K A P I T E L 4

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-Joana's Sicht-

Ich sitze alleine auf meinem Balkon, mein Vater ist wie immer weg und die Sonne scheint mir ins Gesicht. Ich genieße die Wärme, die frische Luft. Es ist noch relativ früh und obwohl ich normalerweise bis in den Mittag hinein schlafe, war ich bereits wach, als die Sonne aufging. Und das konnte ich nur ihm verdanken. Alessio. Die halbe Nacht vor dem einschlafen habe ich an ihn Gedacht. An seine Spontanität, seine nette, aber trotzdem irgendwie schräge Art und Weise. Als ich ihn näher kennengelernt habe, hat er mir das Gefühl gegeben, er würde mich schon länger kennen, als ich ihn. Schaut man in seine Augen, erkennt man nichts darin. Man weiß nie, woran er denkt, was in seinem Kopf vorgeht. Er ist wie ein Geheimnis, welches auf keinen Fall gelüftet werden darf. Neben ihm hat sie das Gefühl, er kennt sie in und auswendig bis auf das kleinste Geheimnis. Und diese Gedanken haben sie dazu gebracht nur schwer einschlafen zu können und früh am morgen wieder aufzuwachen.

-Alessio's Sicht-

Ich spüre, wie sich eine zarte Hand von hinten auf meine Schulter legt und ich zucke reflexartig zusammen und drehe mich schnell um, bereit der Person die Faust ins Gesicht zu boxen.
,,Wow, bleib ruhig, Alessio. Diesmal war ich wohl diejenige, die dich erschreckt hat!'' Joana steht einen Schritt weiter entfernt von mir, den sie gegangen ist, als ich mich schnell umgedreht habe und grinst mich siegessicher an. Sie trägt eine Jeans und ein enganliegendes Top, wodurch ihre perfekte Figur deutlich wird. ,,Du solltest bei mir lieber aufpassen'', gebe ich zurück und sie zieht eine Augenbraue hoch. ,,Was gibts?'', frage ich noch dazu. ,,Ach, ich wollte zu dem Markt, ein paar Lebensmittel einkaufen. Vielleicht hast du Lust mitzukommen?'', fragt sie. Ich habe eigentlich überhaupt keine Lust dazu, doch ich sollte jede Gelegenheit nutzen Zeit mit ihr zu verbringen, also laufe ich neben ihr her, durch die enge Gasse, durch die ich ihr am ersten Tag schon gefolgt bin, bis mitten auf den Markt.
Nachdem sie dort alle Einkäufe erledigt hat, helfe ich ihr die Tüten nachhause zu tragen und grinse innerlich, als sie mich in ihr kleines Haus lässt und ich die Tüten in der Küche abstelle. ,,Vielen Dank, alleine hätte ich das wahrscheinlich nicht geschafft'', sagt sie und sieht mir ins Gesicht. Ich schaue auf sie herunter, ihre dunklen Augen fixieren mich. ,,Was schaust du denn so? Was möchtest du wissen?'', frage ich und grinse sie an. Man hat ihr gleich angesehen, dass ihr eine Frage auf der Zunge brennt und sie versucht hat, diese Frage in meinem Gesicht abzulesen. Ich höre sie leise ein Schimpfwort flüstern und sie dreht sich beleidigt um und geht ins Wohnzimmer. Ich folge ihr dort hin und ziehe sie an ihrem Arm zurück. ,,Hab ich was falsches gesagt?'', frage ich und schaue sie an. Sie schüttelt den Kopf. ,,Nein, es tut mir leid, es ist nur so...'' Sie beendet ihren Satz nicht und schaut verlegen auf den Boden. Ich lege zwei meiner Finger unter ihr Kinn und hebe es an, damit sie mich anschauen muss. ,,Es ist nur so...?'' ,,Ich habe das Gefühl du weißt alles über mich, und ich, ich erkenne gar nichts in deinem Gesicht. Ich weiß nie, woran du denkt, was du fühlst, was du sagen willst oder ob du eine Frage hast. Bei mir ist es ganz anders, wie du ja schon bemerkt hast, du siehst mir direkt an, wenn ich etwas wissen will und wie ich mich fühle!'', erklärt sie aufgebracht. Ich ziehe meine Augenbrauen zusammen. ,,Und?'', frage ich, weil ich nicht ganz genau verstehe, was das Problem ist. ,,Ich finds scheiße, dass ich so leicht zu durchschauen bin. Und du kein bisschen'', erklärt sie nun und ich muss grinsen. Über was sich Frauen Gedanken machen. ,,Ich meins ernst, Alessio! Hör auf mich auszulachen, sonst fliegst du hier sofort wieder raus!'', droht sie und ich setze mein Pokerface auf. Langsam lasse ich meine Hand, die noch ihren Arm fest umschlungen hat herunter gleiten, bis sich unsere Hände berühren und ich nach ihrer greife. Ich hebe sie hoch und küsse sanft ihren Handrücken und schließe kurz meine Augen. ,,Ich kann nichts dafür, dass ich nicht so leicht zu durchschauen bin, das hat sogar seine Vorteile. Und es stimmt nicht. Du bist nicht leicht zu durchschauen, Joana.'' Ich sehe ein leichtes Lächeln auf ihren Lippen und ihre Gesichtszüge werden immer feiner. ,,Was hast du heute Nacht vor?'', frage ich sie noch und sie zieht beide Augenbrauen hoch. ,,Ehm, also..ich...eigentlich nichts, nur..'', stottert sie und ich muss schon wieder grinsen. Sie ist verrückt nach mir. ,,Ich möchte heute Nacht mit dir verbringen, an einem besonderen Ort, den ich neulich entdeckt habe'', erkläre ich und spüre, wie sie erleichtert ausatmet. ,,Das würde ich auch sehr gerne, nur mein Vater...er ist ein wenig überfürsorglich'', meint sie und ich nicke. Das wäre ich auch, wenn ich als Anführer einer Mafia eine Tochter hätte. ,,Kannst du dich nicht rausschleichen?'', frage ich und sie lächelt mich liebevoll an. ,,Ich versuchs.'' Langsam lasse ich ihre Hand los und lege sie auf ihre Wange. Ich beuge mich zu ihr herunter und ganz nah an ihrem Ohr flüster ich: ,,Ich freue mich auf dich.''
Schnell lasse ich sie los und finde von alleine den Weg zur Haustür und verlasse das kleine Haus, ohne das sie noch etwas sagen kann.

Mission IncompleteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt