Zuhause

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Ich trinke ein Glas Wasser und  blicke aus dem Fenster. Von hier aus kann ich den Wald sehen. Ich seufze. Ja, es ist schade um meine kleine Prinzessin. Doch endlich fühle mich frei. Frei für sie.

Ich stelle das Glas in die Spülmaschine, denn Lilia mag keine Unordnung. Ich gehe nach oben, die Stufen ächzen unter meinem Gewicht. Das Geräusch ist mir inzwischen vertraut, ich grinse und bleibe vor ihrem Schlafzimmer stehen. Wie gerne ich hier bin. Ja, hier fühle ich mich wohl. Ich lege meine Hand auf die Türe und drücke sie langsam auf. Sie knarzt. Das Geräusch dröhnt in meinen Ohren, ich muss sie unbedingt ölen.

Ich betrete das Schlafzimmer. Lilia ist nicht hier, doch ihr Duft ist überall. Ich gehe zu ihrem Bett, stelle mich daneben, streiche über die Bettdecke, rieche an ihrem Kissen, ihr Duft berauscht mich. Ich fühle mich ihr so nahe, schließe meine Augen, genieße diesen intimen Moment.

Ich lege das Kissen zurück, gehe zum Schrank, öffne die Schranktüren. Hier riecht alles noch intensiver nach ihr. Ich streiche über ihre Blusen und Kleider, stelle mir vor, wie sich die Stoffe an ihre Haut schmiegen.

Ich habe ihr ihren Pullover zurückgebracht. Ich betrachte ihn in meiner Hand. Sie sollte ihn waschen, denn meine kleine Prinzessin hat ihn eine ganze Weile getragen. Ich gehe zum Wäschekorb im Eck, hebe den Deckel an und lege den Pullover hinein. Draußen höre ich eine Autotür zuschlagen und erstarre. Ich schleiche zum Fenster und sehe ein Auto wegfahren. Ich halte den Atem an, höre das Schloss klicken, höre, wie die Haustüre geöffnet wird, höre Absätze im Hausflur klappern. Einen Moment ist es still, dann höre ich die Treppe knarzen.

Ich blicke mich im Schlafzimmer um. Ich will nicht, dass sie mich hier sieht. Noch nicht. Wir sind noch nicht so weit. Ich schleiche zur Schlafzimmertür und stelle mich dahinter. Ich presse meinen Rücken gegen die kalte Wand und höre ihre Schritte näher kommen. Ich spüre, dass sie mir ganz nahe ist. Die Türe knarzt, öffnet sich ein Stück, und stoppt ein paar Zentimeter vor meinem Brustkorb. Ich drücke mich fester an die Wand, das Türblatt verschluckt mich, ich höre ihre Schritte im Schlafzimmer, höre ein Rascheln und Scheppern.

Ich halte es nicht mehr aus, wünsche mir, ich könnte sie sehen. Ich will sie sehen. Ich muss sie sehen. Langsam beuge mich etwas zur Seite. Da ist sie. Sie ist so wunderschön. Sie öffnet den Reißverschluss ihrer Reisetasche und holt ihre Kleider heraus. Ich möchte ihr Gesicht sehen, doch ihre Haare fallen ihr ins Gesicht. Sie richtet sich auf, geht zum Wäschekorb und legt ihre Kleider hinein. Sie dreht sich um und blickt zu dem offenen Schrank. Sie macht einen Schritt auf ihn zu, holt aus und knallt nacheinander die Türen zu.

„Wie. Oft. Noch?", faucht sie leise und ich grinse. Sie sieht wütend aus. Ja, sie mag es nicht, wenn die Türen offen stehen. Wie gerne würde ich sie an mich ziehen, ihren Ärger wegküssen, doch ich verstecke mich wieder hinter der Türe. Ich nehme jedes Geräusch in mich auf, ihre Anwesenheit berauscht mich. Ich höre ihre Schritte näher kommen. Ich schließe meine Augen, spüre einen Luftzug an meinem Körper, höre das Knarzen und öffne meine Augen. Sie hat die Türe angelehnt und mich alleine gelassen.

Ich lehne mich an die Wand und lache leise. Ich trete zur Türe, höre Wasser plätschern. Das Geräusch zieht mich magisch an, ich brauche ihre Nähe. Vorsichtig öffne ich die Türe ein Stück, blicke durch den Türspalt. Ich kann sie nicht sehen, schleiche auf den Treppenabsatz, entdecke eine Bewegung im Bad, und blicke durch den Türspalt.

Ich sehe ihre Kleider am Boden, sehe, wie sie in die Dusche steigt, sehe ihren perfekten Körper, ihre perfekte Haut. Die Wasserperlen glitzern auf ihrer Haut, laufen ihren Körper entlang. Wie gerne würde ich die Wassertropfen wegwischen, ihre Haut berühren und ihren Atem spüren.

Ich beobachte ihre Bewegungen, betrachte ihr schönes Gesicht, ihre geschlossenen Augen. Sie ist wie für mich gemacht. Ja, ich will sie. Ja, ich brauche sie. Ja, ich werde sie mir holen. Für einen Moment schließe ich meine Augen, atme tief und habe das Gefühl, als könnte ich ihre Hände auf mir spüren. Ich öffne meine Augen, merke, dass ich mein Messer viel zu fest umklammere und lockere meinen Griff.




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