K A P I T E L 7

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,,Joana, meine wunderschöne Tochter'', murmelte mein Vater und sah mir in die Augen. Ich saß ihm gegenüber auf der Couch und spürte, wie mir immer heißer wurde. ,,Es gibt einige Dinge, die du über mich und unsere Familie nicht weißt. Dazu gehört auch der Tod deiner Mutter.'' Ich schluckte, als ich daran zurück dachte, als meine Mutter vom einen auf den anderen Tag verschwunden war. ,,Ich versuchs so schnell und einfach wie möglich zu erklären'', sagte er und ich nickte schwach. ,,Joana, unsere Familie, wir sind eine Mafia-Familie'', meinte er und ich zog die Augenbrauen hoch. Ich konnte mich nicht zurückhalten und ein dickes Grinsen erschien auf meinem Gesicht. ,,Ist das ein Witz?'', fragte ich lachend. Mein Vater zog nur die Augenbrauen zusammen und schüttelte den Kopf. ,,Nein, Joana. Es ist kein Witz. Unsere Familie handelt mit Waffen und liefert diese an unsere Kunden. Damit machen wir viel Geld. Die Polizisten können nichts dagegen tun, weil wir einfach zu mächtig sind. Wir sind in der ganzen Stadt angesehen, jeder hat Angst vor uns und keiner traut sich, etwas gegen uns zu unternehmen. Dazu gibt es natürlich auch keinen Grund, wir sind stets freundlich zu Personen, die freundlich gegenüber uns sind'', erzählte er und das Grinsen verschwand. Er meinte es wirklich ernst. ,,Was hat Mama damit zu tun?'', fragte ich schließlich. Er schaute auf den Boden. ,,Es trauen sich vielleicht in Portugal keine Personen etwas gegen uns zu tun, jedoch haben verschiedene Länder ebenfalls Mafias. Nicht besonders große, jedoch gibt es eine, in Italien, mit der wir seit vielen Jahren zerstritten sind. Sie sind ebenfalls ziemlich groß, wie wir. Und sind unsere größten Feinde'', meinte er und schaute mir in die Augen. ,,Sie haben deine Mutter umgebracht, Joana.''
Sofort schossen mir Tränen in die Augen und ich stand schnell auf. ,,Wegen so einer scheiß Feindschaft musste meine Mama sterben?!'', schrie ich ihn an und blickte wütend auf meinen Vater runter. ,,Beruhige dich, Joana'', murmelte er und ich schüttelte schnell den Kopf. ,,Was spielst du für eine Rolle in dieser scheiß Mafia?'', fragte ich ihn laut. ,,Ich bin der Anführer, Joana'', sagte er. Ich weitete die Augen und schaute ihn an. Eine Träne lief meine Wange herunter. Ich wollte nicht vor meinem Vater weinen, aber dieses Mal war es mir egal. ,,Deine scheiß Mafia?'', flüsterte ich und rannte im nächsten Moment aus dem Haus. Ich hörte, wie mein Vater meinen Namen rief, doch ich blieb nicht stehen, ich rannte einfach weiter. Die Straße entlang und tief in den Wald hinein. Es dämmerte schon, deswegen war es im Wald schon etwas dunkel, durch die ganzen Schatten der Bäume und Büsche. Ich rannte weinend weiter, bis ich den See erreichte, an dem ich die Nacht mit Alessio verbracht hatte. Still setzte ich mich auf den flachen Felsen und brach dann endgültig zusammen.

-Alessio's Sicht-

Der nächste Morgen brach an, mein Kopf dröhnte und ich erinnerte mich nur schwach an die letzte Nacht. Ich war zusammen mit Luca und Jonas feiern. Als ich auf die andere Hälfte meines Bettes schaute, schlief dort seelenruhig ein Mädchen. Sie war mit dem Rücken zu mir gedreht. Alles was ich sah, waren ihr nackter Rücken und ihre langen dunklen Haare. Sie sah von hinten etwas aus wie Joana. Wie es ihr wohl ging? Ich habe sie eine Weile nicht gesehen.
Ich tippte dem Mädchen auf den Rücken und sie drehte sich langsam zu mir. Sie war echt hübsch. ,,Zieh dich an und geh. Bitte'', lächelte ich sie an. Sie zog die Augenbrauen zusammen, seuftzte und drehte sich anschließend wieder zurück, bevor sie aufstand, sich anzog und ohne etwas zu sagen das Zimmer und die Wohnung verließ. Wow, normalerweiße meckern die Weiber immer noch rum, wenn ich ihnen sage, dass sie verschwinden sollen. Sie war die erste, die gegangen ist, ohne mich Arschloch zu nennen. Vielleicht waren ja alle Mädchen in Portugal so? Ich könnte mich dran gewöhnen.
Nachdem ich mich schnell geduscht und die Jungs geweckt hatte, schaute ich aus dem Fenster auf das Haus von Joana und lief einige Sekunden später schon dorthin. Ich klingelte an der Tür, sie öffnete sich einige Minuten später. Joana's Vater machte die Tür auf, er hatte rote Augen und tiefe Augenringe. Sofort kam der Hass in mir auf, ich ballte meine Hände zu Fäusten. ,,Ist Joana da?'', brachte ich gerade noch so raus und er weitete die Augen. ,,Weißt du wo sie ist? Weißt du wo sie sein könnte, Junge? Bitte, du musst mir helfen!'', sagte er aufeinmal hektisch. Verwirrt schaute ich ihn an. ,,Was meinen sie?'', fragte ich ihn. ,,Sie ist gestern abend abgehauen und seitdem nicht mehr aufgetaucht, ich weiß nicht, wo sie ist. Ich hab sie schon überall gesucht, genau so meine Männer, aber wir finden sie nirgendwo!'', erklärte er schnell und ich spürte, wie mein Herz sich zusammenzog. ,,Sie war die ganze Nacht nicht zu Hause?'', fragte ich nochmal genau nach und er nickte aufgebracht. Schnell drehte ich mich um und rannte. Ich rannte tief in den Wald hinein. Ich machte mir totale Sorgen, sie hat die ganze Nacht alleine verbracht? Wieso ist sie denn nicht zu mir gekommen? All diese Fragen schwirrten in meinem Kopf rum, aber ich musste sie jetzt erstmal finden. Am See angekommen schaute ich mich schnell um und spürte, wie mir die Last von den Schultern fiel. Sie lag auf dem flachen Felsen, zusammengekauert. Schnell rannte ich zu ihr rüber und zog sie hoch. Ohne jegliche Worte zog ich sie fest in meine Arme, keine Minute später weinte sie laut los. Sanft streichelte ich ihr über den Rücken und wartete bis sie sich etwas beruhigt hatte. Langsam löste ich mich von ihr und nahm ihr wunderschönes Gesicht in meine Hände. ,,Kleine, was machst du nur für Sachen?'', fragte ich leise und eine weitere Träne lief ihr die Wange herunter, die ich sofort mit meinem Daumen wegwischte. ,,Alessio..'', flüsterte sie und ich gab ihr einen langen Kuss auf die Stirn. ,,Ich hab mir solche Sorgen um dich gemacht'', gestand ich und nahm sie wieder kräftig in den Arm. ,,Willst du mir erzählen, was passiert ist?'', fragte ich sie und spürte, wie sie den Kopf schüttelte. ,,Ich muss dich nach Hause bringen, dein Vater macht sich schreckliche Sorgen um dich.'' ,,Ich möchte nicht nach Hause, Alessio'', sagte sie und sah mich traurig an. ,,Ok, meine Schöne, dann gehen wir zu mir und ich sage deinem Vater bescheid, du musst aber ins Warme, du bist total kalt'', erklärte ich und sie nickte.
Bei mir angekommen schloss ich die Tür auf und betrat die Wohnung, Joana zog ich an meiner Hand hinter mir her. ,,Alessio? Wo bist du vorhin so schnell hingerannt?'', hörte ich Jonas aus dem Wohnzimmer rufen und betrat es mit Joana zusammen. Als beide sie sahen weiteten sich ihre Augen. Joana sah fertig aus, ihre Haare waren zersaust, ihre Klamotten waren verdreckt. ,,Möchtest du dich hinlegen?'', fragte ich Joana leise und sie nickte. Ich führte sie in mein Schlafzimmer und betrat vorher mit ihr mein Bad. ,,Dusch dich jetzt am besten, ich bringe dir etwas zum Anziehen'', meinte ich und verließ das Bad. Sie duschte sich, ich hatte ihr Klamotten von mir, eine Short und ein Shirt auf das Bett gelegt. Als ich zurück ins Zimmer lief, trug sie nur mein T-Shirt und lag in meinem Bett. Ich deckte sie zu und drückte ihr noch einen Kuss auf die Stirn. ,,Ruh dich gut aus, Kleine'', murmelte ich. Sie sah mir taurig in die Augen. ,,Danke, Alessio'', flüsterte sie schwach und ich nickte mit einem kleinen Lächeln. Ihre Augen fielen zu, einige Sekunden später hörte man schon ihr regelmäßiges Atmen. Zurück im Wohnzimmer sahen mich die Jungs erwartungsvoll an. ,,Das war..Joana'', murmelte ich. ,,Ich muss kurz zu ihrem Vater, in der Zwischenzeit wäre es echt nett, wenn ihr sie am Leben lasst'', flüsterte ich aus Angst, Joana könnte was davon hören. Beide nickten und ich lief rüber. Nach kurzem warten, öffnete ihr Vater mir wieder die Tür. ,,Ich habe sie gefunden.'' ,,Was? Wo ist sie?'', rief er und wollte sofort aus dem Haus rennen. Ich hielt ihn an seinem Arm fest und er blieb stehen. Erst schaute er auf meine Hand, dann in mein Gesicht. Er sah verärgert aus, das amüsierte mich irgendwie. ,,Joana möchte sie momentan nicht sehen, deswegen habe ich sie zuerst zu mir gebracht. Sie schläft gerade. Ich wohne gleich hier, wenn sie aufsteht, werde ich sie dazu überreden wieder nach Hause zu kommen'', erklärte ich so kurz wie möglich und ließ ihn los. Traurig schaute er auf den Boden und dann auf mich. Er legte seine Hand auf meine Schulter. ,,Danke, mein Sohn.'' Ich wusste, dass man das nur so sagte, zu netten jungen Männern, wie ich, trotzdem machte es mich wütend, dass er mich seinen Sohn genannt hatte. Schnell drehte ich mich um, bevor er sehen konnte, wie wütend ich war und lief nach Hause.
Ohne ein Wort mit Luca und Jonas zu sprechen, ging ich ins Schlafzimmer und setzte mich an die Bettkante zu Joana. Sie schlief ruhig. Ich streichelte über ihren Kopf und beobachtete, wie sie schlief.

Mission IncompleteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt