke jetzt