Fighting... Die Perspektiven

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Die Perspektive.

Das ist der Begriff dafür, wer die Geschichte erzählt und wie seine Beziehung zu ihr ist.

In letzter Zeit kamen viele Anfragen zu den Perspektiven, was sie genau sind, und wo die Unterschiede zwischen ihnen liegen und deswegen hab ich mir gedacht, fassen wir mal alle zusammen.

Es gibt vier Hauptperspektiven:

-> Erste Person, "Ich"-Erzähler:

Dieser Erzähler ist im Grunde ganz einfach zu verstehen und macht kaum jemandem Schwierigkeiten. Der Erzähler beim "Ich"-Erzähler ist, wie der Name auch schon verrät, das "Ich". Es ist so etwas wie ein Tagebucheintrag. Jemand erzählt aus seiner persönlichen Perspektive. Alles, was "Ich" weiß, sieht, hört, fühlt, denkt, wahrnimmt, vermutet kann erzählt werden.

Nuvayla würde in der "Ich"-Perspektive so klingen:

"Ich lief auf den Berg hoch und wollte die graue Unterwelt und alles, was sich darin verbarg, vergessen und endlich wieder die Freiheit auf der Oberwelt genießen. Langsam kletterte ich immer höher, der Mondschein erleuchtete meinen steinigen Weg vor mir. Langsam konnte ich auch schon das Klirren und das Schnaufen der Wesen, die gerade die Nacht zum Tag machten, erfassen. Oben angelangt begrüßte mich die dunkle Landschaft und die unzähligen Drachen, die sich über ihr in die Lüfte schwangen..." usw

Hier müsst ihr aufpassen, dass ihr nicht in die Er oder Sie-Perspektive abrutscht. Das kommt oft vor, vor allem, wenn man keine Übung darin hat. Drum gibt Acht! ^^ Ihr dürft in der Ich-Perspektive aber auch nicht von Gedanken anderer Erzählen. Gemeint ist zB so was:

"Ich rannte zu Kaleb und blieb kurz vor ihm stehen. Er blickte in meine funkelnden Augen." (!!!) ACHTUNG!

Wie soll Nuvayla aus Simons Sicht, ihre eigenen strahlenden Augen sehen? So was ist unmöglich. Ihr müsst euch bei der "Ich"-Perspektive voll und ganz auf die Person versteifen, die gerade die Geschichte erzählt, denn wir sind in ihrem Kopf und deswegen sehen wir nur aus ihren Augen und hören nur ihre Gedanken und Gefühle ( so ist es auch beim personalen Erzähler! Kommt später noch)

Was man schreiben könnte, wäre folgendes:

"Ich rannte zu Kaleb und blieb kurz vor ihm stehen. Sein Blick wandte sich meinem zu und ich erkannte ihn. Er verlor sich gerade in meinen Augen." Oder so was... xD

Eingeschränkte dritte Person oder der personale Erzähler:

Das, liebe Leser, ist im Grunde dasselbe, wie der "Ich"-Erzähler, nur mit der "Er" oder "Sie" Form. Also der dritten Person Singular. Man könnte auch einfach das ganze "Ich" in "Er" oder "Sie" ändern, die Pronomen und Verbindungen ebenfalls und dann hat man den personalen Erzähler. So einfach. ^^ Dieser Erzähler ist genauso eingeschränkt, wie der "Ich"-Erzähler. Für einige Autoren vielleicht sogar noch ein wenig mehr, aber darüber lässt sich wohl diskutieren.

Was für uns wichtig ist: Dieser Erzähler steckt im Kopf eines Charakters der Geschichte und kann nur aus ihrer Sicht erzählen, was sich zuträgt. Also Fehler wie oben beschrieben, darf man hier auch nicht machen.



Der auktoriale ("allwissende") Erzähler:

Da ich keine Lust habe, es zu umschreiben, zitiere ich einfach eine sehr gut beschriebene Stelle aus dem Buch "Kleiner Autorenworkshop":

"Die Geschichte wird nicht von einer einzelnen Figur erzählt. Es kann eine ganze Reihe von Perspektiven geben, und die Erzählstimme wechselt jeweils mit der Person, aus deren Sicht gerade erzählt wird. Es ist auch möglich, dass eine Wahrnehmung oder eine Analyse dargestellt wird, die nur vom Autor stammen kann (zum Beispiel die Beschreibung einer Person, die alleine ist, oder einer Landschaft oder eines Zimmers, in dem sich niemand befindet.) Der Schriftsteller kann uns erzählen, was jemand denkt und fühlt, kann ein Verhalten interpretieren und sogar Figuren und deren Charaktere beurteilen."

Ihr versteht? Der auktoriale Erzähler hat die volle Macht, keinerlei erzählerische Einschränkungen. Dementsprechend ist diese Erzählperspektive auch anspruchsvoll und die wahrscheinlich schwierigste für den Autoren. Ihr müsst hier bloß dabei Acht geben, dass ihr nicht zuuuu oft in den Perspektiven springt, denn das macht eine Geschichte ganz wirr. Mehr dazu in Perspektivenwechsel.



Der unparteiische Autor

oder "Die Fliege an der Wand", "Der neutrale Erzähler", "Der weiße Sharki aus der Ferne":

Dieser Erzähler ist an keine Figur gebunden. Er stammt nicht aus der Geschichte und kann nur sagen, was ein neutraler Beobachter (zum Beispiel ein intelligenter Hai aus der Ferne) von Sprache und Verhalten ableiten kann. Wir wissen nie, was in den Köpfen der Personen abgeht. Dafür kann man Personen und Orte sehr detailliert beschreiben, Wertungen und Urteile aber nur indirekt angedeuten. Ist eine gute Übung für so Hobbyautoren wie uns. Wenn wir es schaffen, die Leser aus so einer distanzierten und kalten Sicht zu Tränen zu rühren, haben wir es voll drauf! :D

Das waren sie auch schon, die vier Hauptperspektiven. So einfach sind sie.

Falls ihr Fragen zu diesen vier Perspektiven habt, dann fragt! ):O



Diese Punkte zu wissen, ist wie ihr wohl bemerkt habt, sehr wichtig! Aber man muss sich nicht direkt an eines der Perspektiven halten. Ich hab es auch nicht direkt gemacht und ein wenig getrickst. ^^

Nuvayla ist in einer gewissen Weise aus der auktorialen Sicht geschrieben, ja. Aber dieser auktoriale Erzähler fokussiert sich immer bloß auf eine Person, meistens auf Nuvayla (zu 80% der Handlung). Ab und zu, wenn es eben nötig ist, springt der Erzähler aber von Nuvayla zu Simon oder Nakim (aus Kalebs Sicht habe ich noch nie geschrieben, fällt mir gerade auf).

Also ihr merkt, ihr könnt bei den Erzählperspektiven ein wenig experimentieren. Das wichtigste ist, dass man nicht wahllos hin und herspringt! Ihr müsst Euch für eine Sache entscheiden! Und das durchgängig benutzen.

So wie "Nuvayla"s auktorialer Erzähler, der trotzdem stark bei einer Figur hängt. ^^

Noch ein anderes Beispiel wäre:

- Ihr könntet aus der "Ich"-Perspektive eines Charakters schreiben, dass nicht der Hauptcharakter im Buch ist. Es ist dann eine Geschichte, die der Erzähler miterlebt, und dem Leser erzählt.

Nakims Tagebucheinträge über Nuvaylas ganze Geschichte wäre dann so ein Beispiel.



Kommen wir noch kurz zum Thema Perspektivenwechsel:

"In der Fiktion ist die inkonsequente Perspektive ein häufiges Problem. Wird der Perspektivenwechsel nicht geschickt und kunstfertig eingesetzt, zerrt der Autor den Leser mal hierhin, mal dorthin, verwirrt ihn mit unterschiedlichen Gefühlen und unvereinbaren Identitäten und verstümmelt die Geschichte bis zur Unkenntlichkeit."

Ein Perspektivenwechsel von der ersten Person (ich) zur dritten Person (er/sie/es) erfordert schon einen triftigen Grund und man muss es mit großer Sorgfalt tun! Ansonsten verdirbt man sich die Geschichte gewaltig! Also vielleicht lassen wir das lieber.

Vom auktorialen zum neutralen Erzähler, oder umgekehrt, kann und sollte man in einer Erzählung nicht wechseln.

Die Tücken des auktorialen Erzählers: Dieser Erzähler kann, wie schon besagt, von einer Figur zur anderen wechseln. Doch wenn es dann zu oft geschieht und nur für kurze Momente, könnte es sein, dass der Leser dadurch verwirrt wird und die Schnauze voll hat. Immerhin wird er von einem Verstand zum Nächsten gestoßen. Drum sollte man es vorsichtig tun und bei den Übergängen aufpassen.

Ihr habt sicherlich auch schon verstanden, dass der auktoriale Erzähler die Perspektive der dritten Person frei nutzen kann und auch tut, aber umgekehrt geht das nicht (wie oben im Beispiel beschrieben).

Ein kleines Beispiel aus Tolkien für einen Perpektivenwechsel des auktorialen Erzählers:

"Ein paar Waldtiere kamen herbei und musterten sie, als das Feuer erlosch. Ein Fuchs, der in eigenen Angelegenheiten durch den Wald streifte, hielt ein paar Minuten an und schnupperte. >Hobbits<, dachte er. >Und was kommt als Nächstes? Ich habe von seltsamen Geschehnissen in diesem Land gehört, aber ich habe selten von Hobbits gehört, die im Freien unter Bäumen schlafen! Wenn dahinter nicht etwas wirklich Eigenartiges steckt!< Er hatte Recht, aber er erfuhr niemals mehr darüber. "

Fazit: Beliebiges Perspektivenwechsel ist erlaubt, wenn wir wissen, warum es nötig ist und wie es getan wird. Wir müssen sorgsam damit umgehen und niemals für nur einen Moment tun.

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