Wer soll mich noch retten, wenn ichs nicht bin ?

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PoV Tim

In mir machte sich ein schlechtes Gewissen breit, noch mehr, als die letzten Tage. In meiner Hand hielt ich den Verlobungsring von Cata. Die Gravur würde wohl niemand verstehen, ohne dass man es erklären würde. Es waren Koordinaten. Die Koordinaten, des Ortes, an dem wir zusammen gekommen waren. Damals waren wir auf einer Klassenfahrt, verbrachten beinahe jede Minute miteinander und hatten uns an einem Abend entschlossen, noch spazieren zu gehen und da hatte ich ihr gesagt, was ich für sie empfand. 53° 52' 10" N - 10° 41' 11" O war in kleinen, geschwungenen Zeichen in den Ring graviert. Cata hatte sofort verstanden, was das für Zahlen sein sollten. Als ich hörte, wie der Schlüssel im Türschloss rumgedreht wurde, zuckte ich zusammen und legte den Ring eilig zurück in die Schachtel. Hektisch sah ich mich um, normalerweise bewahrte ich die Schachtel in einer Schublade im Flur auf, doch da könnte ich nun unmöglich hin, schließlich würde Stegi gerade im Flur stehen. Unüberlegt schob ich die Schachtel unter das Kopfkissen, beschloss, sie nachher wieder an den gewohnten Platz zu legen, noch bevor es meinem Freund auffallen würde, dass etwas unter dem Kissen lag.

„Tim?" tönte es laut aus dem Flur. Ich sprang auf, schenkte Stegi ein Lächeln sobald ich das Schlafzimmer verlassen hatte. Mit einem „wie war die Uni?" versuchte ich mich selbst von meinen noch eben gedachten Dingen abzulenken. Stegi begann augenblicklich zu erzählen, wie ihn die Uni nervte, dass er kein Bock mehr hatte, doch ich konnte ihm kaum folgen. Immer wieder schweiften meine Gedanken ab. „Tim, antwortest du mir vielleicht noch?" riss Stegi mich wieder in die Realität. „Sorry, was hast du gesagt?" – „ich hab gefragt, was du die ganze Zeit gemacht hast." – „gelesen, sonst nichts." Entgegnete ich so leise wie möglich, in der Hoffnung, er könnte es vielleicht überhören. Sein Seufzen verriet mir allerdings, dass er mich sehr wohl verstanden hatte. „Mach dir bitte keine Gedanken, ich komm damit klar, ich wills einfach nur wissen, warum, mehr nicht." Wisperte ich beruhigend und gab meinem Freund anschließend einen kurzen Kuss auf die Stirn. „Ich mach mir aber Gedanken und das weißt du auch." – „ist aber wirklich nicht nötig." Ich war mir nicht sicher, ob ich nicht gerade log.

Auch wenn ich ein schlechtes Gewissen dabei hatte, fieberte ich mittlerweile nur noch darauf hin, dass Stegi die Wohnung verließ, damit ich in Ruhe lesen konnte. Ich ertrug seine Anwesenheit kaum. Ich dachte mittlerweile schon darüber nach, für einige Zeit zu meinen Eltern zu fahren, nur, damit ich meine Ruhe hatte, doch ich wusste, dass ich Stegi damit verletzen würde. Ich wollte ihm nicht noch mehr weh tun, zu viel machte er in letzter Zeit wegen mir mit.

Einige Zeit später lagen Stegi und ich zusammen auf dem Sofa, mein Freund folgte dem Film, der seit ein paar Minuten über den Bildschirm flackerte, während ich versuchte zumindest meine Gedanken im Zaum zu halten. Wenn Stegi zu lachen anfing, verzog ich eher notgedrungen ebenfalls die Mundwinkel zu einem Lächeln, um zumindest den Eindruck zu erwecken, ich würde dem Film folgen. „Ich komm gleich wieder." Murmelte ich leise und stand vorsichtig auf. So unauffällig wie möglich verfrachtete ich die Schachtel mit Catas Verlobungsring wieder in die Schublade der kleinen Kommode, die im Flur stand. In diese Schublade sah Stegi nie, darin lagen ohnehin nur diverse Dokumente, die ausschließlich mich betrafen.





Die Zeit schien wahnsinnig schnell zu vergehen. Stegi war übers Wochenende zu Chrissy gefahren und so hatte ich beinahe endlos Zeit, so schien mir, um das Tagebuch zu lesen. Mittlerweile war ich bei Tag 172 vor ihrem Tod. Dieser Tag war ein Freitag gewesen.

Morgen ist Annikas Geburtstag. Eigentlich hab ich überhaupt keinen Bock, aber ich muss dahin. Tim wird nicht kommen, er kann Annika eben immer noch nicht leiden. Aber er hat gesagt, wenn es nicht so spät wird, holt er mich ab. Allzu spät kann er nicht, er hat morgen ein Spiel. Basketball neeeeeervt. Warum kauft er sich keinen Hund, der würde weniger Aufmerksamkeit kosten als dieser blöde Ball.

Ich schmunzelte. Ich wusste, dass Cata oft genervt vom Basketball war, weil es eben doch ein Zeitfresser, so deutlich hatte sie es mir jedoch nie gesagt.

Hoffentlich kommt Jannick nicht, der geht mir schon die ganze Zeit auf die Nerven. Ich weiß, sowas sollte man über seine Freunde nicht sagen, schreiben oder denken, aber es stimmt. Den ganzen Tag hält er mir Vorträge, ich bin alt genug, ich kann meine Entscheidungen alleine treffen.

Wie oft hatte sie sich über Jannick aufgeregt, obwohl ich ihm sehr dankbar war. Wenn ich nicht da war, achtete er auf sie, brachte sie oft abends nach Hause. Egal, wie gut Jannick es meinte, Cata war immer genervter von ihm, auch wenn ich so oft versucht hatte, sie davon zu überzeugen, dass sie ihm ebenso dankbar sein sollte, es brachte nichts.

Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass die nächsten Zeilen, die ich lesen würde, alles für mich ändern würden. Hätte ich gewusst, was ich als nächstes lesen würde, hätte ich es nicht getan, wenn Stegi noch einige Tage weg sein würde. Ich hätte gewartet, bis er wieder zuhause ist, bis er bei mir ist, mich in den Arm nehmen kann. Ich hätte gewartet.



Heute mal etwas kürzer. Beim nächsten Kapitel könnte es wieder etwas länger dauern, bis ich was hochlade, weil ich die Teile aus dem Tagebuch sehr, sehr viel genauer ausarbeiten möchte und mir das ziemlich viel abverlangt, weil ich sowas nie geschrieben habe.

Des Weiteren habe ich das Gefühl, dass die FF nicht (mehr?) so besonders gut ankommt, Kommentare sind irgendwie relativ wenig, was nicht heißen soll, dass ich nicht über die dankbar bin, die ich bekomme. Ich kann nicht einschätzen, wie jetzt so der Stand ist, ob die Geschichte gefällt oder eben nicht.
Ich muss ehrlich sagen, dass ich die letzten Kapitel selbst nicht toll fand und es deshalb nicht schlimm finde, wenn mir das auch gesagt wird. Das letzte, was ich hochgeladen habe, ist das erste mit dem ich wieder einigermaßen zufrieden bin.
Also Rückmeldung wäre schön, wenn nicht, ist auch gut.

Was machst du nur mit mir PART 2 | Stexpert FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt