Schwerterkreuzen

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Zwei Wochen verweilen wir auf der Dracheninsel

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Zwei Wochen verweilen wir auf der Dracheninsel. Der Sturm hat sich gelegt und die Morgenröte ist wieder seetüchtig. Der Drache hat uns dabei viel geholfen. Er transportierte die schweren Dinge und nahm uns auf Rundflüge über die Insel mit. Doch weitersegeln können wir nicht. Eustachius passt in seinem jetzigen Zustand nicht auf das Schiff. Manche Matrosen haben überlegt, ein Floß zu bauen, das die Morgenröte ziehen könnte. Ein solch großes und schweres Tier könnte das Holz jedoch niemals tragen. So sind wir gezwungen, auf dieser kahlen Insel zu bleiben und auszuharren.


Eines Morgens werden wir von König Edmund geweckt, hinter dessen Rücken ein schmächtiger Junge hervorlugt.

» Eustachius? «, fragt Lucy verschlafen und reibt sich über die Augen. Der Blonde tritt nun vor, den Kopf gesenkt und die Arme hinter dem Rücken verschränkt.

» Eustachius! «, ruft die Königin aus, springt auf und umarmt ihren Cousin überschwänglich.

» Ich muss mich bei euch allen entschuldigen «, murmelt dieser,

» Ich war immer unausstehlich zu euch und das tut mir leid. Die Zeit als...nun ja, als Drache hat mir das deutlich gemacht «.

» Du bist in unseren Reihen stets willkommen «, meint Kaspian versöhnlich und klopft Eustachius auf die Schulter.

» Aber nun erzähl, wie hast du es nur geschafft, dich zurück zu verwandeln? «, bittet Edmund und alle schauen den Blonden gespannt an.

» Ich...weiß nicht, wie ich zu einem Drachen wurde, a-aber heute Nacht fand ich einfach keinen Schlaf. Im Traum flog ich über die Insel und landete auf einem Sandstrand. Dort war ein großer Löwe, der langsam durch das Wasser auf mich zukam. Ich hatte natürlich keine Angst, weil es nur ein Traum war, doch dann durchzuckte mich ein Schmerz. Es war, als würden mich tausend heiße Nadeln stechen. Davon wachte ich auch auf und stellte fest, dass ich, nun ja, wieder ich war «, erzählt Eustachius, während Rhince das Feuer schürt, um das Frühstück zu bereiten.

» Dann hast du Aslan gesehen? «, fragt Edmund und Lucy bekommt große Augen. Ihr Cousin zuckt nur ratlos mit den Schultern.

» Aslan ist der große Löwe, der Sohn des Herrn der Herren. Seine Lande liegen am östlichsten Ende der Welt «, erklärt der Braunhaarige mit ehrfürchtiger Stimme,

» Ich denke, er war es, der dich zurückverwandelt hat «. Bei dem Gedanken an den Löwen rinnt mir ein angenehmer Schauer den Rücken hinab. Sein Name löst immer ein fröhliches Gefühl in mir aus.


Am frühen Nachmittag sticht die Morgenröte endlich in See. Während uns ein frischer Wind umweht, tragen Kaspian und Edmund ein kleines Turnier aus. Schon seit einigen Minuten tauschen sie einen Schwertstreich nach dem anderen und parieren die Schläge des jeweils anderen. Da das Meer ruhig ist, gönnt Drinian der Mannschaft eine kurze Pause. Die Männer stehen um die Kämpfenden herum und lachen ausgelassen. Ich stehe mit verschränkten Armen beim Kapitän auf dem Achterdeck und schaue dem Treiben auf dem Hauptdeck zu. Reepicheep balanciert auf der Reling neben mir. Immer wieder treffen sich die silbernen Klingen bis schließlich beide Könige zum Schlag ausholen und der Kampf in einem Unentschieden endet. Die Seeleute klatschen und selbst auf Drinians wettergegerbten Gesicht erscheint ein feines Lächeln. Kaspian sieht zu uns herauf und hebt sein Schwert. Meine Mundwinkel zucken, doch ich rühre mich nicht vom Fleck. Nun legt auch Edmund den Kopf in den Nacken und winkt mir zu. Ich schüttle ganz leicht den Kopf, die beiden lassen jedoch nicht locker.

» Ach komm, ein Übungskampf schadet nie «, meint Edmund.

» In der Tat, Milady «, fügt die große Maus hinzu,

» Außerdem drückt sich ein wahrer Krieger vor keinem Kampf «. Ich seufze, stoße mich vom Geländer ab und laufe zu den Königen hinunter. Tavros klopft mir auf die Schulter, was mich einen Moment ziemlich aus dem Gleichgewicht bringt. Der Minotaurus hat eben sehr viel Kraft.

» Würdest du mir die Ehre erweisen und die Klingen mit mir kreuzen? «, fragt Kaspian und deutet eine Verbeugung an. Ich zögere mit meiner Antwort und lasse meinen Blick über die Gesichter um mich herumwandern. Eigentlich kämpfe ich nur, wenn es die Umstände erfordern. Als meine Augen schließlich an meinem Gegenüber hängenbleiben, hat dieses schon ausgeholt. Ich ducke mich unter dem Schwert weg. Mit einem Mal erwacht mein Kampfgeist und meine Sinne schärfen sich. In einer geschmeidigen Bewegung richte ich mich wieder auf und ziehe mein Schwert. Flink umrunde ich den König und greife von hinten an. Er wirbelt herum und pariert meinen Schlag. Daraufhin folgt eine immer schneller werdende Schlagfolge. Es ist ein Zusammenspiel aus Ducken, Springen und Ausholen. Wieder saust Kaspians Schwert auf mich zu. Ich mache einen Schritt nach hinten, mein Fuß bleibt an einem Tau hängen und ich verliere mein Gleichgewicht. In diesem Moment treffen auch noch unsere Klingen aufeinander, was mich vollends zu Fall bringt. Kaspian ist schneller und fängt mich knapp vor dem Aufschlag mit dem einen Arm auf. Unsere Schwerter liegen noch immer aufeinander. Der König sieht auf mich herunter. Ein schelmisches Lächeln umspielt meine Lippen. Mit erstaunlicher Geschwindigkeit ziehe ich ihm die Beine unter dem Körper weg, nutze den Schwung und vertausche sozusagen unsere Plätze. Nun ist er derjenige, der auf den Planken liegt und ich stehe über ihm. Sauer sieht er nicht aus, eher überrumpelt. Ich zucke mit den Schultern und passe nur eine Sekunde nicht genau auf. Ehe ich mich versehe, zieht er mich mit einem Ruck zu sich herunter und drückt mich auf den Boden. Die Schwerter sind das einzige, das uns noch trennt.

» Ich denke, ich habe gewonnen «, bemerkt Kaspian und holt tief Luft. Wir beide atmen schwer. Ein Kampf ist eben doch recht anstrengend. Vor allem ein Übungskampf. Man muss vorsichtig sein, um den anderen nicht zu verletzten. Manche Schläge würden – nicht pariert – tödlich enden.

» Denkst du? «, frage ich leise und mobilisiere meine letzten Kräfte. Nun lächelt er etwas verunsichert. Mit einem Ruck drehe ich mein Schwert und zwinge ihn dazu, seines loszulassen. Dann stoße ich mich von den Planken des Schiffes ab, rolle herum und lege die schimmernde Klinge an seinen Hals.

» Ich denke nicht «, sage ich und sehe in diese warmen, dunkelbraunen Augen.

» In der Tat «, meint er lächelnd und erwidert meinen Blick, der zwischen meinen Augen und Lippen hin und her wandert. Dann reiße ich mich von diesem Anblick los und rapple mich auf. Mein Schwert nimmt seinen gewohnten Platz an meiner Seite ein und ich reiche dem König von Narnia die Hand.


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Die Reise des Löwen | Eine narnianische GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt