,, Ich wusste nicht, dass du ein Tattoo hast.", höre ich Devin hinter mir sagen, den Blick auf meinen rechten Unterarm gerichtet. Sofort ziehe ich meinen Ärmel über das kleine Tintenstück auf meiner Haut und schaue weg. Ich hatte nicht bemerkt, dass mein Ärmel hochgerutscht ist.
,, Es ist auch keines, auf das ich Stolz bin.", murmel' ich gedankenverloren. Mittlerweile sind wir zwei Stunden hier und Moon und Devin sprechen kaum mehr miteinander. Eigentlich spricht hier keiner von uns viel. Woran es liegt? Keine Ahnung.
,, Wieso?", fragt er weiter und schaut sich die verschiedenen T-Shirts an. Bestimmt macht er das, weil er mich nicht direkt anschauen will, da er merkt, dass mir das Thema unangenehm ist. Nur ist seine Neugier größer und die Mädchen Shirts scheinen sein Interesse geweckt zu haben. Ich wette, ein paar von diesen Shirts würden ihn sogar gut stehen.
,, Weil das Tattoo mich an eine Person erinnert, an die ich mich nicht erinnern will.", antworte ich und mache eine gedankliche Notiz, dass ich es mir bald überstechen lasse. Zum zweiten Mal an diesen Tag.
,, So schlimm?"
,, Schlimmer.", antworte ich. Devin nickt nur und lässt das Thema fallen. Ich bin froh, dass er nicht weiter nachfragt, da ich mir sicher bin, dass ich ihm die ganze Geschichte erzählen würde, hätte er gefragt.
Devin hat eine Wirkung auf mich, die ich selbst nicht verstehe. Und ich hasse und liebe es.
,, Seid ihr fertig?", fragt Moon auf einmal und reißt mich aus meinen Gedanken.
,, Ja.", antworte ich und hänge ein ziemlich grässliches Shirt zurück. Keine Ahnung wieso ich es in der Hand halte.
,, Ich auch. Liam hat übrigens angerufen, wir sollen nach Hause kommen.", sagt sie und ich bin mir ziemlich sicher, dass der letzte Teil an Devin gerichtet.
,, Natürlich. Liam muss anrufen. Nicht das Ivanna oder Dennis anrufen.", zischt Devin beinahe schon.
,, Nenn sie nicht so.", murmelt Moon enttäuscht.
,, Wie soll ich sie sonst nennen?"
,, Wir wäre es mit Mum und Dad.", schlägt sie vor und grinst wie ein kleines Mädchen.
Devin lacht verachtend auf. ,, Sie verdienen diese Bezeichnungen nicht."
Wieder fühle ich mich unwohl und mache mich so unauffällig wie möglich. Ich will nicht in irgendeinen Streit reingezogen werden.
,, Sie sind es aber.", erwidert Moon stur.
,, Sie sind meine Erzeuger. Mehr nicht.", antwortet Devin und klingt eisig. Auch Moon scheint seine Laune zu bemerken und erwidert nichts mehr.
,, Tut mir Leid, dass du das alles mitbekommen musstest.", flüstert Moon mir im Auto -sie sitzt diesmal neben mir auf der Rückbank- ins Ohr und setzt ein Lächeln auf. Es sieht einfach nur traurig und falsch aus.
,, Schon okay.", erwider' ich und lächle sie echt an.
,, Wir sind da.", unterbricht Devin und schaut zu uns nach hinten. Sein Blick ist leer und ich fragte mich, ob es an der Erwähnung seinen Eltern liegt oder einfach nur daran, dass ich das Gespräch mit bekommen habe.
,, Äh...Ja. Danke für's mitnehmen.", stottere ich und flüchte beinahe schon aus dem Auto. Moon winkt mir noch zum Abschied und dann zischt das Auto mit aufheulenden Motor davon.
Müde betrete ich mein Haus und lasse meine Taschen auf den Boden fallen. ,, Bin wieder da.", rufe ich durch das Haus und ziehe meine Schuhe aus.
,, Und wie war's?", fragt meine Mutter sofort als ich die Küche betrete.
,, Ganz okay. Wir waren shoppen.", antworte ich und meine Mutter verzieht ihr Gesicht. Sie weiß, wie ich beim Shoppen bin und was ich davon halte.
,, Das Essen ist übrigens in zwanzig Minuten fertig. Bis dahin kannst du noch oben bleiben, aber komm dann runter.", sagt sie mir und ich drücke ihr einen Kuss auf die Wange.
,, Du bist die Beste." Auf einmal habe ich das Gefühl, ich würde es ihr zu selten sagen.
Lächelnd drückt sie auch mir einen Kuss auf die Wange und ich verschwinde wieder aus der Küche. In meinem Zimmer lege ich meine Neuerrungenschaften in eine Ecke und setze mich auf den kleinen Teppich vor mein Bett.
Hey, tut mir wirklich Leid, wie Devin und ich uns benommen haben. Ich mach es auch irgendwann wieder gut, versprochen!
Lese ich die Zeilen auf meinem viel zu hellen Display.
Schon okay. Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Familie eben. Madeline und ich haben uns schon schlimmer gestritten. Und das vor größerem Publikum.
Ich schaue auf die Uhr und muss erschrocken feststellen, dass zwanzig Minuten bereits vergangen sind und ich mich nach unten begeben muss.
Nach dem Essen mache ich mich Bettfertig und lege mich in mein weiches Bett. Müde gähne ich und entscheide mich, obwohl es noch ziemlich früh ist, schlafen zu gehen. Doch ich bin einfach nur erschöpft.
Sein Lächeln lässt kalte Schauer über meinen Rücken laufen. Allein sein Blick verängstigt mich und ich fange an, am ganzen Körper zu zittern.
,, Hab keine Angst.", flüstert er mit seiner rauen, kalten Stimme. ,, Es tut nicht weh."
Ich versuche zu schreien, jedoch kommt kein Ton über meine Lippen. Das Zittern wird heftiger und ich will mich wehren, nur bin ich wie gelähmt.
Seine rechte Hand berührt meine Wange. Seine Hand ist eisig und ich spüre, wie sich mein Herzschlag verlangsamt.
,, L-lass mich in Ruhe.", stotter' ich zuteil wegen der Kälte, zuteil wegen der Angst die sich in mir ausbreitet.
Aves schnalzt mit der Zunge und schüttelt langsam sein Kopf.
,, Tsk, tsk, tsk, du bist mein.", flüstert er und sein nach Kaffeeriechender Atem triff auf meine kalte Haut. Gewaltsam packt er meinen rechten Arm, jedoch verspüre ich es nicht. Mein Arm ist wie betäubt.
,, Siehst du, mein Zeichen ist auf dir.", grinst er und fährt die Linien nach. ,, Ich habe es dir persönlich gestochen."
Auf einmal spürt ich den Schmerz, der gerade ausgeblieben ist. Ich will schreien, jedoch kommt nichts außer ein leises Keuchen aus meinem Mund heraus.
,, Violet, wach auf!", höre ich meinen Vater panisch rufen. Ich reiße meine Augen auf und schreie.
,, Vio.", flüstert nun meine Mutter und nimmt mich in den Arm. Auch ich schlinge meine Arme um sie und bemerke, dass ich weine.
Mein Schluchzen erfüllt den Raum. Ich klammere mich an meine Mutter, als wäre sie mein Anker und ich würde ohne sie forttreiben. Sie ist meine Rettung und ohne sie bin ich verloren.
,, Was ist passiert?", fragt mein Vater als ich mich halbwegs beruhigt habe.
Ich wische mir mit meinen Händen die Tränen aus dem Gesicht und schaue zum Fenster. ,, Ich habe nur schlecht geträumt. Macht euch keine Sorgen."
Meine Eltern wussten nichts von Aves. Damals hatte ich ohne groß Erklärung gefragt, ob wir umziehen können. Sie waren besorgt und hinterfragten es, stimmten jedoch zu und ließen das Thema ruhen. Sie glauben, dass ich, wenn ich darüber reden möchte, zu ihnen komme.
,, Wirklich? Ist wirklich alles okay? Wenn du willst, bleibe ich so lange hier, bis du eingeschlafen bist.", bietet mir meine Mutter müde und besorgt an.
,, Nein, alles okay. Geht wieder schlafen."
Prüfend schauen meine Eltern mich an, jedoch versichere ich ihnen abermals, dass sie gehen können.
Unsicher gehen sie, versichern mir jedoch, dass ich sie ruhig aufwecken kann, wenn ich es mir anders überlege und sie brauche.
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Violet ✔
ChickLit» Du kannst dich nicht vor deiner Vergangenheit weglaufen, geschweige den verstecken.«