Assassinen

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DAS FEST RÜCKT näher und ich werde immer unruhiger, kann kaum noch stillsitzen

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DAS FEST RÜCKT näher und ich werde immer unruhiger, kann kaum noch stillsitzen. Ich vermisse Kaspian sehr und mache mir große Sorgen. Was, wenn unser Plan schiefgeht? Was, wenn die Lords mit ihrem Vorhaben nicht allein sind – was wir annehmen müssen? Was, wenn die Missetäter noch ein Ass im Ärmel haben? All das geht mir pausenlos durch den Kopf, da kommt mir der Umzug in meine alten Gemächer gerade recht. Bevor sie mich gehen lässt, schärft mir Fana ein, in den nächsten Wochen noch regelmäßig bei ihr zur Kontrolle vorbeizuschauen und sofort zu kommen, sollte ich nur das leichteste Ziepen spüren. Mit einigen weiteren guten Ratschlägen schickt sie mich auf meinen Weg. Was macht man aber so allein in seinem Zimmer? Zum Lesen komme ich nicht, denn ich kann mich nicht auf die einzelnen Wörter konzentrieren. Also versuche ich mich am Schreiben, um die Erlebnisse auf der Reise auf der Morgenröte festzuhalten. Als auch das nicht so recht gelingen will, kehre ich zu meiner Gewohnheit zurück, auf der Truhe in Kaspians Arbeitszimmer zu sitzen und Trumpkin Gesellschaft zu leisten. Jetzt bin ich allerdings nicht mehr unsichtbar und Trumpkin beginnt, mich in seine Arbeiten einzubinden. Es fängt damit an, dass mich der Zwerg lediglich um meine Meinung zu einem bestimmten Thema befragt. Die Fortsetzung davon, ich komme unweigerlich mit den Ratsmitgliedern, den drei Ministern und anderen Lords in Berührung. Sobald ich Lord Riven oder Lord Balren zu nahekomme, würde ich ihnen am liebsten an die Kehle springen. Ich kann aber nicht einfach solch hohe Herren angreifen, auch nicht nur einmal anständig die Leviten lesen – so gerne ich das auch täte. Also verbringe ich die verbleibenden Tage größtenteils auf dem Übungsplatz und beginne, meinen Körper langsam zu seiner gewohnten Form zurückzuführen. Training in Maßen lässt sich ganz gut aushalten und ich merke deutlich, wie ich meine Kraft zurückgewinne – ohne die ich mich zugegebenermaßen richtig schwächlich fühlte. Sonst nehme ich die Aus- bzw. Weiterbildung der Soldaten und Assassinen wieder in die Hand. Ich sehe ihnen beim Sparren zu und korrigiere sie hier und da. Ohne das Loben zu vergessen natürlich, denn das gehört auch dazu.


Als schließlich der Tag der Feierlichkeiten anbricht, kann ich mich vor Tatendrang kaum noch halten. Die Vorfreude darauf, Kaspian endlich wiedersehen und umarmen zu können, stelle ich möglichst hinten an. Immerhin gilt es, das Leben des Königs zu retten und zu schützen – das ist seit Jahren meine Aufgabe und wird auch immer ein Teil von mir sein. Schon früh am Morgen erreiche ich den Übungsplatz, wo sich zwei der besten Assassinen im Zweikampf messen. Ohne Waffen. Galor und Orion setzen ihre Schläge und Tritte so gezielt, dass sie beinahe immer treffen. Natürlich nicht, wenn sie gegeneinander antreten, denn sie kennen einander zu gut und haben gelernt, sich zu verteidigen. Kirea, eine hervorragende Assassine, sitzt auf einer Bank am Rande des Platzes und sieht ihren Kammeraden zu. Unter den Spionen gibt es mehrere Frauen, unter den Soldaten nicht. Sie alle habe ich ausgebildet. Die meisten von ihnen waren Waisen, die sich auf den Straßen der damaligen rein telmarischen Städten als Taschendiebe verdienten. Als Kaspian gekrönt wurde und begann, Telmarer und Narnianen zu vereinen, die Städte zu säubern und zu erweitern und auch Waisenhäuser errichten ließ, machte ich mich auf, um Krieger zu rekrutieren. Durch meine narnianische Herkunft folgten mir die Narnianen, denn sie kennen mich seit jeher. Da ich aber ein Mensch bin, schlossen sich mir auch etliche Jünglinge und beinahe alle telmarischen Soldaten an. Heute bilden sie alle die königliche Armee und ich bin auf jeden einzelnen stolz. Kirea ist die jüngste Assassine, auch sie habe ich als Waisenkind aufgelesen und hergebracht. Nicht, dass man mich falsch versteht, niemand wurde zu irgendetwas gezwungen. Kaspian gab nur ohnehin den Befehl, alle Waisen von den Straßen zu holen. Glücklicherweise halfen dabei auch Baccus und die wilden Mädchen. Ich setze mich zu Kirea auf die Bank.

» Guten Morgen «, begrüßt sie mich lächelnd. Sie war schon immer äußerst ruhig, aber auch fröhlich.

» Guten Morgen, Kirea «, erwidere ich,

» Wie geht es dir? «. Sie lacht auf und wirft ihre dunklen Haare zurück

» Das fragst du mich? Ich sollte eigentlich fragen, wie es dir geht «.

» Wie ich sehe, geht es dir gut «, stelle ich fest und schüttle amüsiert den Kopf. Ihre blaugrünen Augen richten sich auf mich, im einen Moment ernst und im nächsten blitzen sie schon wieder auf.

» Ja, aber mir ist so langweilig «, meint sie quengelnd wie ein Kind,

» Mein letzter Auftrag ist schon mehrere Wochen her. Hast du nichts für mich? «. Hoffnungsvoll sieht sie mich an.

» Im Moment habe ich hier nicht die Befehlsgewalt, fürchte ich «, seufze ich entschuldigend.

» Du hast hier IMMER die Befehlsgewalt. Wir alle würden dir blind folgen, das weißt du doch «, stellt Kirea klar und schnaubt. Lächelnd wende ich meine Aufmerksamkeit den beiden Kämpfenden zu und denke über die Worte der Assassine nach. Es erwärmt mein Herz, so etwas zu hören, allerdings frage ich mich gleichzeitig, ob sie auch Jared blind folgen würden. Ich hoffe doch, denn... In diesem Moment trifft Galor Orion in den Bauch und dieser strauchelt.

» Genug jetzt «, rufe ich milde zu ihnen hinüber,

» Ihr sollt euch doch nicht gegenseitig verletzen «. Die beiden halten beim Klang meiner Stimme sogleich Inne, verbeugen sich voreinander und beenden den Kampf. Außer Atem und schweißüberströmt setzen sie sich vor der Bank ins Gras.

» Guter Kampf «, lobt Galor und nickt anerkennend. Orion reibt sich den Bauch in der Zwerchfellgegend und lächelt nur schief. Er ist der jüngere der beiden und entstammt einem adeligen Hause, doch er plustert sich damit nicht auf. Normalerweise erwähnt er es nicht einmal, außer ab und zu im Scherz. Seine Eltern kamen bei einem Feuer um, das von einer telmarischen Rebellengruppe gelegt wurde, da sich diese Kaspians Herrschaft gebeugt hatten. So kam Orion mit dem Wunsch, ausgebildet zu werden, hierher. Zunächst lediglich, damit er eines Tages Rache nehmen konnte. Das tat er auch, doch es entkamen einige Mitglieder der Bande und seither hält er bei jedem Auftrag Ausschau nach einem bekannten Gesicht. Ja, es sind oft traurige Geschichten, die die Assassinen, Wachen und Soldaten prägen und doch hoffe ich, dass ihre Seelen hier eines Tages Ruhe finden. Aslan gibt sie ihnen bestimmt gerne.

Die Reise des Löwen | Eine narnianische GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt