Sudden's Geheimnis 2/2

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"Man Steven. Das kann doch jetzt nicht dein erst sein, dass du hier die übelste Depri-Phase schiebst wegen so 'nem Weib." Genervt von der ganzen Situation stand ich auf. " Timi du verstehst das nicht! Du hast doch gar keine Ahnung!", gab Sudden in einem lauten und gereizten Ton zurück. Ich sah ihn einfach nur fassungslos an und machte einen genervten laut. Obwohl ich selbst nicht besser war, bat ich ihn, mir das alles vernünftigen zu erklären. Es war wahrscheinlich falsch einen Streit zu provoziere, aber ich konnte es nicht kontrolliere. Sudden sprang natürlich darauf an. Er sträubte sich förmlich dagegen das alles aufzuklären. Von Minute zu Minute wurde ich einfach nur genervter. Lukas hingegen, verdreht nur seine Augen bei der kleinen Auseinandersetzung zwischen mir und Sudden. Aber irgendwann mischte sich der große doch ein. " Timi, was ist denn mit dir los? Jetzt komm mal runter. Genauso wie du Sudden." Nach Lukas Worten war ich still und dachte mir meinen teil dazu. Mir wurde das alles zu doof und fing an darüber nachzudenken. Lukas hatten recht, ich steigerte mich da zu sehr rein und das letzte was ich wollte war Streit. Er sah mich durchdringend an, doch ich sah einfach nur in die Leere des Raumes. Wahrscheinlich wartete er auf eine Antwort von mir, da er auch von Sudden keine bekam. Doch ich schwieg einfach weiter.

Wieder war alles Still; niemand sagte etwas. Der Raum verdunkelte sich und ich warf einen Blick aus dem Fenster. Die Wolken zogen sich zusammen und verdunkelten die ganze Stadt. Vorsichtig ließ ich mein Blick wieder zu den anderen schweifen. Alle Blicke waren auf Sudden gerichtet, der wie ein Häufchen elend auf dem Sofa saß. Seine Unterarme waren auf seinen Beinen Abgestützt und in seinen Händen hielt er ein Volles Glas mit Jägermeister. Mit einem Zug trank er das Glas mit Alkohol aus und sofort sank sein Blick wieder zurück zum Boden. Man konnte ihm ansehen, wie unwohl er sich in der ganzen Situation fühlte. Unsere Blicke waren immer noch auf ihn gerichtet und bedrängte ihn förmlich. Es war nicht die beste Art einen Freund zum sprechen zu bringen aber es funktionierte. Der Folgende Satz  brach deshalb nur so aus ihm heraus und der verzweifelnde Ton in seiner Stimme klingt bis Heute in meinem Kopf nach. " Man! Verdammte Scheiße! Ich hab AIDS! Seit ihr jetzt Zufrieden?! ". Auf einmal kam es einem noch ruhiger vor als es eh schon war; nur sein schreien hallte in dem kleinem Wohnzimmer nach. Für einen kurzen Augenblick sah ich hilflos zu Lukas herüber, doch sein blick war geschockt und wie gelähmt an Sudden gefesselt. Ich schluckte schwer und dachte zurück an die Wette von mir uns Lukas. Wir machten uns immer einen Spaß daraus, doch jetzt war es Realität. Insgeheim haben wir immer gehofft, dass das nie passieren wird. Aber es geschah doch.  Ich bereute es in dem Moment einfach nur noch, solch eine Wette eingegangen zu sein.

Sudden hatte recht. Ich wusste es wirklich nicht, ich wusste nicht wie schlimm es wirklich war. Weder Lukas noch ich fand eine Antwort darauf. Vorsichtig ließ ich mich wieder aufs Sofa nieder. Niemand durchbrach diese unertragbare Stille. Meine Stimmbänder waren wie zugefroren und mein Mund trocken. "Und deshalb hat sie sich auch von mir getrennt.", fuhr Sudden mit wackliger Stimme fort. Alle Blicke waren auf den Boden gerichtet. Man traute sich schon fast gar nicht mehr irgendjemanden anzusehen. " Scheiße!", verzweifelnd schrie Sudden wieder auf und vergrub sein Gesicht in seinen Händen. Das Glas fiel klirrend auf den Boden und Zersprang in tausend Scherben. Erschrocken hob ich meinen Kopf an, aber als ich Sudden zitternden Hände sah, senkte ich meinen Blick sofort. " Weißt du woher du es hast", fragte Lukas vorsichtig. " Nein man. Keine Ahnung. Es muss schon lange her gewesen sein, als ich mich mit HIV angesteckt habe. Und jetzt...", Sudden pausierte seinen Satz für einen Bruchteil einer Sekunde. "Ich will nicht sterben." Seine Stimme war leiser und trauriger als je zuvor. Ich war einfach so sehr von dieser Situation überrumpelt, dass ich einfach kein Wort herausbekam. Sudden sollte und durfte einfach nicht sterben. " Sudden. Du wirst schon nicht sterben. Du... Wir kriegen das hin", riss ich mich zusammen um wenigstens etwas zusagen. "Hast du überhaupt eine Ahnung von irgendwas?! Egal was ist. Ich werde Sterben!", seine stimme war voller Panik. " Jetzt beruhig dich mal wieder. Du wirst nicht sterben. Es gibt bestimmt gute Ärzte, die dir ein wenig helfen Können. Zumindest so, dass du nicht sterben wirst.", versuchte Vortex Sudden zu beruhigen, der dabei war sich in das Ganze viel zu sehr hineinzusteigern.

Lukas saß einfach nur noch Schweigend da. Sein Blick war der selbe, wie der als er bei mir verzweifelnd auf dem Sofa saß. Ich hoffte an dem Tag, dass ich diese Leere in seinen Augen nie wieder sehen müsste, aber ich sah sie wieder. Der sonst so emotionalste stärkste von uns beiden wusste selbst nicht mehr weiter. Deshalb tat es mir im herzen weh ihn so zu sehen. "Wenn das so weiter geht, dann ist Trailerpark wirklich bald Geschichte.", dachte ich. Der einzige Lichtblick und die einzige Hoffnung die ich für mich sah, im Hinblick drauf, dass wir als Trailerpark doch nicht Geschichte waren und wir noch eine Funktionierende Band waren, war das kommende Konzert.

Meine Hand glitt ein weiteres mal unter stress in meine Jackentasche. So viele Zigaretten wie an diesem Tag hatte ich noch nie innerhalb weniger Stunden geraucht. Jedoch musste ich mit entsetzten feststellen, dass die Packung schon leer war und meinen Tabak hatte ich zuhause vergessen. Igor, der dies mitbekam, stellte mir freundlicherweise seinen Tabak und Gras zur Verfügung. Der Stress bekam mir einfach nicht gut und ich musste mich irgendwie ablenken um ruhig bleiben. Wir saßen lange zeit einfach nur da und ich zog einen Joint nach dem anderen. Sudden's Laune wurde immer schlimmer und von Musik wollte er am liebsten gar nichts mehr wissen. Wie es bei Lukas aussah, wusste ich nicht aber ich konnte mir vorstellen, dass auch seine Motivation für das gemeinsame Band Album verschwunden war. Keiner von uns wollte ein halbherziges Album produzieren, weshalb wir unser fünftes Band Album ein weiteres mal für unbestimmte Zeit verschoben. Wir waren uns sicher, dass das Album ein großer Erfolg gewesen wäre; wenn wir es überhaupt rausgebracht hätten. Doch wir nahmen die Arbeit daran nie wieder auf und jetzt ist es unmöglich. Es sollte wohl für immer bei den vier Alben von uns bleiben.

Am nächsten Tag , der eigentlich für die Weiterarbeit an unserem Album angesetzt war, trafen wir uns wieder aber nicht zum Arbeiten. Nein, wir wollten uns einen geilen Tag als 'Familie' machen. Wir wollten, dass alles so wie damals war, all das wenigstens für einen Tag vergessen. Aber es war nicht so leicht wie wir uns das vorgestellt hatten, uns allen fiel es unglaublich schwer. Denn hinter all dem Spaß den wir nach und nach hatten, stand die grausame Realität und die Ungewissheit über unsere Zukunft. Es dauerte anfangs eben seine Zeit , bis wir unsere Gedanken ausstellen konnten und dann einen wirklich tollen Tag miteinander hatten. Teilweise war es auch so wie früher; ich versuchte einfach den Tag zu genießen. Ab und zu fühlte ich mich aber von Lukas beobachtet, was sehr seltsam war. Er sah immer wieder zu mir herüber und lächelte sanft. Anscheinend munterte es ihn auf mich lachen zu sehen.


Das Ende von TrailerparkWo Geschichten leben. Entdecke jetzt