Kapitel 6

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„Nur noch einen Anruf", sagt Noah und hält sich das Handy ans Ohr. Aber das kenne ich schon. Er verschwindet in unserem Büro. Ich schließe die Haustüre, seufze und gehe die Treppe nach oben. Ich höre Noahs Stimme aus dem Büro. Er spricht gleichmäßig, dieser Auftrag muss wirklich wichtig sein. Mit jedem Schritt wird seine Stimme leiser. Ich höre das Klicken des Schlosses, als er die Türe schließt und seine Stimme verstummt.

Die Holztreppe ächzt leise unter jedem meiner Schritte. Ich gehe ins Badezimmer, lehne die Türe an und schlüpfe aus meinen Klamotten. Ich genieße das warme Wasser auf meinem Körper. Es klärt meine Gedanken. Meine Muskeln entspannen sich, ich fühle mich frei. Einige Minuten stehe ich unter dem Wasser und denke an nichts. Dann stelle ich das Wasser ab und wickle mich in ein großes Handtuch. Ich stelle mich vor den Spiegel und bürste meine Haare.

Aus dem Flur höre ich leise das Knarzen der Holztreppe. Das war aber ein kurzes Telefonat. Ich dachte, es würde länger dauern. Ich blicke zum Türspalt und warte darauf, dass sein Haarschopf im Türrahmen erscheint. Das Knarzen wird leiser, die Haustüre fällt leise ins Schloss. Was? Er war hier oben? Warum sagt er mir nichts und haut einfach ab? Er hat gesagt, er muss einen Anruf erledigen. Davon, dass er nochmal los muss, hat er nichts gesagt.

Ich halte mein Handtuch fest und tapse mit nassen Füßen die Stufen nach unten. Ich drücke die Klinke und öffne die Haustüre ein Stück.

„Noah?", frage ich leise. Sein Jeep steht quer über der Einfahrt.

„Noah?", frage ich nochmal. Diesmal lauter. Leise höre ich seine Stimme hinter mir. Er telefoniert. Im Büro? Aber er ist doch gerade zur Haustüre raus?

Ich schließe die Haustüre, ziehe mein Handtuch fester um meinen Körper und schleiche zu seinem Büro. Ich klopfe leise an seiner Türe und öffne sie einen Spalt. Er sitzt an seinem Schreibtisch. Ich blinzle schnell. Das kann doch nicht sein. Er lächelt, als er mich entdeckt. Ich blicke den Flur entlang zur Haustüre und dann wieder zu ihm. Wie kann das sein?

„Okay", sagt Noah in sein Telefon. Er deutet kurz auf sein Handy, und formt mit seinen Lippen lautlos „Zwei Minuten". Ich nicke, schließe die Bürotür leise hinter mir und tapse in die Küche.

Ich blicke aus dem Fenster. Mein Herz schlägt wild in meiner Brust. Von hier aus kann ich ein großes Stück der Straße sehen. Ich sehe unsere Autos und ein paar Bäume. Noahs Schritte dröhnen im Flur. „Gut, dann bis morgen", sagt er. Seine Schritte nähern sich.

„Das hast du aber schon lange nicht mehr gemacht", sagt er hinter mir. Ich spüre seinen Körper an meinem Rücken, seine Hände am Saum des Handtuches. Was? Ich drehe mich um uns sehe ihn lächeln. Seine Augen funkeln.

„Warst du gerade draußen?", frage ich schnell. Er beugt sich zu mir, küsst meinen Hals.

„Nein", sagt er. Ich spüre seinen Atem auf meiner Haut, seine Hände schiebt er unter mein Handtuch. Ich lege meine Hände auf seine Brust und drücke ihn ein Stück zurück.

„Bist du dir sicher?", frage ich. Er lacht. „Ob ich mir sicher bin? Also, ob ich ganz sicher weiß, dass ich gerade nicht zur Haustüre raus oder reingegangen bin?", fragt er grinsend.

„Noah, beantworte die Frage", fauche ich. Er runzelt die Stirn.

„Lilia, was ist los?", fragt er und legt seine Hände auf meine Oberarme.

„Ich habe...also die Treppe hat geknarzt", sage ich und fuchtle mit meiner Hand Richtung Obergeschoss. Noah verfolgt meine Gesten mit seinem Blick.

„Und dann habe ich die Haustüre gehört. Ich dachte, dass du in die Firma fährst. Aber dann habe ich dich im Büro gehört", sage ich und fuchtle Richtung Haustür. Meine Haare sind nass, meine Haut ist nur von einem Handtuch bedeckt. Ich fühle mich nackt und zittere.

„Ich...ich glaube, es war jemand im Haus", flüstere ich.

„Ich habe nichts gehört", sagt er und legt seine Hände auf meine Oberarme.

„Aber ich!", fauche ich.

„Wer soll denn im Haus gewesen sein?", fragt er, „du hast dich bestimmt nur getäuscht"

„Getäuscht? Die Treppe hat geknarzt!", schreie ich, „das bilde ich mir doch nicht ein!" Noahs Griff um meinen Oberarm wird fester. Er sieht mir in die Augen.

„Es ist eine Holztreppe. Und Holz arbeitet. Da knarzt und knackst es doch ständig", sagt er. Ja, er hat recht. Die Treppe knarzt ständig. Vielleicht habe ich mir das mit der Haustüre auch nur eingebildet. Ich war im Bad. Das kann ich gar nicht so genau gehört haben.

„Es ist alles in Ordnung", sagt er sanft und zieht mich an sich. Ich lege meine Wange an seine Brust. Ich spüre seine Arme fest um meinen Körper. Sein Herz klopft gleichmäßig, ich schließe meine Augen. Ich versuche meinen Atem seinem anzupassen. Mit jedem unser Atemzüge werde ich ruhiger, ich fühle mich sicher.

„Lass uns lieber über dieses Outfit hier sprechen", sagt er mit rauer Stimme und fährt mit seinen Händen an meinem Handtuch entlang.

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