Kapitel 34

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– 01: Empfang

„Paula?", frage ich in den Hörer. „Ja, hey, Lilia. Ein Kunde ist für dich dran", sagt sie. „Ein Kunde?", frage ich. „Herr Leroy. Er wollte dich persönlich sprechen", sagt sie.

- -

Ich schlucke und erinnere mich an seine Nachricht von gestern 'Ich habe da noch ein paar Fragen an Sie, Frau Wess'  Ich rutsche auf meinem Stuhl hin und her, denn ich habe ihm darauf noch nicht geantwortet. „Äh...Danke, Paula. Du kannst ihn durchstellen", sage ich. „Okay, Tschüss", sagt sie und legt auf.

Ich würde mich noch gerne räuspern, doch ich merke, dass er bereits in der Leitung ist. „Wess", sage ich laut und versuche professionell zu klingen, doch meine Stimme ist viel zu hell. „Frau Wess, guten Tag" Seine Stimme klingt durch das Telefon noch dunkler als sonst und ich merke, dass ich den Hörer fest umklammere.

„Shane, du kannst hier nicht einfach anrufen", sage ich leise. „Sehen wir uns?", fragt er. „Shane, hast du mich gehört?", frage ich und merke, dass ich flüstere. „Lilia, entspann dich. Wir arbeiten schließlich zusammen"

„Trotzdem", fauche ich leise. „Du bist süß, wenn du sauer bist", sagt er. „Shane", seufze ich. „Lilia", raunt er und seine Stimme bereitet mir eine Gänsehaut.

„Hast du meine Nachricht bekommen?", fragt er. „Ich...also...ja, habe ich", sage ich ehrlich. „Und warum antwortest du nicht?", fragt er. „Ich bin noch nicht dazu gekommen", sage ich und überlege krampfhaft nach einer guten Erklärung. „Was war denn wichtiger?", fragt er und klingt dabei plötzlich so ernst. „Also...ich war gestern mit Kim unterwegs", sage ich. „Das war gestern", sagt er, „und was war heute wichtiger?"

„Dein Auftrag", sage ich und versuche streng zu klingen. „Der kann warten", sagt er. „Das wird mein aber Chef anders sehen", sage ich zickig. „Irgendwie bin ich dein Chef, findest du nicht?", fragt er viel zu laut und ich blinzle schnell. „Ich...", sage ich doch er unterbricht mich. „Also, sehen wir uns?"

„Heute kann ich nicht", sage ich schnell. „Warum?", zischt er. Ich räuspere mich und überlege, was ich ihm sagen könnte. Ich möchte heute alleine sein. Ich muss mir Gedanken machen. Über mich. Über Noah. Über ihn. „Ich habe schon etwas vor", sage ich um Zeit zu gewinnen. „Und was?", fragt er etwas sanfter. „Ich treffe mich mit Kim", lüge ich und bereue sofort, dass ich ihm alles beantworte.

„Rufst du wegen dem Auftrag an?", frage ich.  „Nein, wegen dir", sagt er. „Shane, das geht nicht", sage ich wieder. „Lilia, du siehst doch, dass das geht"

„Ich muss jetzt weiter arbeiten", sage ich. „Ich weiß, schließlich arbeitest du für mich", sagt er. „Wir haben auch noch andere Kunden", sage ich. „Oh, das hoffe ich", sagt er und lacht. Sein Lachen dringt mir bis in die Knochen.

"Sehen wir uns?", fragt er wieder und ich seufze. "Ich muss jetzt weiter arbeiten", sage ich. "Ich hätte da auch noch ein paar Aufgaben für dich", sagt er und ich verdrehe meine Augen. „Shane, ich lege jetzt auf. Tschüss", sage ich und lege auf. Ich betrachte das Telefon und seufze laut. Ich drehe mich wieder zu meinem PC und zucke zusammen, als mein Telefon wieder klingelt. Ich blicke auf das Display.

– 01: Empfang

Ich schlucke und hebe ab. „Paula?", frage ich vorsichtig in den Hörer. "Ja, äh...Herr Leroy ist nochmal dran", sagt sie. „Ja, also die Verbindung wurde getrennt", versuche ich mich rechtzufertigen und merke, dass ich auf das Telefon deute, obwohl sie mich nicht sehen kann. „Ja, ok. Also er ist nochmal dran. Ich stelle ihn durch", sagt sie. „Okay, Danke", sage ich und wippe mit dem Fuß.

„Ja?", frage ich vorsichtig in den Hörer. „Ich werde deine Durchwahl brauchen", sagt Shane ernst. „Nein, ich glaube nicht", sage ich. „Dann werde ich deine Sekretärin weiterhin stören müssen", sagt er und ich höre, dass er grinst. „Shane, das geht nicht. Bitte ruf hier nur an, wenn es etwas geschäftliches ist", sage ich und versuche sicher zu klingen. „Kannst du das mit Kim verschieben?", fragt er. „Shane", seufze ich, „bitte lass das. Wir sehen uns bald", sage ich. „Ich weiß", sagt er und legt auf. Ich blicke auf den Hörer und blinzle schnell.

Ich trinke ein Glas Wasser und versuche mich wieder auf die Arbeit zu konzentrieren. Ich kämpfe mich durch die Aufträge, durch die Dateien und Grafiken. Jedes Briefchen, das in meinem Posteingang aufblinkt lässt mich hoffen, dass es eine E-Mail von Noah ist, doch vergeblich. Schleichend vergehen die Stunden ohne eine Antwort von ihm.

Vielleicht sollte ich nochmal zu ihm gehen und mit ihm reden? Ich möchte ihm in die Augen schauen und ihm sagen, wie sehr er mir fehlt. Ich nicke, stehe auf und zucke zusammen, als es plötzlich laut an meiner Türe klopft. Noah. Mein Herz schlägt schneller. Er hat es sich anders überlegt. Schnell streiche ich meine Bluse glatt und fahre mir mit der Hand durch meine Haare.

„Herein", sage ich vorsichtig. Die Türe öffnet sich und ich sehe blaue Augen. „Shane!", keuche ich, „was machst du hier?" Er tritt in mein Büro und schließt die Türe hinter sich. Sein dunkler Anzug sitzt perfekt. „Ich wollte dich sehen", sagt er und kommt auf mich zu.

„Du kannst doch hier nicht einfach auftauchen!", fauche ich. Seine Augen leuchten hell. „Naja, jetzt bin ich allerdings schon hier", lacht er und stellt sich vor mich. Ich kann seinen Duft riechen und blinzle. „Shane...ich habe viel zu tun", sage ich schnell und sehe zu ihm auf.  Seine Gesichtszüge wirken angespannt, seine Nähe wirkt so fremd. „Bedeute ich dir denn gar nichts?", fragt er. „Was?", frage ich und blinzle schnell. „Ob ich dir gar nichts bedeute", fragt er nochmal.

„Shane, ich...", stottere ich und weiß nicht, was ich antworten soll. „Was ist das mit uns?", fragt er und sieht mir in die Augen. "Wir können das nicht hier besprechen. Noah ist hier, sein Vater ist hier. Das ist nicht richtig", sage ich und höre Paulas hohe Absätze vor der Türe. Für einen Moment schließt Shane seine Augen und atmet tief. „Okay", sagt er leise, „heute Abend?" Seine Stimmung macht mich nervös.

„Ich habe dir doch schon gesagt, dass ich heute mit Kim verabredet bin", sage ich und spüre meinen Herzschlag gegen meine Brust hämmern. „Was habt ihr denn vor?", fragt er ernst. „Spielt das eine Rolle?", frage ich und sehe wie er stutzt. „Und wann sehen wir uns?", fragt er wieder und ich fühle mich wie vorhin bei Noah. Nur, dass jetzt ich diejenige bin, die Zeit braucht.

„Bald", sage ich und versuche zu lächeln. „Bald", wiederholt er und legt seine Hand in meinen Nacken.  Er zieht mich zu sich und nähert sich meinen Lippen. Ich möchte zurückweichen, doch sein Griff ist fest. Er legt seine Lippen auf meine, doch es fühlt sich anders an. Er fühlt sich gefühllos und falsch an. Das Klappern von Paulas Absätzen vor meinem Büro wird lauter. Sie wirkt wie ein Wachhund und Shane löst sich von mir. Er lächelt kalt und geht mit großen Schritten zur Tür. Langsam zieht er sie auf und für einen Moment verstummt das Klappern von Paulas Absätzen. Sie sieht ihn mit großen Augen an und trippelt schließlich davon.

Shane bleibt in der Türe stehen und dreht sich nochmal zu mir. Für ein paar unendlich lange Sekunden sehen wir uns an.  Dann runzelt er die Stirn und kommt wieder auf mich zu. Mein Herz schlägt schneller und ich halte den Atem an, als er vor mir stehenbleibt und mir seine Hand an die Wange legt. „Du bist etwas besonderes", sagt er leise. Ich möchte etwas sagen, doch eine Bewegung im Augenwinkel lässt mich zusammenzucken. Schnell schlage ich seine Hand weg und sage laut: „Auf Wiedersehen, Herr Leroy"

Oliver steht im Türrahmen und sieht uns an. Ein dunkler Schatten huscht über sein Gesicht und ich spüre wie mir die Hitze in die Wangen steigt. Ich bin mir sicher, dass Oliver Shanes Hand an meiner Wange gesehen hat. „Auf Wiedersehen, Lilia", sagt Shane laut und reicht mir seine Hand. Ich schüttle sie und Shane dreht sich zu Oliver.

„Herr Leroy. Wie schön, dass Sie pünktlich sind. Lassen Sie uns gleich in mein Büro gehen", sagt Oliver und sieht mich ernst an. Ich erstarre unter der Kälte seines Blickes. Shane geht an ihm vorbei und Oliver wendet seinen Blick ab. Ich merke, dass ich die Luft angehalten habe und Atme laut aus, als Shane die Türe hinter sich schließt.

Die dröhnende Stille meines Büros droht mich zu erdrücken.  Shane hat hier einen Termin. Oliver hat uns gesehen. Mein Atem rasselt laut, mein Herz pocht wild in meiner Brust und ich kralle mich an meinem Schreibtisch fest. Jetzt ist alles vorbei. Ich verliere meinen Job. Ich verliere Noah. Ich verliere alles. 

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