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An der Tür angekommen dreht sie sich mit fragenden Gesichtsausdruck wieder zu mir um. Ihre Arme verschränkt sie vor der Brust und starrt an mir vorbei an die Wand. 

,, Du musst mir noch dein Handy geben." Jae kommt mir wieder einige Schritte näher und streckt die Hand aus. Abwartend schaut sie mich an. 

Ich greife nach kurzem zögern in meine Jackentasche und hole das rechteckige Ding heraus. Ehrlich gesagt hatte ich bereits vergessen, dass ich mein Handy noch bei mir hatte. Und ich bereue es, da ich meinen Eltern oder Devin hätte schreiben können. 

Nachdem ich ihr mein Handy gegeben habe, dreht sie sich wieder um und geht wieder auf ihr Zimmer zu. Dezent überfordert schaue ich ihr nach und entscheide nach einer Weile in mein Zimmer zu gehen. 

Als ich die Tür öffne, kommt mir ein heimischer Duft entgehen. Mein Zimmer, also das bei mir zu Hause, hat eine ähnliche Duftkomponente: Vanille. Genau wie in meinem zu Hause-Zimmer stehen hier eine Menge Duftkerzen -wahrscheinlich Vanillegeruch- herum. 

Ich trete ins Zimmer und schaue mich grob um. Der Raum ist geräumig und spärlich ausgestattet. Die Wände sind in weiß gehalten, die Böden mit hellem Laminat belegt und lediglich ein schwarzes Boxspringbett mit weißen Bezügen, ein weißer Nachttisch an je einer Seite des Bettes, am Ende des Bettes eine etwas größere silberne Kiste, ein heller Schreibtisch aus Holz mit Stuhl und eine schwarze Kommode befinden sich im Raum. 

Seufzend gehe ich auf das Bett zu und lasse mich drauf fallen. Meine Augen schließen sich bei Berührung mit der weichen Polsterung des Bettes und Müdigkeit verbreitet sich in meinem Körper. 

,, Violet?", höre ich Aves meine Stimme sagen. Kurz darauf spüre ich, wie er mir in die Wange stupst. 

Schwerfällig öffne ich meine Augen und schaue direkt zu Aves hoch. ,, Hm?", frage ich als ich mich aufsetze und reibe mir die Augen. 

,, Wir gehen Essen. Wenn du willst, kannst du dich umziehen. Ich bin unten.", erklärt er monoton und geht bereits zur Tür bevor ich etwas erwidern kann. 

Irritiert schaue ich zur geschlossenen Tür und fahre mir durch die Haare, wobei ich, wie fast immer, an einem Knoten hängen bleibe und schmerzerfüllt aufzische. 

Kopfschüttelnd steige ich aus meinem überraschend gemütlichen Bett und schaue an mir herunter. Meine Socken befinden sich nicht mehr an meinen Füßen und meine schwarze Skinny-Jeans sieht in Ordnung aus. So könnte ich raus gehen. Wäre da nicht mein Shirt. Vollkommen zerknüllt und mit einigen vielen Falten sieht es zwar nichtmehr ordentlich aus, ist jedoch noch tragbar. Leider muss ich es umziehen, da sich ein riesiger, rötlicher Fleck an der Stelle, wo mein Bauchnabel ist, befindet. 

Ich reibe mir mit den Händen über's Gesicht und marschiere müde zum Kleiderschrank. Gegen meiner Erwartungen befindet sich Kleidung im Schrank. Ich greife nach einen der grauen Pullover und ziehe ihn, nachdem ich mein dreckiges Shirt ausgezogen habe, an. Der Pullover ist einige Nummern zu groß, ist jedoch ziemlich warm und kuschlig. 

Leicht grinsend schließe ich den Kleiderschrank wieder und mache mich auf den Weg nach unten. 

Von den zehn Leuten, die Anfangs da waren, befinden sich lediglich drei von ihnen unten. Die drei Männer und Aves sitzen an einem Tisch, einer von ihnen erzählt angeregt etwas, wobei seine Stimme undeutlich in der stillen Halle hallt, und Aves ist mit seinem Handy beschäftigt, während die anderen für die Geschichte des anderen interessieren. 

,, Aves, deine Freundin ist da.", informiert der Geschichtenerzähler grinsend, wobei er seine Geschichte mitten im Satz unterbricht. 

Aves dreht seinen Kopf langsam zu mir, steckt das Handy weg und steht auf. Mit seinem Blick auf mich gerichtet, verabschiedet er sich von den Jungs und geht auf mich zu. Als er an mir vorbeigeht greift er sanft aber bestimmt nach meinem Arm und zieht mich hinter sich her. 

,, Du fragst dich bestimmt, was ich vor habe.", fängt er das Gespräch an, als wir aus der Lagerhalle treten. Ohne anzuhalten geht er weiter auf einen weißen Sportwagen zu und zieht mich, wie die ganze Zeit eigentlich, hinter sich her. 

An der Beifahrertür bleibt er stehen und öffnet die Tür, um mich einsteigen zu lassen. 

,, Nein.", antworte ich ehrlich. ,, Ich frage mich eher, wie lange du das hier geplant hast."

,, Wie meinst du das?", fragt er als ich mich gerade auf den Ledersitz fallen lasse. Belustigt schaut er auf mich herab. 

Ich zucke mit den Schultern. ,, Weißt du, ich finde es ziemlich verdächtig, dass du das Zimmer mit Vanillekerzen ausgestattet und Kleidung besorgt hast."

,, Wer sagt, dass die Kleidung extra für dich besorgt worden ist?", fragt er im belustigten Ton, was ein Indiz dafür ist, dass es so ist. 

,, Weil du wohl der egoistischste Mensch bist den ich kenne. Du würdest niemals für jemanden etwas kaufen.", erwidere ich.

Als Antwort lacht er, schließt die Tür und geht ums Auto herum zur Fahrerseite. Auch als er sich auf den Sitz setzt, sagt er nichts und fährt los. 

Die Fahrt verbringen wir schweigend; die einzigen Geräusche ist unser Atmen und das Radio, welches so leise eingestellt ist, dass es beinah nicht mehr zu hören ist. 

Zirka zwanzig Minuten später parkt Aves vor einem Diner und schaltet den Motor aus. Für einen kurzen Augenblick bleibt er sitzen, schaut grinsend zum Schild auf dem Diner 24 Hours Open steht. 

Ich weiß, was er vor hat. Unser erstes Date war in so einem Diner. Wir waren zuerst in einem Restaurant gewesen, jedoch hat er schnell verstanden, dass ich mich nicht wohl gefühlt habe und vorgeschlagen, wo anders Essen zu gehen. Und dann sind wir an einem Diner vorbeigefahren und mein Magen hat geknurrt und wir haben gelacht. Dann haben wir die ganze Nacht damit verbracht uns mit Pommes abzuwerfen und über die Vorteile in einer Kleinstadt zu leben geredet. 

Meine Gedanken schweifen zu Devin. Unser erstes richtiges Gespräch haben wir auch in einem Diner gehabt. 

Aves öffnet meine Tür und reißt mich dabei aus meinen Gedanken. Abwartend schaut er auf mich herab und hält mir die Hand hin. Ohne diese zu ergreifen steige ich aus. 

Im Diner setzen wir uns an einen Tisch am Fenster. Er sitzt mit einem riesigen Lächeln gegenüber von mir. Neben zwei Bedienungen und dem Koch befinden sich noch drei Paare, welche älter als wir sind, und zwei Einzelgänger am Tresen. 

,, Aves, wie lange hast du das hier schon geplant?", wiederhole ich meine Frage gespannt. 

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Lesenacht geht los. Es kommen noch zwei Kapitel und der Epilog!

Violet ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt