Der nächste Tag startete früh.
Wir beschlossen weiterzuziehen, sodass wir unser provisorisches Lager hastig abbauten und bereits bei den ersten Sonnenstrahlen über den Asphalt liefen. Für einen kurzen Moment blieb ich stehen, hob meine Hand schützend über meine Augen und blinzelte der Sonne entgegen. Es war einer der ersten Tage, an dem ich sie, ungehindert von Wolken oder Dunst, aufgehen sehen konnte.
Und es war wunderschön.
Ihr Licht tauchte alles in ein warmes Orange und wärmte sachte meine Haut. Mein Blick wanderte über die leicht hügelige Gegend, über die Zerstörung, die so gar nicht zu diesem friedlichen Bild passen wollte, bis hin zu den anderen, die bereits einige Meter vor mir liefen.
Ich beeilte mich, sie wieder einzuholen.Der Weg führte uns einmal quer durch die Vorstadt, wobei wir mehrmals umdrehen und einen anderen Weg einschlagen mussten, da anscheinend gesamte Landstriche regelrecht zerbombt wurden und metertiefe Krater hinterlassen haben, die wir unmöglich ohne mindestens einen Beinbruch überqueren konnten.
Die Stadt Willow hatte wohl doch mehr abbekommen, als wir noch vor zwei Tagen vermutet hatten.Zum späten Vormittag erreichten wir wieder eine Autobahn, und gegen Mittag eine sogenannte Raststätte.
Das einzige, was von dieser noch übrig war, waren zwei vereinsamte Zapfsäulen und ein vergilbtes Schild, das auf einen Shop hinwies, den es bereits schon lange nicht mehr gab.
Wir lehnten uns gegen die Zapfsäulen und während wir unser Mittagessen von vorgekochten Reis und Trockenobst aßen, zog ich meine Schuhe aus, damit auch meine schmerzenden Füße etwas Erholung bekamen. Die letzten zwei Tage haben nicht gereicht, um alle Blasen und Schürfwunden heilen zu lassen.Als die Sonne ihren höchsten Punkt des Tages erreicht hatte, keuchte ich nur noch und war damit beschäftigt abwechselnd den Schweiß von meiner Stirn zu wischen und mich darauf zu konzentrieren, nicht über meine eigenen Beine zu stolpern.
Ich hatte bereits mein Langarmshirt ausgezogen und nahm damit in Kauf, dass die Träger des Rucksackes sich durch mein dünnes Top hindurch in meine Haut schnürten und schmerzhafte rote Striemen hinterließen. Dennoch spürte ich von Minute zu Minute mehr, wie sich der Schweiß besonders an meinem Rücken sammelte. In diesem Moment vermisste ich die nasse Kühle aus dem Sektor 2b.Wenn ich Niall richtig verstanden hatte, hatten wir für heute noch einen langen Weg vor uns, wenn wir nicht ungeschützt draußen übernachten oder im Dunkeln wandern wollten. Es grauste mir bei dem Gedanken noch immer über diese Autobahn zu irren, wenn die Sonne schon untergegangen war, denn ich erinnerte mich nur zu gut an all die mutierten Tiere, denen wir bereits schon begegnet waren.
Nicht zuletzt den Rehähnlichen Viechern, die erst vorletzte Nacht durch Willow gestreift waren und einem somit noch ein weiteres Mal bewusst gemacht haben, dass die Tiere nun diese Welt erobert haben und wir längst nicht mehr an erster Stelle der Nahrungskette standen.
Zumindest außerhalb der Skyscraper.„Pass auf, Sophia, Sophia Smith!", rief Liam und griff nach meinen Arm, bevor ich selbst überhaupt realisieren konnte, dass ich mich mit meinem linken Bein in einem Drahtseil verfangen hatte.
Ich verlor beinahe das Gleichgewicht und ein kurzer Schmerz zuckte durch meine Wade, doch zu meinem Glück knallte ich nicht auf die Nase.
Ich bemerkte, wie Sam und Megs stehen blieben und sich fragend zu mir umdrehten, doch ich winkte nur schnell ab, um zu zeigen, dass alles gut war. Mehr als eine Schürfwunde würde ich nicht davon getragen haben.„Du musst dich ein bisschen besser konzentrieren, Sophia." Liams Stimme klang nicht anklagend, obwohl ich wusste, dass er darauf hinauszielte. Der Druck seiner Hand auf meinen Arm ließ nach, als ich mich aus dem Seil befreit hatte und zum ersten Mal an diesem Tag musterte ich ihn.
Liam sah müde und abgekämpft aus.
Tiefdunkle Augenringe zierten sein Gesicht und die ehemals so zurecht gemachten Haare fielen ihm nun in Strähnen in die Stirn.
Sein Gesicht sah etwas dunkler aus und automatisch fragte ich mich, ob dies die Wirkung der Sonne war, wie ich einmal vor langer Zeit gehört hatte.
Und, ob ich auch schon brauner war.
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Skyland
Fanfiction"Wir sind zehn Jugendliche, die dem Tod ausgeliefert sind, um all die anderen Lebenden zu retten." "Aber dennoch sind wir nur Jugendliche." Während Sophia immer mehr zwischen die Fronten gerät, scheint die ganze Situation innerhalb der Ausgestoßene...