K A P I T E L 32

1.9K 55 0
                                    

-Alessio's Sicht-

Nachdem wir noch einige Zeit darüber gesprochen hatten, welche Mafia es sein könnte, lockerte sich die Stimmung ein wenig und die beiden Mafias vermischten sich. ,,Hey Alessio'', rief jemand aus der Menge und kam dann hinter anderen Mitgliedern zum Vorschein. Carlos stand vor mir und kratzte sich unsicher am Hinterkopf. ,,Wie es aussieht, sind wir irgendwie doch keine Feinde mehr'', meinte er dann und lächelte mich leicht an. Ich nickte nur und wartete weiter ab, was er mir zu sagen hatte. ,,Ich wollte nur klar stellen, dass alles cool zwischen uns ist, oder? Wir hatten keine prächtige Vergangenheit.'' ,,Ja, du hast versucht mich umzubringen'', murmelte ich und er begann zu lachen. ,,Tut mir leid, aber wenn es um meine Familie geht, habe ich keine Gnade'', sagte er lachend und ich schlug ihm freundschaftlich auf die Schulter. ,,Verstehe schon. Sag mal, wann wollt ihr wieder abreisen?'', fragte ich nun die Frage, die schon die ganze Zeit in meinem Kopf rumschwirrte. ,,Morgen Abend'', antwortete er und ich nickte. Er wusste sofort, wieso ich gefragt hatte und legte seine Hand nun auf meine Schulter. ,,Du solltest mit ihr reden. Sie ist in ihrem Zimmer. Aber verletz sie bloß nicht!'', warnte Carlos mich und ich nickte wieder. Nachdem er mir erklärt hatte, wo sich ihr Zimmer befand, lief ich in die Villa und klopfte an der Tür. Ich bekam keine Antwort, also entschied ich mich einfach das Zimmer zu betreten. Ich fand sie sitzend auf ihrem Bett vor, die Haare zersaust und gefühlte fünf Decken auf ihr, obwohl es sehr warm war. ,,Darf ich mich zu dir setzen?'', fragte ich vorsichtig und nahm ein leichtes Nicken von ihr wahr. Ich setzte mich neben sie und sagte erstmal nichts. Ich wusste nicht so ganz, wo ich anfangen sollte. ,,Unsere Familien haben sich vertragen'', erzählte ich dann erstmal und sah sie leicht lächelnd an. ,,Habs mitbekommen'', sprach sie leise und ich war unendlich glücklich, dass sie ein Wort von sich gab. ,,Ihr werdet morgen abreisen und ich..Joana wie wird es mit uns weitergehen?'' Sie schaute mich an und zog die Augenbrauen leicht zusammen, als würde sie überlegen. ,,Ich weiß es ehrlich gesagt nicht'', meinte sie nur und zuckte mit den Schultern. ,,Wirst du mitgehen?'', fragte ich diese dumme Frage und wusste bereits die Antwort. ,,Natürlich, Alessio. Das ist meine Familie'', sagte sie und ich nickte. ,,Willst du..willst du das ich mit dir komme?'' Sie zog die Augenbrauen hoch und sah mich eine Weile an, bis sie auf ihre Decken starrte und den Kopf schüttelte. ,,Ich glaube, dass ist keine gute Idee'', murmelte sie und ich spürte allmählich, wie sich meine Brust verkrampfte. ,,Wieso nicht? Willst du mich nicht mehr? Willst du..mich alleine lassen? Nach allem was passiert ist?'' Sofort drehte sich ihr Kopf zu mir, die Augen weit aufgerissen. ,,Nach allem was passiert ist? Alessio, alles schlechte was passiert ist, ist mir passiert! Ich wurde entführt, von dem Mann, bei dem ich geglaubt habe, er beschützt mich. Ich war alleine in dieser Wohnung, ohne dass ich jemanden außer dir kannte, und ich wurde angeschossen und hab mein Baby verloren!'' Sie wurde wütender, das merkte man daran, dass ihre Stimme immer lauter wurde. ,,Denkst du wirklich, das alles war einfach für mich? Denkst du es war leicht, dich zu deinen Feinden zu bringen. Meinst du echt, es hat mich glücklich gemacht, dich verzweifelt zu sehen? Und vergiss nicht, dass es auch mein Baby war! Es war unser Baby, Joana. All diese Zeit hat mich fertig gemacht, weil ich dich nicht traurig sehen konnte. Nicht traurig sehen wollte!'', schrie ich sie nun auch an und stand auf. Sie tat es mir gleich und starrte mich wütend an. ,,Es ist alles deine Schuld, Alessio. Alles was passiert ist, ist deine Schuld!'' ,,Ich weiß, verdammt und ich habe dich tausende Male angefleht, mir zu verzeihen! Ich habe Fehler gemacht, ich weiß es, aber jetzt schlag dir bitte den Gedanken aus dem Kopf mich entgültig zu verlassen!'' Ich wurde immer verzweifelter, mein Herzschlag immer und immer schneller und die Tränen stiegen mir nach und nach in die Augen. ,,Wie kannst du mich noch bitten, dich nicht zu verlassen? Nach allem was du getan hast, denkst du wirklich alles wird wie vorher?'', schrie sie und griff sich verzweifelt in die Haare.
,,Hey, was ist hier los? Joana, ist alles in Ordnung bei dir?'', fragte auf einmal dieser scheiß Typ Ivan, der in der Tür stand und langsam ins Zimmer kam. Schon von Anfang an, war mir klar, dass er was von Joana wollte, weshalb ich ihn einfach hasste! Egal ob wir nun Feinde waren oder nicht. ,,Sag mir ein letztes Mal, werden wir uns wiedersehen?'', fragte ich Joana leise und sah ihr in die Augen, die ebenfalls mit Tränen gefüllt waren. ,,Geh einfach, Alessio'', war nur ihre Antwort und schon stand dieser Dreckssack Ivan neben mir und fasste mich an der Schulter. ,,Es ist besser, wenn du jetzt gehst'', meinte er und ich schlug wütend seine Hand weg. ,,Fass mich nicht an'', zischte ich und ging ohne einen weiteren Blick an Joana gerichtet an ihm vorbei aus dem Zimmer.

Der nächste Morgen brach an und ich lief aus meinem Zimmer in den Garten, wo schon mein Vater, Mia (die Frau meines verstorbenen Bruders Manuel) und ihre Tochter Lina, Luca und Jonas saßen und frühstückten. Sie schienen glücklich zu sein, ganz anders als ich. Gleich nach dem Gespräch mit Joana war ich mit der Begründung, ich hätte Kopfschmerzen nachhause gegangen und war bis jetzt nicht aus dem Zimmer gekommen. Ich hatte die ganze Nacht nicht geschlafen, meine Gedanken kreisten nur um sie, wie sonst auch immer, aber diesmal wohl eher darum, dass es wirklich mit uns beiden zuende war. Zuende, bevor es wirklich richtig beginnen konnte.
Mein Vater und auch Mia verabschiedeten sich gerade, als ich zu ihnen gestoßen war und es blieben Jonas, Luca und ich zurück. ,,Wie gehts dir? Hast du überhaupt geschlafen?'', fragte Jonas und ich verneinte seine Frage kurz und knapp. Mir war nicht nach essen, weshalb ich einfach auf den Pool vor mir starrte. ,,Wow, so fühlt es sich also an, einfach nach eigenem Willen den Garten der Italiener zu betreten!'', rief jemand vom anderen Ende des Gartens. Carlos und zwei weitere Jungs kamen grinsend auf uns zu und wir standen auf, um sie zu begrüßen und baten sie, sich zu setzen. Die anderen beiden Jungs stellten sich als Pedro und Bruno heraus und gemeinsam mit ihnen aßen wir etwas, wobei ich wie gesagt, nichts aß. ,,Schon komisch, oder? Wer hätte das gedacht. Italiener und Portugiesen gemeinsam am Tisch, friedlich frühstücken'', meinte Pedro und wir mussten automatisch grinsen. ,,Alessio sieht zwar etwas grimmig aus, aber ich gehe stark davon aus, das liegt nicht an uns, sondern an einer bestimmten Dame'', sagte er nun und fing sich einen Schlag auf den Oberarm von Carlos ein. ,,Hör auf, sie zu erwähnen, verdammt!'', zischte Carlos. ,,Schon gut'', murmelte ich und zuckte mit den Schultern. ,,Du musst wieder zu ihr gehen, Alessio. Überzeug sie davon, dass sie einen Fehler macht!'', meinte Jonas und die anderen stimmten ihm zu. ,,Sie hat sich gegen mich entschieden. Das hat sie gestern klar gemacht'', sagte ich und sah die Jungs an. Alle verdrehten die Augen. ,,Es ist ja wohl mehr als offensichtlich, dass sie dich liebt. Und du liebst sie auch. Willst du sie echt einfach so gehen lassen?'', fragte Carlos und wieder stimmten die anderen zu. ,,Lasst gut sein, Jungs. Und Carlos, du solltest vielleicht bevor du gehst dich selber noch um jemanden kümmern. Leah wartet sicher schon sehnsüchtig auf dich'', behauptete ich und musste schief grinsen. ,,Was? Die Krankenhausblondine?'', fragte Bruno empört und wir begannen zu lachen. ,,Wie kommst du auf so einen Mist, Alessio?'', fragte Carlos und schüttelte den Kopf. ,,Es wäre eine Lüge, wenn ich sagen würde, ich hätte euch beide bei eurem Gespräch auf dem Flur nicht gesehen und nunja, ein bisschen beobachtet. Ihr würdet ein echt gutes Paar abgeben!'' Die Jungs lachten wieder und Carlos driftete mit den Gedanken ab. ,,Du hast recht, ich bin dann mal weg, bis später!'', rief er, stand auf und rannte so schnell es ging aus dem Garten.

-Carlos' Sicht-

Alessio hatte recht. Da war etwas magisches zwischen Leah und mir, als wir da saßen, und uns einfach nur in die Augen gesehen haben. Noch nie ging es mir bei einer Frau so, aber sie hatte meine Gedanken nach der ersten Begegnung erobert. Und so sehr ich es auch wollte, ich konnte sie nicht vergessen. Ihre wunderschönen blauen Augen hatten sich in mein Hirn gebrannt. Deshalb musste ich einfach zu ihr. Sie wenigstens ein letztes Mal sehen, bevor ich ihr wahrscheinlich nie wieder begegnen werde.
Im Krankenhaus angekommen suchte ich sofort die Gänge nach ihr ab, bis ich sie von hinten sah und mit schnellen Schritten auf sie zu ging. ,,Hey'', gab ich, zu meiner Überraschung, etwas schüchtern von mir und sie zog, verwundert darüber mich zu sehen, die Augenbrauen hoch. ,,Oh hey, ist alles in Ordnung? Gehts Joana nicht gut?'', fragte sie sofort besorgt und ich lächelte sie an. ,,Joana gehts gut, ich bin wegen einem
anderen Grund hier'', meinte ich und sie sah mich weiterhin überrascht an. ,,Aus welchem Grund?'', fragte sie nun. ,,Wegen dir. Ehm, ich weiß, dass klingt jetzt ziemlich komisch, weil wir uns nur einmal unterhalten haben, aber..ich werde heute Abend abreisen. Zurück nach Portugal und..'' Ich versuchte die richtigen Worte zu finden, ohne dass es sich komisch anhören würde. Sie wurde rot und sah schüchtern auf ihre Hände. ,,Naja, ich..würde dich sehr gerne kennenlernen'', sprach ich nun aus und sie sah nach oben in meine Augen. ,,Ich..würde dich auch gerne näher kennenlernen, aber..wie soll das alles funktionieren, Carlos? Ich mein, wir sind dann kilometerweit voneinander entfernt'', sagte sie und ich nickte. Sie hatte recht. Aber das alles war mir egal. Ich musste sie einfach kennenlernen. Leah hatte mich in ihren Bann gezogen. ,,Ich frage eine Frau zum ersten Mal, ob ich sie kennenlernen darf und zum ersten Mal ist es mir egal, wie schwer das Ganze werden könnte'', gab ich ehrlich von mir. Schüchtern lächelte sie mich an und strich sich eine Strähne hinters Ohr. ,,Okay'', meinte sie dann. Ich folgte ihr ins Büro und sie schrieb mir ihre Nummer auf einen kleinen Zettel, den sie mir reichte. ,,Melde dich bei mir'', sagte sie und ich grinste Leah frech an. ,,Das werde ich mit Sicherheit.''
Aus dem Krankenhaus heraus, setzte ich mich zurück in den Mietwagen und speicherte als erstes ihre Nummer in mein Handy. So wie ich mich kannte, würde ich diesen Zettel sofort verlieren. Mit einem zufriedenen Lächeln fuhr ich los.

Mission IncompleteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt