,, Du bist gekommen.", murrt Ethan leicht genervt, jedoch mit überraschten Unterton. Mit verschränkten Armen versperrt er mir den Weg ins innere von Bay's Wohnung. Sein Blick ist verurteilend und abwertend.
Ich verziehe mein Gesicht und imitiere seine Haltung. ,, Was ist eigentlich dein Problem?", frage ich selbstbewusst und mindestens genauso verurteilend wie er.
Bereits seit Wochen benimmt er sich merkwürdig. Er geht mir die meiste Zeit aus dem Weg oder möchte nicht, dass Moon und/oder Devin dabei sind. Natürlich respektiere ich dies, weil es kein Geheimnis ist, dass er Devin hasst. Aber Moon hatte er nichtmal eine Chance gegeben.
,, Ganz ehrlich?", fragt er theoretisch. Ich bleibe still; er erwartet keine Antwort von mir. Sein Blick liegt weiterhin verurteilend auf mir. Beinah fühle ich mich verunsichert und entblößt. Aber nur beinah, denn ich habe nichts gemacht, wofür ich mich schuldig fühlen muss.
,, Du hast dich verändert. Und das nur wegen ihm.", er verzieht sein Gesicht angeekelt. ,, Devin Petrov. Irgendwie dachte ich, dass du darüber stehst."
,, Was soll das bedeuten?", frage ich angegriffen und halte mir erschrocken die Hand vor dem Mund. ,, Über was, dachtest du, stehe ich?"
,, Über ihn.", wieder verzieht er sein Gesicht. ,, Du bist besser als er. Er verdient dich nicht."
,, Hörst du dich eigentlich selbst reden? Ich bin mit ihm befreundet. Genauso wie mit dir, Bay und Sophia.", erwider' ich genervt und verschränke meine Arme wieder vor der Brust. ,, Wer -deiner Meinung nach- verdient mich denn, hm?"
Er schweigt einen Augenblick und mustert mich verärgert. Für einen kurzen Moment frage ich mich, ob Bay und Sophia hinter der Tür stehen und jedes Wort mithören. Dann frage ich mich, ob es das alles Wert ist. Damit meine ich den Streit mit Ethan. Eigentlich bin ich wegen Sophia hier, aber die kenne ich genauso wenig, wie Ethan. Wir haben uns alle in den letzten Wochen verändert. Das wird mir gerade klar. Auch wenn ich mir einreden wollte, dass alles so ist, wie früher. So ist es nicht.
,, Ich.", antwortet er auf meine Frage und wirkt auf einmal weniger wütend. Bevor ich etwas auf seine Aussage sagen kann, tritt er an mich heran, nimmt mein Gesicht in seine riesigen Hände und drückt seine Lippen auf meine.
Ich brauche einige Sekunden, um zu reagieren. Ich lege meine Hände an seine Schultern und stoße ihn von mir. Irritiert öffnet er seine Augen und mustert mein Gesicht. Ich erwarte, dass er mich wütend ansieht oder verständnislos. Aber nichts. Er schaut mich leer an.
,, Ich glaube, es ist besser, wenn ich jetzt gehe.", breche ich die Stille und drehe mich um. Viel zu schnell sprinte ich die Stufen zum Erdgeschoss herunter und komme außer Puste unten an. Ich stütze meine Hände oberhalb meiner Knie ab und versuche meine Atmung wieder unter Kontrolle zu bekommen.
Meine Gedanken kreisen. Mir wird schlecht. Ich möchte schreien, möchte weinen.
Eine Hand legt sich auf meine Schulter. Erschrocken schaue ich nach links und begegne den Blick einer besorgten Frau. Ihr Kind, ein Mädchen ungefähr fünf, zerrt an ihrem Shirt und versucht ihre Aufmerksamkeit zu erlangen.
,, Miss, geht es ihnen gut?", fragt die Frau besorgt und rüttelt an meiner Schulter.
Ich versuche zu antworten, gebe schnell aber auf und nicke. Die Frau mustert mich kritisch und ich sehe, wie sich ihre Lippen bewegen, höre jedoch nichts. Meine Umgebung fängt an sich zu drehen. Alles wird schwarz.
Meine Kehle ist trocken als ich wieder zu mir komme. Ich habe meine Augen immer noch geschlossen. Die Geräusche um mich herum sind laut, viel zu laut für meinen Geschmack. Monotones Surren und leises Gemurmel. Mein Kopf pocht und mein Steißbein schmerzt.
,, Ist mir doch egal, ob wir nicht zur Familie gehören, ich möchte jetzt da rein und ich gehe jetzt auch da rein.", vernehme ich Bay's aufgebrachte Stimme. Langsam öffne ich meine Augen und starre in viel zu grelles Licht. Es dauert einige Sekunden bis sich meine Augen daran gewöhnt haben und ich meine Umgebung bewusst wahrnehmen kann.
Stöhnend stelle ich fest, dass ich in einem Krankenhauszimmer bin. Ich verdrehe die Augen und versuche mich aufzusetzen, was jedoch noch mehr Schmerzen bereitet.
,, Wage es dich nicht, dich zu bewegen, Junge Dame.", mahnt mich Moon und stellt sich neben's Bett, sodass ich sehen kann, dass sie ihren Zeigefinger in die Höhe hält. ,, Sonst schnalle ich dich fest."
,, Droh' ihr doch nicht, dass stresst sie nur.", interveniert Bay besorgt und stoßt Moon weg, um sich in mein Blickfeld zu stellen. ,, Bist du okay? Muss ich Ethan schlagen?"
Ich lächel' auf. ,, Nein, ist schon okay.", murmel' ich mit kratziger Stimme. ,, Wie bin ich hierher gekommen und was ist passiert?"
,, Ich hab ihn schon aus dem Zimmer verbannt.", redet Bay munter weiter. ,, Was ist das Letzte woran du dich erinnerst?"
,, Ethan und ich haben uns im Flur gestritten, ich bin runter gerannt und eine Frau mit einem kleinen Mädchen am Shirtsaum haben mich angesprochen. An mehr kann ich mich nicht erinnern.", erzähle ich, lasse dabei bewusst den Part in dem Ethan und ich uns küssen aus.
Bay legt ihren Kopf leicht schräg, schaut über ihre Schulter und dann wieder zu mir. ,, Gut, dann weißt du ja grob, was passiert ist. Warte-jemand sollte einen Arzt holen!", unterbricht sie sich selbst und rennt aus dem Raum.
Moon tritt mit leicht verstörter Miene wieder ans Bett. ,, Du hast Verrückte als Freunde.", bemerkt sie.
,, Ich weiß, deshalb mag ich dich ja auch so sehr.", erwider' ich und lache leicht. ,, Okay, wenn Mrs. Simmens dafür verantwortlich ist, dass ich hier bin, bleibt noch die Frage offen, warum."
,, Es ist ganz einfach. Du hattest mehr oder weniger einen Schwächeanfall. Der Arzt meinte, es läge am Stress.", beantwortet Moon meine indirekte Frage und zuckt mit den Schultern. ,, Wahrscheinlich kannst du später nach Hause gehen. Natürlich erst, nachdem sie dich gründlich Untersucht haben."
,, Wo sind meine Eltern?", frage ich und versuche noch einmal mich aufzusetzen, was ich jedoch kurz darauf aufgebe, da mein Steißbein schmerzvoll pocht. ,, Und wieso tut mein Steißbein so weh?"
,, Sie sind auf dem Weg. Du bist auf deinen Hintern gefallen. Keine Ahnung, wie du das geschafft hast.", lacht sie mich aus und dreht sich um.
,, Moon?", frage ich auf einmal ziemlich müde.
,, Ja?", irritiert zieht sie ihre Augenbrauen zusammen und schaut mich kritisch an.
,,Was ist eigentlich dein echter Name? Also bevor du ihn geändert hast."
Sie kichert leicht und schüttelt ungläubig den Kopf. ,, Deine Prioritäten sind verwunderlich. Mein Name, bevor ich ihn geändert habe, ist Elia."
,, Das ist ein schöner Name."
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Hab ich mal erwähnt, dass The1975 eine meiner Lieblingsbands ist? Story wird übrigens bald beendet.
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Violet ✔
Chick-Lit» Du kannst dich nicht vor deiner Vergangenheit weglaufen, geschweige den verstecken.«