K A P I T E L 35

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Schon am nächsten Mittag packten wir wieder unsere Sachen zusammen, um wieder nach Hause fliegen zu können. Nachdem wir gestern noch die Villa mit all den Leichen in Brand gesetzt hatten, wussten wir, dass die Sache mit den Spaniern nun zu Ende war und wir uns nicht mehr zu große Sorgen bezüglich Gegnern machen mussten. Seit dem Vorfall mit Alessio hatte ihn noch keiner zu Gesicht bekommen. Nachdem seine Schulter von einer speziellen Ärztin verarztet und verbunden wurde, da er einen Schuss abbekommen hatte, hatte er sich in einem der Zimmer eingesperrt und ließ keinen zu ihm. Ich konnte es ihm auch irgendwie nicht verübeln. Wahrscheinlich brauchte er einfach etwas Zeit für sich, um sich im klaren zu werden, was er mit dem Anführer der spanischen Mafia angestellt hatte.
Erst als wir startbereit waren und zum Flughafen fahren wollten, kam er aus dem Zimmer, mit einem kalten Ausdruck auf dem Gesicht. ,,Gehts dir gut?'', fragte ich ihn, als er sich, mit seiner Tasche in der Hand, neben mich gestellt und nichts gesagt hatte. ,,Alles bestens'', war seine kurze Antwort und ich beließ es fürs erste dabei. Am Flughafen angekommen verabschiedete sich meine Familie von den Italienern, auch Alessio schien so langsam wieder aufzutauen und brachte wenigstens ein kleines Lächeln über die Lippen, als er sich ebenfalls von allen Anwesenden mit einer Umarmung verabschiedete. Nur eine Person ließ er dabei aus. Ivan. Trotz der Versöhnung waren sich die beiden noch nicht näher gekommen und verstanden sich einfach nicht. Naja, man konnte es ja nicht erzwingen.
Erst als ich mit meiner Familie im Flieger saß und er abhob, atmete ich erleichtert aus, dass die Sache mit den Spaniern endlich vorüber war.

-Joana's Sicht-

Ich wartete schon seit einer halben Stunde gespannt darauf, dass meine Familie endlich landen würde, und ich somit wusste, dass keiner von ihnen verletzt, oder im schlimmsten Fall sogar tot war. Nach dem Kampf hatte ich keinen Kontakt zu ihnen aufnehmen können, was mir Sorgen bereitete, aber als ich endlich einige von ihnen ausmachen konnte, lief ich mit schnellen Schritten dort hin und fand als erstes meinen Cousin Carlos. Ich warf mich in seine Arme und er fing mich lachend auf. ,,Da hat mich aber jemand vermisst'', meinte er frech und lachte wieder laut auf, als ich ihm auf die Brust schlug. ,,Geht es allen gut? Gibt es Verletzte?'', fragte ich sofort die Frage, die mir seit mehreren Stunden auf der Zunge lag. ,,Allen geht es gut, keine Sorge'', sagte er und ich nickte. Ich kam nicht drumrum, ihn zu fragen, wie es Alessio und den anderen ging und sein Blick wurde augenblicklich dunkler. Es musste etwas schlimmes passiert sein! ,,Ehm, es geht ihnen allen auch gut. Wie gesagt, es gibt keine Verletzte'', murmelte er monoton. Er lügte. ,,Sag mir die Wahrheit, Carlos! Ist etwas mit Alessio?'', fragte ich erneut und wollte diesmal die Wahrheit. Irgendetwas stimmte einfach nicht, ich spürte es! ,,Okay, ja, er wurde angeschossen'', gab er zu und ich hörte augenblicklich auf zu atmen. ,,W-Was?'', stotterte ich vor mich hin und starrte auf meine Füße. ,,Nur ein Schuss in die Schulter, nichts wildes'', erklärte er schnell und legte seine Hand um meinen Oberarm. Da es ihm anscheinend gut ging, entspannte ich mich wieder ein wenig und sah meinen Cousin lächelnd an, bevor ich mich nun meinen anderen Cousins widmete und sie stürmisch umarmte.

-Alessio's Sicht-

Endlich wieder zu Hause. Dort, wo es immer noch am schönsten ist. Entspannt ließ ich mich auf eine der Liegen am Pool fallen und schloss die Augen. Aber an Ruhe war nicht zu denken. Ein Schlag auf den Kopf ließ mich meine Augen öffnen. Ein frech grinsender Jonas setzte sich mir gegenüber, gefolgt von Luca. ,,Was geht ab'', murmelte Luca müde und ich musste automatisch grinsen. Luca war noch nie der Mensch der wenig schlief und nach so anstrengenden Tagen noch freiwillig auf den Beinen war. ,,Geh mal schlafen, Junge. Sonst kippst du mir gleich noch um'', scherzte ich und zog eine Schachtel Zigaretten aus meiner hinteren Hosentasche. ,,Bevor ich das tue, müssen wir ein ganz ernstes Wort mit dir reden'', begann er und sah mir eindringlich ins Gesicht. Meine Augen verdrehend steckte ich mir eine Zigarette zwischen die Lippen und zündete sie an. Erst nachdem ich einmal an der Zigarette zog und den Rauch wieder auspustete, antworte ich. ,,Legt los.'' ,,Bist du dir noch im klaren, was du mit dem Anführer angestellt hast? Nicht, dass es mich kümmert, dass du ihn..naja, unzählige Male erstochen hast. Aber uns interessiert einfach der rein psychische Aspekt'', sagte Jonas und ich zog die Augenbrauen hoch. ,,Der psychische Aspekt also'', wiederholte ich und sah die beiden nicken. ,,Ehrlich gesagt erinnere ich mich nicht mehr an die Situation. Alles was ich getan habe. Alles was ich gesagt habe. Da war ich nicht dabei. Das war nicht ich'', erklärte ich und bemerkte selbst, wie bescheuert das klang. Aber es war die Wahrheit. Ich konnte mich wirklich an nichts mehr erinnern. ,,Bis wohin kannst du dich erinnern?'', fragte nun Luca und ich überlegte kurz. ,,Nachdem er mir in die Schulter geschossen hat, habe ich ihm in den einen Arm und in beide Beine geschossen. Ab dann ist alles weg.'' Wieder nickten die beiden und schienen zu überlegen, was sie als nächstes sagen sollten. ,,Hör zu. Du hast..du hast ihn dafür verantwortlich gemacht, was mit Joana passiert ist'', erzählte Jonas und bei ihrem Namen zog sich automatisch mein Herz zusammen. Noch immer vermisste ich sie so abgrundtief. ,,Ich war nicht ich selbst, wie schon gesagt. Die Wut hat mich einfach komplett eingenommen und mich geleitete'', erklärte ich erneut und konnte nur den Kopf darüber schütteln. Es hätte alles mögliche passieren können. Es war falsch mich so sehr in diese Sache hineinzusteigern. Ja, ich wollte Rache, die habe ich auch bekommen, dennoch war ich unvorsichtig und nicht konzentriert. ,,Tut mir leid, dass ihr euch das mit ansehen musstet'', entschuldigte ich mich bei den beiden, konnte ihnen dabei aber nicht in die Augen sehen. Irgendwie schämte ich mich für diese Aktion. ,,Ach, wenn nicht wir, wer dann. Wenn irgendetwas sein sollte, wenn du über irgendetwas reden willst, wenn du über sie reden willst, dann kannst du das mit uns tun, okay? Man, das klingt absolut schwul, aber wir sind immer für dich da, verstanden?'' Wow, das sowas mal aus Lucas Mund kommen würde. ,,Ich will nicht über sie reden. Ich will ihren Namen nicht hören, einfach nichts. Wenn ihr mir den Gefallen tun könntet, wäre ich sehr dankbar'', war das einzige was ich darauf erwiderte und blickte beide nun an, während ich meine Zigarette zu Ende rauchte und wegwarf.

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Ich weiß, im Kapitel ist absolut nichts spannendes passiert, aber ich habe ein Übergangskapitel gebraucht!
Tut mir leid!

Mission IncompleteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt