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Gedankenverloren fahre ich mit meinen Fingerkuppen die Linien meines Tattoos nach. Ich kann mich noch gut an den Tag erinnern, als ich es mir stechen gelassen hab. An Aves an meiner Seite.

Es ist wieder Montag und ich bin wieder in der Schule. Nur hat Ethan's Geschichts-Kurs heute einen Ausflug, Bay will nicht kommen und Sophia turtelt mit Liam rum. Kurz gefasst: Ich muss den Tag alleine durchstehen. 

,, Hey.", begrüßt mich eine helle Stimme und ich erwache aus meiner Trance. Fast schon erschrocken schaue ich auf und blicke in das Gesicht einer grinsenden Blondine. Ihre braunen Teddybäraugen funkeln beinah schon und wirken vertrauenserweckend. 

,, Hallo.", begrüße ich sie und lächel' genauso warm zurück, wie sie. 

,, Ich bin neu hier und hab mich gefragt, da du alleine sitzt, ob ich mich zu dir setzen könne?", fragt sie hoffnungsvoll. Ich fase mir ans Herz und schaue sie gespielt Verletzt an.

,, Oh danke auch, dass du mit dem Mädchen, was alleine sitzt Mitleid hast.", sage ich. Sie schaut mich verunsichert an und fängt an, an ihrer Lippe zu kauen. Ich kann mein Lachen nicht mehr unterdrücken und fange an lauthals zu lachen. 

,, Das war nur ein Spaß, sicher kannst du dich zu mir setzen.", lache ich und zeige auf den Platz vor mich. ,, Ich bin übrigens Violet."

,, Moon.", stellt sie sich vor uns setzt sich hin. 

,, Interessanter Name. Wie sind deine Eltern drauf gekommen?", frage ich und ziehe meinen Ärmel wieder runter. 

,, Sind sie nicht.", antwortet sie schulterzuckend. ,, Ich hab ihn mit vierzehn einfach ändern lassen, da ich meinen Geburtsnamen nicht mochte."

,, War dein Name wirklich so schlimm?", frage ich immer noch lachend. 

,, Nein, eigentlich nicht. Ich mochte ihn einfach nicht und wollte unbedingt Moon heißen." 

,, Na, wieso nicht?", sage ich schulterzuckend. Moon wirkt mir sympathisch und ich wette, Ethan und Bay werden sie auch mögen. Sophia wird in nächster Zeit sowieso nicht bei uns sein.

,, Also, wieso sitzt du hier so alleine? Du scheinst nett zu sein.", fragt mich die Blondine und beißt in ihr Sandwich. 

,, Ach, ich bin eine vollkommene Psychopathin.", scherze ich. 

Unsicher schaut sie mich an. 

,, Das war ein Scherz. Mein bester Freund Ethan hat einen Ausflug, Bay fühlt sich unwohl und ist zu Hause geblieben und Sophia turtelt mit Liam herum.", erklärte ich. Bei Liam's Erwähnung verzeihe ich mein Gesicht und bringe Moon damit zum Lachen. Sie ist süß. Ich wette, wir werden noch wirklich gute Freundinnen. 

,, Du magst Liam nicht besonders?", hinterfragt sie und beißt in ihr Sandwich. 

,, Nicht wirklich. Er denkt einfach er wäre der beste, ist er aber nicht.", antworte ich wahrheitsgemäß. ,, Außerdem wird er Sophia's Herz bestimmt brechen, nachdem er seine Nummer durchgezogen hat."

,, Ja, so ist Liam.", antwortet sie und wirkt für einen Moment abwesend, sammelt sich aber schnell wieder. Verwirrt ziehe ich meine Augenbraue in die Höhe.

,, Du kennst ihn?", hinterfrage ich diesmal ich. 

,, Ja, so könnte man es nennen.", erwidert sie und lächelt. ,, Was ist das eigentlich für ein Tattoo auf deinem Arm?"

Ich spüre wie mein Herz aussetzte und die Luft um uns herum wurde auf einmal hauch dünn. Der Gedanke an Aves treibt mir wieder die Tränen in die Augen, jedoch blinzel' ich sie so schnell ich konnte weg. Ich will mich nicht erklären. Ich will nicht an Aves denken. Und ich will mein Leben nicht in Angst vor ihm verbringen.

,, Ich hab es mir damals mit fünfzehn stechen lassen. Größter Fehler meines Lebens, muss es bald überstehen lassen.", antworte ich trotzdem, da ich es unhöflich finde, Leuten nicht zu antworten. 

Meine Reaktion überrascht mich. Wieso reagiere ich so stark auf eine einfach Frage?

Moon schaut mich traurig, aber auch wissend, an und legt mir ihre warme Hand auf die Schulter. 

,, Wenn du drüber reden willst, bin ich für dich da.", sagt sie mitfühlend und lächelt warm. 

,, Wir kennen uns seit.", ich schaue auf meine Armbanduhr. ,, Dreizehn Minuten."

Moon zuckt mit den Schultern und macht eine verwerfende Handbewegung. Ich sage auch nichts mehr dazu und esse schweigend meine Apfelstücke. 

Wie sich herausstellte, habe ich Mathe, Kunst und Musik mit Moon zusammen. Ich freue mich, da es bedeutet, dass ich mehr Zeit mit ihr verbringen konnte. Sie ist mir sympathisch und ich will sie besser kennenlernen. Und, dass ich den Tag nichtmehr ganz so alleine verbringen muss. Aber das ist nur eine kleine Nebensache. 

,, Ich bin müde.", höre ich Moon neben mir stöhnen. 

,, Nur noch fünf Minuten, die schaffst du auch noch.", antworte ich kichernd. 

,, Aber ich muss danach noch meine Brüder aushalten und glaub mir, es ist kein Zuckerschlecken mit den beiden.", erwidert sie genervt und verdreht ihre wunderbaren Teddybär-Augen. 

,, Du hast Brüder?", hinterfrage ich. 

,, Ja, zwei. Du kennst sie bestimmt."

,, Gehen sie auf diese Schule?", frage ich und versuche irgendwen zu finden der ihr ähnlich sieht. 

,, Ja."

Ich überlege geradezu fieberhaft, wer mit ihr verwandt sein kann, doch komme auf niemanden. Es gibt ganz schön viele Geschwisterpaare bei uns in der Schule.

,, Ich gebe auf, wer sind deine Brüder?", frage ich. 

,, Devin und Liam.", antwortet sie und ich verschluckte mich an meiner eigenen Spucke.

,, Ernsthaft?", frage ich fassungslos. ,, Das hättest du mir sagen könne, bevor ich über Liam abgelästert habe."

,, Ja.", lacht sie und zeigt ihre Grübchen. ,, Ich mag Devin auch mehr."

,, Hm.", antworte ich. 

,, Komm, sei nicht so. Es sind meine Brüder, und? Das macht mich auch nicht zu einem anderen Menschen.", versucht sie mich auf zu muntern und pickt mir in meine Wange. 

,, Wenn die Mädchen es erfahren, werden sie dich belagern. Deine Brüder sind hier ziemlich gefragt. Vor allem Devin, da er eigentlich keinem Mädchen Beachtung schenkt.", erwider' ich genervt.  

,, Ja, davon habe ich gehört. Naja, Liam ist schon immer ziemlich draufgängerisch gewesen, reißt sich aber bemerkenswert zusammen, und Devin, er hat seine Gründe.", murmelt sie, da uns Mrs. Viena bereits mahnend anschaut. 

Es klingelt und alle Schüler packen ihre Sachen zusammen und fliehen beinahe schon aus dem Klassenraum. Nur Moon und ich machen langsam. 

,, Außerdem haben mir die Jungs versprochen, dass sie in der Schule so tuen, als wären wir uns Fremd. Niemand, außer dir, weiß, dass ich mit den Idioten verwandt bin.", versucht sie es noch einmal. Wahrscheinlich denkt sie, ich würde die 'Freundschaft' beenden. Das werde ich aber nicht. Sie kann nichts für ihre Familie. Außerdem ist sie niedlich und ein kleinwenig Verrückt, was sie einfach nur unbezahlbar wunderbar macht.

,, Moon.", fange ich und bleibe stehen. Sie dreht sich zu mir um und schaut mich fragend an. ,, Ich werde dich nicht wegstoßen, nicht wegen deiner Familie. Freunde kann man sich aussuchen, Familie nicht."

,, Also, bleiben wir Freunde?"

,, Sind wir das überhaupt schon?"

Sie zuckt mit den Schultern und legt ihren Arm um mich. ,, Sieht so aus."


Violet ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt