Es war dunkle Nacht, und auch wenn die Uhr bereits eine sehr unmenschliche Zeit anzeigte, würden noch etliche Stunden hinzukommen. Stunden, die gefüllt waren mit der ewig gleich bleibenden Monotonie, die diese Zusammenkünfte nach all den Jahren mit sich brachten. Die Zeit verging einfach nicht ...
Was musste denn noch alles passieren, bis der Dunkle Lord endlich genug hatte? Seine Gier kannte in der heutigen Nacht wieder einmal keine Grenzen.
Snape stand mit einem gelangweilten Blick am Rande des Saals und beobachtete das Treiben, ohne wirklich zu sehen, was geschah. Es interessierte ihn auch nicht. Er war nur körperlich anwesend.
„Du siehst heute nicht sehr amüsiert aus, Severus", wurde er angesprochen und sein Blick glitt nichtssagend zu der schlangenhaften Gestalt neben sich, die ihn mit leuchtenden Augen betrachtete.
„Mylord, ich denke, dass ich nach all der Zeit, diesen Spielen nichts mehr abgewinnen kann. Es langweilt mich, um es milde auszudrücken", sagte Snape leise und hob eine Augenbraue.
Es wäre von jedem anderen dreist gewesen, dem Dunklen Lord zu sagen, dass seine Treffen langweilig wären, doch Snape, die rechte Hand des Lords wagte es, solche Kritik zu äußern. Der Dunkle Lord interpretierte es als das Verlangen nach mehr Grausamkeit und Snape war nicht daran interessiert, ihn über dieses Missverständnis aufzuklären. Er würde so oder so weiter Morden und Foltern. Das Einzige, das Snape tun konnte, war, ihm dies zumindest für den Augenblick auszureden.
Er war der Einzige, der für das Äußern seiner ehrlichen Meinung nicht den Tod fand und wenn der Dunkle Lord seine Aussage als einen Wunsch nach 'mehr' verstehen wollte, dann ließ er ihn gewähren. Was hatte er für eine Wahl? Es wäre eine ziemlich dumme Idee, Lord Voldemort zu sagen, dass er sich danach sehnte, diesen Ort und all die hier versammelten finsteren Gestalten, hinter sich zu lassen. Nein, er musste versuchen, vom Dunklen Lord unbemerkt, eine neue Richtung einzuschlagen. Eine unblutige, wenn möglich.
Voldemort schien einen Moment zu zögern. Sein Blick lag misstrauisch auf dem schwarzhaarigen Zauberer an seiner Seite. Als er kein Anzeichen für einen Frevel finden konnte, verzog sich sein Mund zu einem kalten Lächeln. „Was würde dich denn amüsieren, Severus?", fragte er mit einem gierigen Unterton. Der Gedanke, sich neue Grausamkeiten auszudenken, erheiterte ihn.
„Um ehrlich zu sein, Mylord, ich finde es langsam sehr einschläfernd, dass wir diese Blutsverräter und Aufständischen nach langer Folter töten und ...", doch weiter kam er nicht.
„So lasst sie doch selbst in den Tod gehen! Severus, du bist wie immer meine Muse", sagte der Dunkle Lord triumphierend und erhob sich von seinem Platz. Gut, das war nicht der Plan gewesen. Wo kam nur diese unbändige Blutgier her? Im schlimmsten Falle hatte er gerade dafür gesorgt, dass heute Nacht noch mehr Hexen und Zauberer ihr Leben ließen.
„Ich danke Euch, Mylord", murmelte Snape und beobachtete finster, wie Voldemort hinüber zu den Reihen seiner Anhänger schritt, die bisher zurückhalten das Geschehen verfolgt hatten und ihm sofort Platz machten. Er hätte sich am liebsten geohrfeigt.
Es war nicht seine Absicht gewesen, Voldemort zu neuen Grausamkeiten anzustacheln! Eigentlich langweilten ihn diese Qual und all das Leid auch nicht. Sie widerten ihn an. Mehr sogar, sie machten ihm Angst und bereiteten ihm Sorgen. Jedes Leben, das er nicht retten konnte, bereitete ihm seelisches Leid und verfolgte ihn bis in seine Träume.
Doch was konnte er schon tun, ohne sein eigenes Leben und seine Position in diesem Spiel zu gefährden?
Er beobachtete machtlos, wie Voldemort seine Idee freudig verkündete und die Todesser ihm zujubelten. Eine dumme Herde, bestehend aus willenlosen Mitläufern. Es würde also neue Opfer geben ...

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Seelenfänger
FantastikVoldemort glaubt nicht an Liebe und Selbstlosigkeit. Eine Tatsache, die Severus Snape nutzt um ein Leben zu retten. Eine Wette wird abgeschlossen und Severus steht vor einer schweren Aufgabe. Eine Aufgabe mit rotem Haar, blauen Augen und einem anstr...