Unsicher ziehe ich mir einen übergroßen schwarzen Pullover über meinen Oberkörper und binde mir meine kurzen blonden Haare zu einem Pferdeschwanz zusammen. Moon hat mir geschrieben, dass sie sich Sorgen mache und, dass ich heute bei ihr Übernachten soll. Natürlich, da ich Davin nicht über den Weg laufen will, habe ich abgelehnt. Doch sie akzeptiert kein Nein und schaffte es irgendwie doch mich zu überreden zu ihr zu fahren. Vielleicht liegt es auch einfach an meiner mangelnden Durchsetzungskraft.
Ich nehme mir meine Tasche, wo ich Sachen zum Wechseln und alles andere was ich gebrauchen könnte reingestopft habe, und schreibe ich meinen Eltern einen Zettel, dass ich bei einer Freundin bin und dort schlafe. Dann versichere ich mich, dass alle Lichter ausgeschaltet sind, da meine Eltern sonst wütend werden, und verlasse das Haus.
,, Hey.", begrüßt mich die zierliche Blondine als sie die Haustür öffnet.
,, Hey.", erwider' ich und lächel' gezwungen.
Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, zieht sie mich am Arm ins Innere des Hauses und läuft mit mir in die Küche.
,, Hast du Hunger?", fragt Moon und wühlt in den Schränken rum.
,, Nein.", antworte ich ehrlich und kratze mich an meinem Unterarm. Ein kleiner Tick von mir. Wenn ich nervös bin, oder mich unwohl fühle, kratze ich an meinen Unterarm.
Sofort dreht sie sich zu mir um und mustert mich. Aus ihrer Mimik kann ich nichts erkennen.
,, Nettes Shirt. Mein Bruder hat das selbe.", erzählt sie.
,, Welcher?", frage ich, da wenn es Liam hat, ich es sonst sofort entsorge.
,, Ich.", sagt Devin und ich drehe mich um. Devin steht lässig am Türrahmen angelehnt und hat die Armen vor der Brust verschränkt. Ich bin seit unserem Gespräch auf den Parkplatz nicht mehr in der Schule gewesen und es ist das erste Mal, dass ich ihn nach dem Gespräch sehe.
Ich reiße meinen Blick von Devin und drehe mich wieder zu Moon um. Diese hat nun eine Tafel Schokolade in der Hand und isst diese grinsend.
In der Küche wird es Still und ich versuche mich so unauffällig wie möglich zu verhalten. Mir ist es unangenehm in einem fremdem Haus zu stehen und nicht zu wissen, was man machen soll. Es ist unnatürlich und umkomfortabel.
,, Also, Violet, was machst du eigentlich hier?", bricht Devin die Stille nach einiger Zeit.
,, Ich hab sie eingeladen.", antwortet Moon für mich.
,, Ich habe Violet gefragt.", sagt Devin scharf und geht auf die Kücheninsel zu. Ich beobachte seine Bewegungen. Geschmeidig und wie die eines Löwen, der kurz davor ist seine Beute anzuspringen.
,, Ist es dir unangenehm in einem Raum mit mir zu sein?", fragt er wissend und grinst.
,, Nein.", antworte ich. ,, Ist dein Ego verletzt?"
,, Leute, was ist hier los?", fragt Moon verwirrt und unterbricht den kleinen Insider-Streit.
,, Kleine Schwester, du brauchst nicht alles wissen.", antwortet Devin seiner Schwester, lässt seinen Blick jedoch weiterhin auf mir verweilen.
,, Irgendwie ja schon, sie ist nämlich eine meiner Freundinnen und du mein Bruder.", kommentiert sie zickig und verschränkt ihre Arme.
Da ich nicht wirklich Lust habe, sie beim Streiten zu beobachten, hole ich mein Handy aus meinem Shirt und schaue mir die Nachrichten von Ethan an.
Ist alles okay?
Vio?
Soll ich zu dir kommen?
Schläfst du?
Ich steh' vor deinem Haus, willst du mich nicht rein lassen?
Violet Jean Black!
Ich verdrehe lächelnd meine Augen und tippe eine Antwort ein.
Ja, mir geht's gut. Moon hat mich überredet, bei ihr zu schlafen. Tut mir Leid, dass du jetzt vor meiner verschlossenen Haustür stehst.
,, Violet?", reißt mich Moon aus meinen Nachrichten.
,, Hm?", frage ich und schaue von meinem kleinen Handydisplay auf. ,, Sorry, hab nicht aufgepasst. Was wolltest du?"
,, Wie wär's wenn wir Pizza bestellen?"
Ich zucke mit den Schultern.
,, Ich hab nicht wirklich Hunger.", antworte ich und lächel' Moon an. ,, Aber das habe ich dir grad schon gesagt."
Letztlich haben sich Devin und Moon Pizza bestellt. Sie haben auch versucht, mir eine anzudrehen, doch ich beharrte darauf, dass ich keinen Hunger habe und schrieb mit Ethan, während wir im Wohnzimmer saßen und warteten.
Der Geruch von Pizza erfüllt den riesigen Raum als Devin wiederkommt. Mit den Pizzen natürlich. Gierig stürzt Moon auf ihren Bruder zu und reißt ihm ihre Pizza, ich glaube sie hat eine mit Champions bestellt, aus der Hand und setzt sich wieder neben mich. Als wäre sie das unschuldigste Wesen auf der Erde, öffnet sie den Karton und fängt an zu Essen.
,, Wildes Tier.", schüttelt Devin verständnislos den Kopf. Anscheinend hat er nicht vor zu gehen.
,, Es ist Pizza.", argumentiert die Blondine und lächelt zuckersüß.
,, Wo ist eigentlich Liam?", wechselt Devin das Thema.
,, Weg.", antwortet Moon mit vollem Mund. Angewidert verziehe ich das Gesicht.
,, Wo?", fragt Devin augenverdrehend.
,, Wahrscheinlich bei Sophia.", antwortet Moon und diesmal verzieht sie ihr Gesicht.
,, Wieso hast du dein Gesicht verzogen?", frage ich sofort. Ich habe einen Grund dazu. Sie nicht.
,, Ich mag Sophia einfach nicht."
Ich nickte, sage nichts dazu, dass Sophia eigentlich eine Freundin von mir ist und schaue wieder auf mein Handy. Bay hat mir diesmal geschrieben und die Sorge um sie kommt auf einmal in mir auf.
Sie postet die ganze verdammte Zeit Bilder von ihr und Liam. Es ist einfach nur noch nervig.
Wieso musste ich mich in sie verlieben?
Ich ziehe meine Augenbrauen zusammen und suche in meinem Gehirn nach einer aufbauenden Antwort.
Man kann sich nicht aussuchen in wen man sich verliebt. Und das schlimmste ist, Gefühle verschwinden nicht einfach. Sie sind da und bleiben es wahrscheinlich auch für immer. Außerdem nützt es nichts, der Vergangenheit nachzutrauern, sie ist vorbei. Weißt du, was du kannst? Deine Zeit den Menschen schenken, die du liebst. Genieße und schätze was du hast und halt dich nicht an Sachen fest, die vorüber sind.
,, Ich bin so voll.", stöhnt Moon und schiebt ihre Pizza von sich. Sie hatte Dreiviertel gegessen und dies innerhalb zehn Minuten. Nichtmal Devin ist so weit und Männer ist eigentlich verfressener.
,, Hättest langsamer Essen sollen, Schwesterchen."
Moon streckt ihm die Zunge raus und streckt sich.
,, Was machen wir jetzt?", fragt sie an mich gewandt.
Unschlüssig zucke ich mit den Schultern und schrecke zusammen, da mein Handy plötzlich vibriert und ich nicht damit gerechnet habe.
,, Wie wäre es, wenn wir einen Film gucken?", fragt Devin. Entrüstet schaut Moon ihn an.
,, Ist das dein Ernst? Ich dachte, wir wären dich jetzt los. Futter und Trinken hast du bekommen und deine Portion Aufmerksamkeit hattest du auch schon."
,, Ich bin kein Haustier."
,, Ein Gremlin aber."
Geschwisterliebe.
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Violet ✔
Chick-Lit» Du kannst dich nicht vor deiner Vergangenheit weglaufen, geschweige den verstecken.«