PoV Tim
Alles in mir zog sich zusammen, als ich die nächsten Sätze las. Mir wurde schlecht, mein Magen schien sich umzudrehen.
Tim hat mich nicht abgeholt. Ich bin alleine nach Hause gegangen, obwohl Jannick mich begleiten wollte, bin ich einfach los gegangen, als er es nicht mitbekommen hat. Ich bin durch die Stadt gegangen.
Auf dem Papier war ein einigen Stellen die Tinte verschmiert, fast so, als hätte sie geweint, als sie die Zeilen geschrieben hatte.
Wo viele Menschen sind, ist es sicher. Das dachte ich zumindest. Offenbar bist du nirgendwo sicher, ganz egal, wie viele Menschen in deiner Umgebung sind. Er lief dicht hinter mir, als ich ihn bemerkte. Ich bin etwas schneller gegangen, mehrmals abgebogen, hab gehofft, dass er irgendwann weg sein würde. Egal, wo ich lang gegangen bin, er ist hinter mir her gegangen. Warum hab ich Tim nicht angerufen? Er wär doch nicht böse gewesen, auch wenn ich ihn geweckt hätte. Ich bekomm schon Gänsehaut, wenn ich nur daran denke, wie er nach mir gerufen hat. „Ey, Süße, bleib stehen!" hat er gerufen. Ich bin weiter gelaufen, bis er mich am Handgelenk festgehalten hat. „Ich hab gesagt, du sollst stehen bleiben."
Ich hatte Angst, ich hab immer noch Angst. „ein falsches Wort und ich mach dich fertig." In meinem Kopf hallen die Worte immer noch nach. Ich hab versucht, mich los zu reißen, ich war zu schwach. Als er mich in einen dunklen Hinterhof gezogen hat, wusste ich, was passiert. Obwohl ich es vorher schon geahnt hab, aber jetzt wusste ich es.
Ich sprang auf, warf das Buch zur Seite und lief schnellstmöglich ins Badezimmer. Vielleicht war es doch gut, dass Stegi nicht da war. Spätestens jetzt, als ich mich übergeben hatte, hätte ich ihm erklären müssen, was los war.
Er hatte mich alleine gelassen. Auf dem Boden liegen gelassen, wertlos, wie Müll entsorgt. Ich fühle mich immer noch so eklig. Ich hab versucht, nicht zu weinen, aber es geht nicht. Vergewaltigung, das war immer nur so ein Wort, nie wirklich nah, aber jetzt? Meinen Eltern hab ich gesagt, dass ich krank bin und schlafen gehe, Doch ich kann nicht schlafen. Ich schäme mich so. Ich hab mich nicht genug gewehrt, ich hätte nicht alleine nach Hause gehen dürfen. Ich kann mit niemandem reden. Wer würde mir das glauben? Am Ende würden alle sagen, dass ich selber schuld habe, weil ich alleine gegangen. Vielleicht hab ich ihn provoziert, weil ich nicht stehen geblieben bin. Vielleicht hab ich nicht deutlich genug gesagt, dass ich das nicht will. Vielleicht hab ich mich nicht genug gewehrt. Ich hab Tim betrogen, auch wenn ich das gar nicht wollte. Ich kann nicht mit ihm reden, er wird mich hassen.
Niemals hätte ich sie dafür gehasst. Ihn ja, aber niemals sie. Ich verfluchte mich lautstark dafür, dass ich sie damals nicht abgeholt hatte. Ihn hasste ich und mich hasste ich fast noch mehr, weil ich sie alleine gelassen hatte. Ich hatte sie im Stich gelassen. Ich war nicht für Sie da, ich hatte nicht mal bemerkt, dass sie mich angelogen hatte, als sie meinte, sie wäre krank. Es sei ansteckend, deshalb sollte ich nicht vorbei kommen. Ich wusste nicht einmal, wer ihr das angetan hatte, wusste nicht, ob ich ihm nicht noch zig mal über den Weg gelaufen bin, er mir vielleicht freundlich zugelächelt hatte. Die Gänsehaut, die sich über meinem ganzen Körper ausgebreitet hatte, schien gar nicht mehr zu verschwinden. Ich wusste nicht, ob ich weiter lesen wollte, ob ich weiter lesen konnte. Ich wusste nicht, ob ich Stegi vielleicht anrufen sollte. Ich wusste nicht, ob ich alleine damit klar kommen würde. Ich ekelte mich vor mir selbst, weil ich es nicht bemerkt hatte. Ich hatte nicht bemerkt, wie schlecht es Cata ging. Ich hätte es merken müssen. Das Klingeln an der Tür riss mich aus meinen Gedanken und meinen Selbstvorwürfen. Langsam stand ich auf und ging zur Tür, wartete anschließend, wer die Treppe hochkommen würde. „Oh, ne.." stöhnte ich genervt und war schon in Begriff die Tür wieder zu schließen, doch Fabi hatte seinen Fuß dazwischen gestellt. „Ist Stegi da? Er antwortet seit Tagen nicht auf meine Nachrichten, geht auch nicht ran, wenn ich anrufe." Begann er, ohne auch nur einen Gedanken an eine Begrüßung zu verschwenden. „Frag dich mal, wieso er dir nicht antwortet." Gab ich schnippisch zurück und warf ihm einen mahnenden Blick zu. „Ist er jetzt da oder nicht?" – „nein, er ist nicht da, lass ihn halt in Ruhe, wenn er kein Bock hat dir zu antworten." – „ich glaub nicht, dass das deine Entscheidung ist." – „man, geh mir doch nicht aufn Geist, er ist nicht da, fertig, du kannst jetzt wieder gehen." Zu meiner Erleichterung verschwand er wirklich wieder. Kaum war Fabi weg, kam allerdings ein ungutes Gefühl in mir auf. Ich hatte mich nicht bei Stegi gemeldet, seit er weg gefahren war, ich wusste nicht, ob nicht vielleicht doch was passiert war. Ich war mir jedoch auch nicht sicher, ob ich mich gerade bei ihm melden wollte, weil ich nicht wusste, ob ich die Fassade, die ich mir für die nächste Zeit anschaffen müsste, schon jetzt aufrecht erhalten könnte.
Habs doch schon fertig geschriebeeeen.
Ich danke euch ganz, ganz doll für die ganzen lieben Kommentare, ich werd auch noch direkt antworten, hab aber gedacht, ihr freut euch wahrscheinlich eher über n Kapitel, als über eine Antwort.Zum Kapitel, ich hab bewusst die, wie sagt man das, prekären? Stellen ausgelassen, könnt euch wohl denken, warum.
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Was machst du nur mit mir PART 2 | Stexpert FF
FanfictionDas hier ist also die Fortsetzung zu 'was machst du nur mit mir?' Ich denke, für das Verständnis ist es auf jeden Fall hilfreich den ersten Teil zu lesen. Rest der Beschreibung wird noch ergänzt (: