Nach der Beerdigung zog ich mich zurück, weg von allen anderen und vom Friedhof. Ich stellte mich zu einer Baumreihe bei den Parkplätzen und beobachtete die Gäste, wie sie in Massen zu den Autos strömten. Der vorher überfüllte Parkplatz, war innerhalb weniger Minuten so gut wie leer. Sie fuhren alle in die selbe Richtung. Wie üblich gab es auch nach dieser Beerdigung ein Treffen aller Gäste in einem Restaurant. Wir haben zwar auch alle eine Einladung von Stevens Eltern bekommen, lehnten sie jedoch höflich ab. Ich wünschte mir nichts sehnlicher als mich endlich wieder auf den Weg nach Hause zu machen. Für seine Eltern tat es mir schon ein wenig leid, aber mit durchnässten Anzügen im Restaurant zu sitzen war eindeutig nicht meine Lieblings Tätigkeit. Zum Glück konnten sie es verstehen . Steven hatte bezaubernde Eltern.
Der Regen hatte glücklicherweise nachgelassen. Nur noch vereinzelt flogen kleine Regentropfen mit dem Wind umher und rieselten in mein Gesicht. Meine Nerven wurden durch den ganzen Tag auf die Probe gestellt und zum ende hin war ich einfach nur noch fertig. Ich wollte nur noch eine Rauchen. Verzweifelnd versuchte ich mir eine Zigarette anzuzünden. Jedoch waren meine Hände eingefroren und tierisch am zittern. Der Regen gemischt mit dem Wind machten es schier unmöglich mein Feuerzeug zu benutzen. Immer wieder nuschelte ich unerkennbare Beleidigungen vor mir hin. Nach etlichen versuchen gab ich es auf und ließ die durchnässte Kippe fallen.
Mein Blick schweifte zu Lukas herüber, der sich gerade mit Stevens Eltern unterhielt. Er war echt der Liebste Mensch der Welt. Ein kleines lächeln zierte mein Gesicht. Doch wenig später verschwand dieses als ich hörte, wie sich mir langsame Schritte näherten. Ich wartete einfach ab. Wenig Sekunden später hörten die schritte auf; die Person musste direkt hinter mir stehen geblieben sein. " Ey yo Timi? Hast du Koks? " Ich erkannte die die Raue Stimme mit dunkeln Unterton. Basti. Geistesabwesend griff ich in die Innentasche meiner Jacke und holte ein kleines Tütchen mit weißem Pulver heraus. Er ging um mich herum. Doch wie angewurzelt blieb ich stehen und starrte das Kokain einfach nur an. Er wollte gerade danach greifen, aber ich machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Ich umschloss das kleine Tütchen in meiner Hand und hinderte ihn so daran. Wütend stand Basti vor mir und sah mir in die Augen. " Digga. Komm schon. Gib es her!", er wurde zum ende hin immer Lauter und wollte nach meinem Arm greifen. Aber bevor er ihn packen konnte, hatte ich diesen schon weg gezogen. "Nein", entgegnete ich ihm stumpf. Erst danach sah ich ihm auch in die Augen. Basti verzog seine Mine weiter und wollte mich weiter anschreien, aber ich sprach schnell dazwischen. " Sonst bist du noch länger in der Klinik oder du liegst bald genauso wie Steven unter der scheiß Erde.", versuchte ich ihm mit einem ernsten Unterton zu vermitteln." Timi jetzt stell dich nicht so Spießig an!" Ich antwortete ihm nicht weiter und verstaute das Kokain einfach wieder. In dem Moment fuhr ein Auto hinter uns auf den Parkplatz. Ich warf einen kurzen Blick zu dem Schwarzen BMW. "Na toll jetzt ist es auch zu spät..." Er musste seinen Satz unterbrechen, weil das Auto Hupte. Genervt seufzte er und beendete seinen Satz stumpf." Man sieht sich". Zum Abschied schlug er mir freundschaftlich gegen den Arm und stieg gezwungenermaßen ins Auto. Ich sah meinem Freund hinterher wie er in das Auto stieg und wenig später weg fuhr. Ich wusste nicht, wann ich Basti wieder sehen würde.
Gerade war das Auto aus meinem Blickfeld verschwunden, da kam auch schon Lukas auf mich zu. Ich verfolgte seine Schritte aus dem Augenwinkel, bis er letztendlich vor mir stehen blieb. Nur verschwommen nahm ich ihn wahr. Meine Brille war verregnet und hinderte mich so an einer klaren Sicht. Ohne irgendwas zu sagen, sahen wir uns einfach nur an. Gerade als unser anstarren peinlich geworden war, hob Lukas langsam seine arme und bewegte sie in Richtung meines Gesichts. Im wahrsten Sinne des Wortes stand ich wie eingefroren da und ging vom schlimmsten aus. Doch anstatt wie angenommen sie an meine Wangen zu legen, legte er seine Finger an das Gestell meiner Brille und zog mir diese vorsichtig von meiner Nase. Während er mir meine Brille absetzte, schloss ich aus Reflex meine Augen. " Du kannst ja gar nichts erkennen.", sagte er leise und wischte mit seinem Daumen den Regen von den Gläsern. Langsam öffnete ich meine Augen wieder und sah ihm dabei zu. So ganz ohne Brille, nahm ich ihn leicht verschwommen wahr. "Das machts jetzt aber auch nicht besser mit dem sehen.", gab ich ernst, aber mit einem kleinen schmunzeln auf den Lippen zurück. Er musste auch lächeln. Nachdem er meine Brille größtenteils vom Regen befreit hatte, setzte er sie mir wieder zärtlich auf. " Jetzt ist alles verschmiert, danke Lukas", seufzte ich genervt, welches in ein kleines lachen überging.
" Was wollte Basti vorhin von dir? Er sah sehr aufgebracht aus.", fragte mich der große nach einer Weile. Während ich ihm daraufhin die Situation im Groben erklärte, gingen wir ein wenig den nah gelegenen Pfad entlang. Wir gingen und gingen. Immer weiter und ohne genau zu wissen wohin er uns führen würde. Anfangs unterhielten wir uns noch über Basti, aber irgendwann schweiften wir ab und redeten über die verschiedensten Dinge; und über Sudden. Obwohl es uns beiden offensichtlich schwer viel darüber zu reden, machte mir Lukas immer wieder Mut. Seine Art allgemein und wie er zu mir sprach. Das alles machte dieses Thema erträglich und wir vergaßen die Zeit total.
Nach einer ganzen Weile blieb Lukas auf einmal stehen. Verwirrt drehte ich mich daraufhin zu ihm um. " Weißt du wo wir sind ?" ,fragte Lukas und Blickte umher. "Ehm..." ,gab ich nur von mir und sah mich genauso Ratlos um. Der Wald Pfad hatte paar Meter hinter uns geendet und führte uns auf einen Kies Platz mit mehreren Autos. Im Hintergrund war ,hinter einer langen Baumreihe, eine Straße zu erkennen. Die Bäume verdeckten vereinzelt Häuser die am Straßenrand standen. Links von uns befand sich ein Café in einem Modernen Landhausstil. Ich strich mir meine Nassen Haare zurück und sah wieder zu Lukas. Ohne irgendeine Ahnung zu haben, zuckte ich mit den Schultern und wartete auf eine Reaktion von ihm. " Lass mal darein gehen. Die können uns Sicherlich helfen und ein warmes Getränk wäre auch nicht schlecht." Ich nickte ihm nur zu.
Tropfend betraten wir das relativ gut gefüllte Café. Der familiäre Landhausstil wurde innen weitergeführt und brachte eine Heimatliche Atmosphäre mit sich. Wir gingen den offen gehaltenen Flur entlang und zogen unsere Jacken dabei aus. Mein weißes Hemd war durchsichtig geworden und schmiegte sich eng an meine Haut. Sofort kam eine kleine brünette Kellnerin mit einem strahlenden Lächeln auf uns zu. Sie war echt süß.
Nach kurzem Wortwechsel, führte sie uns zu einem freien Tisch in der nähe eines Kamins. Anscheinend hatte sie unser kleinstes Problem erkannt und stellte uns freundlicherweise auch noch zwei Handtücher zur Verfügung. Während wir versuchten unsere Hände, unser Gesicht und unsere Haare teilweise trocken zu bekommen, warteten wir auf unsere Bestellung. Wenig später servierte sie uns mit einem Lächeln auf den Lippen unsere Kaffee und nahm die nassen Handtücher wieder mit. Lukas trank diesen genüsslich und redete darüber wie gut dieser ja schmecken würde. Doch ich hielt die Tasse einfach nur in Händen und starrte in die Schwarze Flüssigkeit hinein. Ich dachte darüber nach was nun sein würde. Skinny hätte mich zu Hause in Bielefeld abgesetzt, aber dann? Was wäre dann passiert? Der schmerz über den Tod von Sudden saß tief. So wie ich mich kannte hätte ich mich verzogen und wäre daran selbst irgendwann abgekratzt. An einem Überschuss an Tabletten, am Goldenen Schuss oder vielleicht an Unterernährung; wer weiß, ich ging eben immer vom schlimmsten aus. Ich hatte nichts mehr. Meine Band hatte mir über Jahre hinweg einen Sinn gegeben, mich glücklich gemacht. Doch nun war das alles innerhalb eines halben Jahres zusammen gebrochen. Nur noch Vortex, Lukas und ich waren übrig. Mit Basti rechnete so gut wie keiner mehr von uns. Von vielen meiner anderen Kollegen hatte ich schon seit Monaten kaum bis keinen Kontakt mehr. Ich zog mich immer weiter zurück. Mir war alles egal. Ich hatte zwar seit einigen Jahren mein eigenes Label, welches mittlerweile schon ziemlich bekannt war, aber seitdem das mit Basti angefangen hatte, hab ich das Management meinen Label Kollegen überlassen. Das Loch wurde immer größer.
Ich bemerkte wie Lukas mich eine Weile lang beobachtete. Er wollte mich wahrscheinlich ansprechen, aber ich kam ihm zuvor. " Lukas. Fahr nicht wieder nach Berlin. Komm mit mir nach Bielefeld.", sagte ich leise ohne ihn anzusehen. Genauso wie Lukas ,war ich von dem was ich sagte überrascht. Lukas brachte anfangs kein Wort heraus und sah mich nur überrumpelt an. "Was ist los Tim?". Ich schwieg. Er strich sich durchs Gesicht. " hmm.. Ich weiß nicht. Ich würde ja gerne. Nur ich hab demnächst ein Paar Term-...", Lukas musste seinen Satz abbrechen. " Passt schon. Alles Gut.", fiel ich ihm ins Wort und zwang mich dazu, ihm ein lächeln zu Schenken. Vorsichtig nippte ich an meinem bereits Kalt gewordenen Kaffee. Dann schwieg auch Lukas und lange wartete ich darauf, bis er irgendetwas sagte um diese unangenehme Situation zu durchbrechen.
" Los, schreib Marcel. Ich werde mitkommen.", durchbrach er dann endlich die Stille. Noch während er am Sprechen war, sah ich ihn Reflexartig an und konnte nicht glaube was er da von sich gab. Ich hätte mit allem gerechnet, nur nicht mit dem. Dankend lächelte ich ihn ehrlich und sanft an. Sofort holte ich mein Handy heraus, um Marcel unseren Standpunkt zu schicken. Dazu schickte ich ihm noch eine kurze Sprachnachricht in der ich ihm erklärte, dass wir uns verlaufen haben und wir Lukas mit nach Bielefeld nehmen würden.
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Das Ende von Trailerpark
FanfictionTimi denkt über seine zeit im Trailerpark nach. Es hatte sich einiges in seinem Leben verändert. Beruflich aber auch in seinem Privatleben. Alles brach Stück für Stück zusammen. Lukas war für seinen Besten Freund da und obwohl Tim es ihm nicht imme...