-2- ➳ Die Magnetbahn

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Für wenige Sekunden war ich wie erstarrt und vor Angst und Panik bekam nur noch schwer Luft. Ich konnte nur noch auf Jordans Körper starren, der kopflos nach vorne kippte. Dann erst nahm wahr, wie es sich über seinen Rest hermachte. Der Rücken wölbte sich grotesk bei jeder seiner Bewegungen und die einzelnen Wirbel zeichneten sich wie Stacheln durch das dreckige Fell ab.

Als es schließlich den länglichen, haarigen Kopf hob und ich in leere Augenhöhlen starrte, bahnte sich ein Schrei von meinen Lungen nach oben und brach aus mir hervor. Blind vor Panik stolperte ich mehrere Schritte nach hinten. Ich verlor wortwörtlich den Boden unter den Füßen, als ich mein Gleichgewicht verlor und auf das Geröll knallte.
Die Welt schien sich zu drehen, als ich mich mehrmals überschlug. Die Steine bohrten sich mit jeder weiteren Umdrehung etwas mehr in meine Haut.
Adrenalin jagte durch meinen Körper, sodass ich es schaffte mit meinen Händen meinen Fall abzustoppen. Den Schmerz nahm ich kaum wahr, dafür umso mehr die Schreie, die mal näher, mal weiter entfernt schienen.
Es wirkte, als würden mir meine Ohren einen Scherz spielen wollen.

Bei dem Gedanken an diesem haarigen Etwas ohne Augen, das Jordan einfach so den Kopf abgerissen hatte, sprang ich auf und verlor kurz darauf wieder fast das Gleichgewicht.
  Ich musste zu Sam! Wirr drehte ich mich um und versuchte meine Sicht wieder klar zu stellen wie bei einem Fernglas.
„Sam!", schrie ich und versuchte mühsam den Hang wieder zu besteigen, als ich sah, wie die anderen auf mich zu gerannt kamen.
Mein Blick huschte von einer Person zur nächsten, leise zählte ich mit. Die achte Person war mein kleiner Bruder und im nächsten Moment durchflutete mich Erleichterung.
„Lauf, Sophia!", schrie mir Megs zu, als sie nach Mason an mir vorbei rannte. „Verdammte scheiße, renn!",
  Sie griff nach meinem Arm und wollte mich mitreißen, doch schnell riss ich mich wieder von ihr los und rannte noch die letzten Meter meinem Bruder entgegen um nach seiner Hand zu schnappen.
So schnell wir konnten versuchten wir zu den anderen wieder aufzuschließen.

Das Blut rauschte durch meinen ganzen Kopf, wummerte in meinen Ohren und mein Atem verließ nur stoßartig meinen Mund. Die Schmerzen in meinen Knochen waren nichts im Vergleich zu der Angst und der Panik, die geballt mit Adrenalin durch meinen  Körper schoss.

„Wir müssen nach rechts!", hörte ich wie Liam schrie und stolperte gleichzeitig beinahe über eine auf dem Boden liegende Metalltür. „Und was ist mit links?", Durchschnitt Masons Stimme die von Liam. Im nächsten Moment traf mich die Erkenntnis: Wir wussten gar nicht den Weg, geschweige denn, ob rechts wirklich die Magnetbahnen waren und ob sie uns Schutz boten...
Nun nistete sich die Panik langsam in meinen Herzen ein und wollte mich mit sich ziehen. Verbissen versuchte ich meine Schritte zu verlängern, sodass ich bald das Gefühl hatte, beinahe über den Schutt zu fliegen. Mit jedem weiteren Schritt haute mir mein Rucksack unangenehm in den Rücken und der Griff um Sams Hand wurde immer schwitziger.
Liam antwortete nicht, sondern rannte stattdessen einfach um die Ecke und verschwand. Mason folgte ihm, genauso wie die anderen.
Denn wenn wir ehrlich waren, hatten wir keine andere Wahl. Würde Liam mit seiner Ausrechnung falsch liegen, wären wir alle verloren...

Bald hatten wir Jenia eingeholt, die versuchte mit Megs Schritt zu halten, aber immer wieder unkoordiniert wegknickte. Zu dritt erreichten auch wir die Kreuzung und als ich Sam hinter mir herziehend um die Ecke schlitterte, setzte mein Herz für einen Moment aus, bevor es eine Sekunde später umso schneller wieder anfing zu schlagen.
Vor uns ragte ein riesiger Schutthaufen in die Höhe, viel größer und höher, als die, die wir bis jetzt erklommen hatten.

„wir müssen weiter, Soph", japste Sam und übernahm diesmal die Führung.
Er hatte Recht. Schnell versuchte ich mich wieder zusammenzureißen.
Liam war bereits fast auf dem Höhepunkt des Hügels angelangt, als Megs sich zu Jenia umdrehte und ihr die Hand entgegen streckte, um ihr zu helfen.
Im gleichen Moment fiel ihr Blick hinter uns und wir waren nah genug dran, um die aufkeimende Panik in ihrem Blick zu sehen. Eine Gänsehaut überzog meinen ganzen Körper als ich etwas Fauchen hörte. Ab diesem Moment versuchte ich nur noch blind vor Panik den Hügel zu erklimmen. Mehrmals rutschte ich aus und notgedrungen musste ich Sams Hand loslassen, damit wir uns beide besser fortbewegen konnten.
„Beeilt euch, die Magnetbahn! Ich kann sie sehen!"
Nialls Stimme war es, die von weit entfernt ertönte und  mir neue Hoffnung gab. Wie eine wild Gewordene kämpfte ich mir den Weg weiter nach oben und sah immer wieder zu Sam, der links neben mir kletterte.
Als wir ungefähr die Hälfte erreicht hatten, wagte ich einen Blick nach hinten und im gleichen Moment wünschte ich mir, es nicht getan zu haben.
Das Monstrum, was bereits Jordan getötet hatte, stand am Hang auf ihren zwei Hinterpfoten und starrte mit leeren Augenhöhlen zu uns hoch. Die spitzen Ohren waren nach vorne gerichtet und bewegten sich hektisch zu jeder Seite.
So als würde es lauschen.

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