Delfine

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Den ganzen Nachmittag über wird nun an allen Ecken und Enden Hilfe benötigt

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Den ganzen Nachmittag über wird nun an allen Ecken und Enden Hilfe benötigt. Es gilt, Vorräte und frisches Wasser zu besorgen und einzulagern, die Passagiere unterzubringen und das Schiff auf Vordermann zu bringen. Kaspian hat viel zu tun und wir können kaum eine ruhige Minute miteinander verbringen. Drinian ist mit einem Teil der Männer in den Beibooten zur Insel hinüber gerudert. Die restliche Mannschaft unterstützt den König und natürlich auch Edmund, Eustachius, Lucy und ich tun, was wir können. Während der Drachenjunge – wie wir Eustachius nun ab und zu nennen – Rhince hilft, unter Deck Hängematten zu befestigen, bereiten Lucy und ich unsere Kajüte vor. Wir räumen unsere wenigen Sachen in eine Truhe, schieben den Tisch und die Stühle beiseite und richten mit einigen anderen Narnianen Schlafplätze her. Die Männer, Frauen und Kinder scheinen trotz des guten Wetters erleichtert, nicht mehr draußen sein zu müssen. Immer wieder kommt jemand zu mir und spricht mir seine Glückwünsche aus. Ich weiß nicht recht, wie ich damit umgehen soll. Einerseits hüpft mein Herz bei dem Gedanken, mit Kaspian zusammen zu sein und ihn bald zu heiraten. Andererseits liegt noch eine lange Reise vor uns und ehrlich gesagt, habe ich Angst vor dem, was da auf mich zukommt. Als Königin werde ich viele Aufgaben haben und an Kaspians Seite die Verantwortung für das Land Narnia tragen. Ich bin nicht sicher, ob ich dafür bereit bin und ob ich für so etwas überhaupt die Richtige bin. Doch jetzt sind solche Gedanken nebensächlich. Jetzt heißt es erst einmal, alle ordentlich unterzubringen.


In einer freien Minute schnappe ich an Deck etwas Luft. Nach wie vor herrscht überall auf dem Schiff reges Treiben. Die Boote werden bald zurückkehren, denn die Sonne neigt sich bereits dem Horizont entgegen. Ich bin gerade auf dem Weg zum Achterdeck als mir jemand auf die Schulter tippt. Nachdem ich mich umgewandt habe, sehe ich eine junge Frau vor mir stehen. Ihr honigblondes Haar ist im Nacken zu einem lockeren Knoten gebunden und in ihren graugrünen Augen liegt ein gehetzter Ausdruck. Auf dem Arm hält sie ein schreiendes Kind und an ihre Hand klammert sich ein kleines Mädchen von höchstens sechs Jahren, das mich mit großen blauen Augen ansieht.

» Milady, es tut mir leid, wenn ich Euch störe, aber... «, die Frau hält Inne als würde sie auf meine Einwilligung warten.

» Ihr stört keines Weges. Sprecht nur «, sage ich und lächle ihr ermutigend zu.

» Nun, ich...mein Kleiner schreit und ich muss mich dringend um ihn kümmern, aber ich kann sie nicht mitnehmen «, sie deutet auf ihre ältere Tochter,

» Er möchte immer mit seiner großen Schwester spielen und ist nicht mehr zu beruhigen. Könntet Ihr deshalb eine Weile auf sie achtgeben? «. Ihre Frage spricht sie sehr leise aus und senkt den Blick als fürchte sie meine Reaktion.

» Natürlich «, erwidere ich und gehe vor dem kleinen Mädchen in die Knie,

» Wie heißt du denn? «.

» Sie spricht nicht, Milady «, meint die Frau kleinlaut und sieht auf ihren Sprössling herunter,

» Naya spricht nicht mehr, seit sie ihren Vater getötet haben... «. Einen Moment schweift der Blick der Frau in die Ferne, wird leer und ausdruckslos. Ich möchte sie fragen, wer ihren Mann getötet hat, halte mich jedoch zurück. Einerseits möchte ich nicht aufdringlich erscheinen, andererseits wird sie vor ihren Kindern bestimmt nicht gerne darüber sprechen. Außerdem regt sich der kleine Junge in ihren Armen wieder. Er ist vielleicht drei Jahre alt und besitzt dieselben Augen wie seine Mutter.

» Es tut mir leid, ich habe noch gar nicht nach Eurem Namen gefragt «, sage ich stattdessen, um mein Gegenüber auf andere Gedanken zu bringen.

» Verzeiht, ich habe mich auch nicht vorgestellt «, erwidert die Frau schnell und deutet einen Knicks an

» Ich bin Daphne und das hier ist Romé «, sie blickt auf den Jungen in ihren Armen hinab und lächelt leicht.

» Wenn Ihr etwas Ruhe braucht, nehmt Euch so viel Zeit wie ihr wollt. Ich werde Eure Tochter nicht aus den Augen lassen und später nach unten bringen «, verspreche ich und nicke ihr zu.

» Vielen Dank, Milady, danke «, erwidert Daphne sichtlich erleichtert, streicht ihrer Tochter liebevoll über den Kopf und wendet sich ab, um kurz darauf unter Deck zu verschwinden.


Nun stehe ich mit dem Mädchen namens Naya inmitten der Seeleute und überlege, was ich mit der Kleinen machen soll. Bisher hatte ich noch nicht so viel mit Kindern zu tun. Mehr mit Schwertern und anderen gefährlichen Dingen. Nach wie vor sehen mich die Kinderaugen abwartend an.

» Was hältst du davon, wenn wir sehen, ob wir ein paar Delfine entdecken? «, frage ich deshalb, eine spontanen Eingebung folgend. Von diesen Meeresbewohnern habe ich auf unserer Reise schon mehrere beobachten können. Vor allem um die Insel des Sterns scheinen sie vermehrt zu leben. Das Mädchen nickt mit funkelnden Augen. Als ich ihm meine Hand hinstrecke, ergreift es sie ein wenig zögerlich. Zusammen bahnen wir uns einen Weg über das Deck bis hinauf zum Vorderdeck. Ganz vorne am Bug, wo der Drachenkopf aufragt und eine Bank an der Reling steht, ist unser Ziel. Naya klettert auf die Bank, stütz sich mit den Ellenbogen auf die Reling und schaut gespannt ins Wasser. Dort bewegt sich jedoch nichts. Einen Moment nehmen die blauen Augen einen enttäuschten Ausdruck an, doch der verschwindet im nächsten so schnell wie er gekommen ist und Naya blickt weiterhin geduldig auf das Wasser. Es dauert nur einige Minuten, dann taucht – ein Stück vom Schiff entfernt – die Rückenflosse eines Delfins auf. Das Mädchen richtet sich erfreut auf, gibt jedoch keinen Laut von sich. Angestrengt beobachtet es das graue Tier, das näher an die Morgenröte herankommt und immer wieder aus dem Wasser springt. Nach einer Weile kommt ein weiterer Delfin hinzu und die beiden spielen, wobei man ab und zu ihre Klicklaute hören kann. Fasziniert sieht die Kleine den Tieren zu. Je weiter sich die Sonne dem Horizont entgegenstreckt, desto weiter sinkt das Mädchen zurück bis es schließlich an meiner Schulter lehnt. Immer schwerer scheinen die Lieder zu werden und letztendlich ist die Kleine eingeschlafen.


Die Reise des Löwen | Eine narnianische GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt