"Oh Fuck." Diese zwei Wörter wiederholten sich immer wieder in meinem Kopf. Ich nickte ihr zustimmend zu und trat einen Schritt beiseite, damit sie ins Haus eintreten konnte. Hinter ihr , ließ ich die Tür wieder langsam ins Schloss fallen und drehte mich zu ihr um. Sie ging gerade Wegs den Flur entlang, ohne auf mich zu warten. Am Anderen Ende des Flurs stand jedoch der viel zu neugierige Lukas. Er sah sichtlich verwirrt aus, wegen des plötzlichen Besuches, aber auch die angespannte Stimmung konnte er nicht übersehen. Deren Begrüßung fiel deshalb auch nur sehr kurz aus. Ein nuschelndes " Hi" und ein schneller Händedruck reichte ihnen anscheinend. Ohne ein weiteres Wort an Lukas zu verlieren, schob sie sich an ihm vorbei. Zögernd folgte ich ihr. Jedoch blieb ich vorerst neben Lukas stehen.
" Was will die denn hier?", flüsterte er mir zu. Ich zuckte nur mit den Schultern und sah ihr nach. Sie war anscheinend von der Unordnung , die Lukas und ich angerichtet hatten, angeekelt, weshalb sie ihr Tasche aufs Sofa anstatt auf den Boden stellte. Wir hatten seit Tagen so gut wie gar nicht aufgeräumt und dementsprechend sah es auch aus. " Ich dachte ihr seid Freunde. Was hat sie denn? ", fragte mich Lukas aus und sah auch zu ihr herüber. " Ja, schon... Keine Ahnung, was hier los ist.", antwortete ich meinem Freund leise um sicher zu gehen, dass sie von dem Gespräch nichts mitbekam. Kaum hatte ich meinen Satz zu ende geführt, da setzte sich Lukas schon in Bewegung. Er wollte sich ernsthaft zu ihr gesellen. Doch ich konnte ihn noch am Arm packen und ihn somit aufhalten. Ich zog ihn ein wenig zu mir herüber und sah ihn eindringlich an. " Lukas, geh mal lieber.", bat ich ihn. " Was? Warum das denn?", erwiderte er etwas schockiert und zog verwirrt eine Augenbraue hoch. " Ich hab nicht so ein gutes Gefühl. Ich möchte mit ihr alleine Reden, also geh bitte." . Dabei sah ich ihm tief in die Augen, um ihn zu verdeutlichen wie ernst mir die ganze Sache war. An seinem Gesichtsausdruck, konnte ich entnehmen, dass er es endlich verstanden hatte. " Aber wohin soll ich denn ?", fragte mich der Größere und sah kurz zu meiner Ex herüber. "Was weiß ich. Mach Bielefeld unsicher oder so", gab ich ihm mit einem grinsen auf den Lippen zu verstehen. Nach einem kurzen seufzten von Lukas, ging ich auch an ihm vorbei ins Wohnzimmer, wo meine Ex ungeduldig wartete. Lukas ließ ich also einfach im Türrahmen stehen.
Im Wohnzimmer angekommen, hörte ich wie im Hintergrund die Haustür ins Schloss fiel. Paar Sekunden später vibrierte es in meiner Hosentasche und ich kramte mein Handy heraus. Kaum hatte Lukas mein Haus verlassen, da erreichte mich auch schon eine Nachricht von ihm. Bevor ich meinen Gegenüber richtig begrüßte, las ich mir diese noch schnell durch. "Hoffe es ist nichts schlimmes. Bin in einer Stunde wieder da. Länger werde ich mich nicht alleine Beschäftigen können." Und dahinter war noch ein süßer Smiley, typisch Lukas.
Unbegründet musste ich kurz auflachen und steckte daraufhin mein Handy wieder zurück. " Wo ist Lukas hingegangen?", kam es überraschend von meiner Ex, die vielleicht nur noch fünf Meter von mir entfernt Stand. Während ich meinen Kopf hob, versuchte ich mich mit einer äußerst schlechten Notlüge zu retten, dass Lukas noch etwas wichtiges zu erledigen hatte. Ihrem Blick zu Urteilen glaubte sie mir nicht, aber beließ es glücklicherweise dabei und fragte nicht weiter nach. Sie sah immer noch ziemlich ernst aus. Zur Begrüßung ging ich ein paar Schritte auf sie zu und versuchte sie zu Umarmen. Aber sie drückte mich von sich weg. Verwirrt hob ich eine Augenbraue hoch und sah ihr direkt in die Augen. " Timi... Was ist nur mit dir passiert? Du sieht scheiße aus. ", merkte sie erstaunlich gelassen und verzweifelt an, was eindeutig nicht zu ihrem Blick passte. Als Antwort darauf, gab ich ihr nur ein genervt ironisches 'Danke' zu verstehen. Darauf folgte Schweigen.
Ich bot ihr an sich zu setzten, doch sie schüttelte daraufhin nur ihren Kopf. " Was ist los?", fragte ich sie besorgt und strich sanft über ihren Arm. Ihre Miene wurde trauriger. " Es tut mir leid.". " Was tut dir leid? ", entgegnete ich ihr sofort. Total verwirrt sah ich sie an, ich verstand nicht was sie meinte. " Du weißt, ich habe nichts gegen deinen Drogen Konsum...", fing sie unsicher an. Doch sie beendete ihren Satz vorzeitig. Trotzdem wusste ich genau worauf sie hinaus wollte. Man konnte es in ihrer Stimme hören. Sie schwieg eine ganze Weile. " aber? ", versuchte ich ihren Satz fortzuführen und sie zum weitersprechen zu animieren. Angespannt strich ich mir meine Haare aus dem Gesicht. " Timi, weshalb warst du im Krankenhaus?" . Ich hasste es wenn sie um eine Thema herum sprach und nicht auf den Punkt kam. Das hatte sie aber schon immer getan. Man konnte aus ihren hellgrünen Augen genau ablesen, dass es eine rhetorische Frage war. Sie sah zu meinen Armen hinunter, musterte diese und sah schnell wieder zu mir hoch. Die Antwort wusste sie genau, sie wollte diese nur aus meinem Mund hören. Wir kannten uns schon Jahre und in denen habe ich gelernt, dass Lügen bei ihr nichts brachten. In dem Fall hätte mich eine Lüge nur noch mehr in die Scheiße geritten. Also nahm ich all meinen Mut zusammen und antwortete ihr knapp mit der Wahrheit: " Heroin Überdosis." .
In ihren Augen stand die Enttäuschung geschrieben und sie sah nur noch so durch mich hindurch. Es folgte wieder einmal einfach nur Schweigen, welches ein förmlich umbrachte. In meinen Gedanken flehte ich sie an endlich etwas zu sagen. " Es tut mir leid.", wiederholte sie sich selber und löste ihren Blick von mir. "Jetzt sprich doch endlich mit mir!", schoss es wahrscheinlich etwas zu unhöflich aus mir heraus. Aber ich konnte es nicht mehr aushalten. Das was sie sagte und auch das was sie nicht sagte, machte mich wahnsinnig. Vorsichtig griff ich nach ihrem Arm und ging ein Schritt auf sie zu. " Was tut dir leid?!". Meine Stimme wurde lauter und Panischer. Ihr Schweigen machte mich verrückt. Doch sie Schluckte nur schwer.
Endlich nach geraumer Zeit sah sie mich wieder an. Ihre folgenden Wörter trafen mich schwer und Überwiegten alle meine Vorstellungen. " Ich will nicht mehr , dass du unseren Sohn siehst. Nicht solange du deine Sucht und dein Leben nicht im Griff hast.". Nachdem sie zu ende gesprochen hatte, zog sie ihren Arm weg. Ich konnte nicht glauben was sie da sagte. Geistesabwesend lockerte ich meinen griff und wie versteinert ließ ich in Zeitlupe meinen Arm sinken. " Das kannst du nicht machen. Unser Sohn soll nicht ohne Vater aufwachsen. ". Ich sah sie flehend an. " Dann hast du ja einen Ansporn, endlich was in deinem Leben zu verändern. Wenn nicht, können wir das auch anders klären, dann wirst du dein Kind nie wieder sehen. Aber bitte lass es nicht soweit kommen Tim. " Fassungslos sah ich sie an. War das wirklich ihr ernst?
Zum wiederholten mal bat ich sie darum es nicht zu tun, aber sie blieb Stur bei ihrer Entscheidung. "Ich weiß, dass es dir weh tut Timi. Mehr als du es dir wahrscheinlich eingestehen willst, aber für mich war die Entscheidung auch nicht leicht. Ich will doch nur das Beste für unseren Sohn, dass musst du dir doch selbst eingestehen.". Ich verstand, ich konnte alles nachvollziehen, aber ich wollte meinen Sohn nicht verlieren. Nicht ihn auch noch. " Ich bitte dich ein letztes mal. Tu mir das nicht an." . Doch sie antwortete mir nicht mehr. Stumm sah sie nach unten und wieder einmal schwiegen wir beide nur.
Zögernd sah sich mich nach einer Weile mit glasigen Augen an. Sie litt auch darunter. Von Anfang an wollte sie eine Heile Familie haben und nicht eine kaputte wie es bei ihr oder mir der Fall war. Ihr Vater hatte sie als sie noch ein kleines Mädchen war verlassen und so zog ihre Mutter sie ganz alleine Groß. Wenigstens ihr Kind sollte einen Vater haben. Doch es war alles anderes gekommen als geplant. Wir trennten uns schon vor der Geburt unseres Sohnes. So gab es von vornerein keine Hoffnung darauf, eine gemeinsame glückliche Familie zu werden. Doch wir rissen uns zusammen, blieben Freunde und versuchten das Beste für unseren Sohn aus der ganzen Situation heraus zu holen. Sie tat alles für unseren Sohn; sie ist einfach die perfekte Mutter und ich könnte mir keinen anderen in dieser Rolle vorstellen. Ich wusste genau wie sehr es ihr weh getan haben musste, ihrem Sohn seinen Vater vorerst zu 'verbieten', aber es war besser so. Ein vier Jähriges Kind sollte nicht mit Drogen in Kontakt kommen oder gar sehen wie sein eigener Vater sich Tag für Tag einen Schuss setzt nur um zu funktionieren.
" Darf ich mich wenigstens noch von ihm verabschieden? ... Fürs erste.", fragte ich sie leidend, aber sie sah mich einfach nur an. Sie trat näher an mich heran und drückte mir einen Kuss auf die Wange. " Auf wiedersehen Timi.". Sie quälte sich für ein kleines lächeln. Mit diesen Worten entfernte sie sich wieder von mir und verschwand aus meinem Augenwinkel. Wie angewurzelt blieb ich einfach nur stehen und starret Löcher in die Luft. Wieder war einfach nur eine einzige Leere in mir. Ich wusste nicht was ich fühlen sollte.
Die Tür fiel ein weiteres mal ins Schloss und es kam mir so vor als würde die Stille und die enge des Raumes mich erdrückten.
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Das Ende von Trailerpark
FanfictionTimi denkt über seine zeit im Trailerpark nach. Es hatte sich einiges in seinem Leben verändert. Beruflich aber auch in seinem Privatleben. Alles brach Stück für Stück zusammen. Lukas war für seinen Besten Freund da und obwohl Tim es ihm nicht imme...